Samstag, 30. November 2013

Mal ‘ne Frage





Wer macht die Politik - die Galionsfiguren oder die Spin-Doktoren im Ministerium? Oder beide?








"Es ist durchaus wahr und eine ... Grundtatsache aller Geschichte, daß das schließliche Resultat politischen Handelns oft: nein, geradezu regelmäßig, in völlig unadäquatem, oft in geradezu paradoxem Verhältnis zu seinem ursprünglichen Sinn steht."
(Max Weber, 'Politik als Beruf', Reclamausg. S. 64f. )



Ganz in diesem Sinne benannte der australische Historiker Christopher Clark seine Monographie zur Entstehung des ersten Weltkriegs “Die Schlafwandler”.
Auf der interdisziplinären Tagung “Inhalte und Grenzen der Planbarkeit”
führte der Kölner Politologe Thomas Jäger als Hauptmotiv der Außenpolitik der Staaten an, ihre Umwelt gestalten zu wollen. So strebten die EU-Mitglieder an, die EU zu formieren und zu einem globalen Akteur gegenüber den USA zu promovieren. In der Überführung von Plänen in außenpolitisches Handeln träten jedoch immer unvorhergesehene Ereignisse und Gegenspieler auf, und dies habe der ehemalige britische Außen- und Premierminister Macmillan, befragt, was die Pläne der Politiker stets an der Ausführung hinderten, auf die lakonische Kürzestformel gebracht: Ereignisse.

Ja, die unvorhergesehenen Ereignisse, und das sind die meisten, sind sehr ärgerlich und planungsresistent. In seiner Einleitung der Tagung hatte Peter Lynen schon in dieser Hinsicht Brecht zitiert:
„Ja, mach nur einen Plan, und sei ein großes Licht,
Und mach noch einen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“
Jurist Lynen ficht das aber nicht an, er empfiehlt, noch den Plan C und D zu erarbeiten. Dann müsse es doch klappen.
Mir scheint, dies qualifiziert Lynen für den Stabs- und Ministeriumsdienst. Dort sitzen die Freunde der Pläne. Die Spin-Doktoren, die Strategien und Szenarien erfinden und formulieren. Der Rhein ein Fluß? Nur nebenbei. Tatsächlich sei der Rhein die natürliche Grenze Frankreichs. Diese Rhein-Strategie leitete die französische Außenpolitik von etwa 1650 bis 1950. Dann kommt in der französischen Revolution der Nationalismus auf, und die Spin-Doktoren sind entsprechend tätig, bis man dann den Imperialismus prima findet. Das Empire sei eine Leib- und Magenfrage, befand Cecil Rhodes. Von einzelnen Ideengebern ausgehend, die meist in der philosophischen Fakultät sitzen, verbreiten sich gängige Ideen und ihre Pläne über die Hochschulen und die Medien in Gesellschaft und Politik. Und werden systematisch in den Ministerien bearbeitet.
Wer aber sitzt in den Ministerien? Akademisch gebildete Gedankenmenschen, die die Nähe zur Macht anzieht - Prototyp Carl Schmitt - die nach Gefolgschafts- und Verhaltensregeln im großen Beamtenapparat aufsteigen und dort nach vorgefundener Logik ihre Ideenarbeit verrichten. Nun stehen Beamte in Rivalität zu Kollegen nach der Logik: bevor der Kollege an mir vorbeizieht, muß ich an ihm vorbeiziehen - ohne daß aber eindeutige Erfolgskriterien zur Bewertung ihres Tuns vorhanden wären, wie dies Umsatz- und Gewinnzahlen sind oder aber Produkte, Entdeckungen und Erfindungen. Hier entscheidet dann die Gunst der Vorgesetzten und des Behördenchefs, weswegen Ministerialbeamte stets über eine gewisse Windschnittigkeit verfügen. Füttert man den Chef mit Argumenten, die seine Vorlieben und Ziele untermauern, können sich schnell Bestätigungs- und Verstärkungsschleifen bilden, die eine Pfadabhängigkeit betonieren - die sog. “Alternativlosigkeit”. Dazu tritt Herdentrieb und universitäres Nachplappertum, und schon wird es sehr schwer, eine wohlbegründete, aber falsche Strategie zu ändern, auch wenn schon zahlreiche Fehlerhinweise vorliegen. Oft kommen die Lemminge erst wieder zu Alternativen, wenn der kühle Luftzug des Absturzes anregt.

