Dienstag, 7. Februar 2012
Eigenartig
Lechts und rinks kann man nicht nur leicht verwechseln - sie leben auch voneinander.
Die einen finden das eigene "Volk" prima - die anderen finden es zum Kotzen. Beide glauben an eine Art Volkstum, an einen Nationalcharakter. Wer sagt ihnen, daß es das VOLK gar nicht gibt? Es gibt zwar die staatsrechtliche Unterscheidung von STAATSVOLK und Regierung, aber ob es sich bei diesem STAATSVOLK um Hühner handelt oder Ostfriesen, spielt, staatsrechtlich, keine besondere Rolle.
VOLK füllt im Grimm’schen Wörterbuch viele Seiten, im Gotischen fehlt er. Er wird zunächst ähnlich wie das heutige ‘Gruppe’ gebraucht, und lädt sich dann national auf wie bei Rückert:
“denn Deutschlands völkerstamm
war groß von anbeginne’ (Grimm Bd. 26, Sp. 513)
Ein Stamm? Kimbern, Friesen, Sugambrier, Ubier, Amsivarier, Chauken, Cherusker, Chatten, Bataver, Alemannen, Sueben, Baiuwaren und Limiganten bekriegten und vertrieben sich gegenseitig und schlugen sich mit den Römern herum; sie zogen von der Küste nach Süden und von Osten drängten Hunnen und Awaren heran, allüberall ihr Erbgut verteilend. „Deutschlands Völkerstamm“ begann also vielfältig als Völkerwandergemisch, wuchs lange nicht zusammen und besteht heute aus den Österreichern, Deutschen und Schweizerdeutschen.
In Deutschland trennt auch heute noch viel die faulen, aber gemütlichen Friesen von den fleißigen und etwas steifen Schwaben, etwas reduziert formuliert, und auch das protestantische Franken ist anders als Oberbayern.
Daß die Bayern am stärksten ihre Eigenart bewahrt haben, bildet heute einen Teil ihrer Attraktivität für ausländische Touristen und Investoren.
Einen deutschen Nationalcharakter wird man bei dieser heterogenen Geschichte schwerlich finden, doch hat der Wettbewerb zwischen den deutschen Kulturen einiges bewirkt. Der Wettbewerb wiederum besitzt nur über die Kultur eine spezifische Eigenart.
Bei den calvinistischen Einwanderern in Preussen war weniger das Französische produktiv als ihre wirtschaftliche und wissenschaftliche Führungskraft. Und noch nach 1945 waren es weniger die ostpreussische oder schlesische Eigenart der von Stalin und seinen Helfern Vertriebenen, als der unbedingte protestantische Fleiß und Aufbauwille, der ganz wesentlich den neuen deutschen Wohlstand aus Ruinen schuf, während das katholische Bayern lange noch arm blieb.
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