Samstag, 5. Juli 2014

Elvis Presley - Jailhouse Rock (Music Video) /// WD: Um einen komplexen Apparat wie den menschlichen Körper am Informationsabbau, am Rückbau zu hindern, muß man täglich eine Menge Energie zuführen. Der Abbau in einen energetisch günstigeren Zustand wird allgemein als unangenehm betrachtet. Der Friedhof erscheint nicht als Glücksort. Auch im kulturellen Bereich verhält es sich grundsätzlich nicht anders. Der Briefträger spart gerne die Energie, die Briefkastenklappe zu schließen. Es gibt auch immer wieder Briefträger, die die Post oder einen Teil davon gar nicht erst austragen, sondern verbrennen; da ist der Informationsabbau, der mit der Rückkehr zu einfacheren Mustern verbunden ist, besonders augenfällig. William Golding hat diesen Prozeß des Zivilisationsabbaus bei einer verwildernden Schulklasse dargestellt. Wie verhält sich das beim Rock’n Roll? Die Rückkehr zu einfachem Tonmaterial bei gesteigerter Rhythmik und Dynamik fällt ins Auge. Das ist musikalische Regression. Aber warum ist uns dabei gleich “kannibalisch wohl als wie 500 Säuen”, wie Goethe es im Faust auszudrücken beliebte. Macht Regression sauwohl? Führt sogar durch rhythmische Zuckungen zu einem Mehrverbrauch an Energie? Wo doch Rückbau Energie einspart? Seltsam. Es muß mit den verschiedenen Logiken von Vitalität und Zivilisation zu tun haben. Zivilisation beruht - je entwickelter, je mehr - auf der Fähigkeit zum Bedürfnisaufschub. Wer etwa eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, muß viele Jahre Verzicht leisten und Leistung erbringen zugunsten der Belohnung mit einem Lehrstuhl, die vielleicht nie erfolgt. Die Logik der Vitalität dagegen, des Körpers, verlangt Befriedigung hier und jetzt. Beide Logiken auszusteuern, fällt schwer. Als die STONES vor 50 Jahren zum ersten Mal in Berlin spielten, regte das die jungen Männer so an, daß sie Bühne und Stühle mit Lust kurz und klein schlugen. Heute wird bei den Rockern lieber geschossen, einige regressiv-salafitisch Gläubige gehen auch nach Syrien zum Schießen. Und schießen auch hinterher im jüdischen Museum in Brüssel auf Besucher. Da winkt dann das Jailhouse als Ort extremen Bedürfnisaufschubs.