Einer der ersten Mauermorde
(Bild: Wiki.)
Dem Musikfreund Hegel verdanken wir die folgende Einsicht:
" Die Musik z. B., welche es sich nur mit der ganz unbestimmten Bewegung
des geistigen Innern, mit dem Tönen gleichsam der gedankenlosen Empfindung zu
thun macht, hat wenigen oder keinen geistigen Stoff im Bewußtsein von Nöthen.
Das musikalische Talent kündigt sich darum auch am meisten in sehr früher
Jugend, bei noch leerem Kopfe und noch wenig bewegtem Gemüthe an; ... wie wir
denn auch oft genug eine sehr große Virtuosität in musikalischer Composition
und Vortrage neben bedeutender Dürftigkeit des Geistes und Charakters bestehen
sehen.-" Hegel, Aesthetik I, S. 54 (Hotho)
Mit dem Geist beschäftigt sich Hegel logischerweise in einem
anderen Buch, in seiner „Phänomenologie des Geistes“.
Ob Eisler die Hegel’sche Ästhetik kannte? Als Marxist wie
seine Geschwister war er ja auch Hegelianer, wenn auch umgedreht. Eisler starb
am 6. September 1962, in der sowjetisch besetzten Zone, die 1961 von den "rotlackierten Nazis" (Kurt Schumacher) eingemauert
wurde.
Eisler zog es früh zur Politik, zum Marxismus, wie seine Geschwister,
allesamt Kinder eines Philosophen.
Musik macht nicht klug, klüger kann aber die Lebenserfahrung
machen. Ob Eislers "Ernste(n) Gesänge(n)" von 1961/2 ihren Anstoß in
der Einmauerung der SBZ und dem ersten Mauermord an Dieter Wohlfahrt im
November 1961 bekam? Gut möglich, doch hielt sich Eisler mit jeder Kritik
zurück. Er war zwar von Stalinisten bereits angegriffen worden (Abusch), doch
ging es ihm nicht schlecht: er besaß Haus und Garten, wurde gespielt und konnte
reisen. Für das Denken war er als Musiker ja, so Hegel, nicht direkt zuständig.
Trotzdem kam in seinem letzten Werk die Forderung vor, der Mensch müsse endlich
angstfrei leben können. Das war bereits seit Jahren und von Anfang an in der
Bundesrepublik Deutschland verwirklicht, als in der SBZ noch die Stasi nach
Belieben folterte und Peter Fechter am 17. August 1962 durch die
Ulbricht-Schergen von der Mauer heruntergeschossen wurde. Der allzeit geschwätzige
Eisler hat zu diesem besonders grausamen Verbrechen öffentlich nichts verlauten
lassen. Er wurde im September 1962
unweit Hegels Grab in Ostberlin beerdigt. Das hat Hegel nicht verdient.