Im Rückblick auf die Geschichte kann man dann grundsätzlich fragen, ob Beamtenapparate der beste Platz für die Planung von Außenpolitik sind.   
Dies auch im Hinblick auf den neuen Konflikt um die Felsen im Ostchinesischen Meer.

Freitag, 29. November 2013

Dörfliches




Erntedank kann man auch als Karneval feiern, und früher, als der Kalender eigentlich erlaubt - hier marschieren Biene-Maja-Freundinnen in Witzhelden (Nähe Leverkusen).

Donnerstag, 28. November 2013

Da staunt man Bauklötze







Die Leipziger Firma bot allerhand an für die Kinderbelehrung - auch, man staune, Bauklötze für Mädchen. 1902 auf dem Katalogumschlag prominent beworben!  

Lehren die Feministinnen nicht, daß das Desinteresse von Mädchen an Häuslebauerei, wie man es bei den meisten Töchtern trotz Angebot technischen Spielzeugs erleben mußte, eben durch die Erziehung zustandekomme? Und dann stößt man auf eine Abbildung, die belegt, daß es schon unerwartet früh ein alternatives Angebot gab.

Dienstag, 26. November 2013

Doppelt gefällt



Strammer Nachtfrost von -4°C-
typisch für die Klima-Erwärmung.

Frostig wurde es auch für den Rotbubi Machnig, weil Thüringen 150.000 Euro Doppelzahlungen zurückfordert und die Staatsanwaltschaft Erfurt Ermittlungen einleitete. Die braven SPD-Mitglieder finden solche Summen auch nicht vertrauenserwecken. Da tritt er halt als Wirtschaftsminister zurück und wird EU-Wahlkampfleiter bei einem anderen Rotbubi, dem EU-Schulz. Hat der ihm einen hübsch dotierten EU-Posten in Aussicht gestellt?

Sonntag, 24. November 2013

Die meisten Dinge haben mehrere Seiten











„12. Offene Grenzen machen uns alle freier. Wer seine Koffer packt, um woanders Arbeit und ein besseres Leben zu finden, zeigt Initiative und Mut. Wir können von der Dynamik der Einwanderung nur profitieren.
In einer freien Welt sollte jeder das Recht haben, zu leben und zu arbeiten, wo er möchte. Viel zu häufig wird über Einwanderung als Last gesprochen. Während wir akzeptieren, dass die Öffnung der Grenzen für Waren unseren Wohlstand erhöht hat, stehen viele der Einwanderung skeptisch gegenüber. Dabei kommen hier die gleichen Mechanismen zum Tragen: Menschen gehen dorthin, wo sie Arbeit finden können und ihre Dienste gebraucht werden. Einwanderungswellen gehen häufig mit großen Wachstums- und Wohlstandsimpulsen einher. Wir sollten Einwanderung daher als etwas Positives begreifen, anstatt angstgesteuerte Debatten über ihre Begrenzung zu führen.“ (Freiheitsmanifest, Novo-Argumente)

Im Kölner Raum und anderswo operieren Einbrecherbanden, die teilweise punktuell einreisen über die offenen Ostgrenzen, teilweise aber auch in Deutschland leben. Bei mindestens einem mir bekannten Einbruch wurde schwere Gewalt angewendet.
In Straßburg brennen am Jahresende jedes Jahr Autos.
In Berlin versagen Verwaltung, Polizei und Justiz gegenüber importierter Gewaltkriminalität, Näheres in den Büchern des Neuköllner Bürgermeisters Buschkowsky (SPD) und der Jugendrichterin Kirsten Heisig, die möglicherweise einem Racheakt zum Opfer gefallen sein könnte. (s. http://www.kirsten-heisig.info/ )
Ein südfranzösischer Bürgermeister beklagte sich unlängst bei seinem Präsidenten und Parteifreund Hollande, daß die nordafrikanische Zuwanderung ein Problem sei. Er habe beispielsweise vor dem Rathaus eine algerische Mitarbeiterin getroffen in Begleitung einer verschleierten Frau. Als er auch diese per Handschlag begrüßen wollte, habe sie dies verweigert mit Hinweis auf ihre Religion. Diese Zuwanderung passe nicht nach Frankreich (Darstellung im DLF).
Sie paßt nicht nur nicht nach Frankreich. Den Punkt 12 des sog. Freiheitsmanifestes (Novo-Argumente) kann man wohl nur als völlig unsinnig bezeichnen.
Einwanderung sollte so gehandhabt werden wie in Kanada, den USA, Australien oder der Schweiz.



5. Dez. 2010, Transatlantic Forum
Berliner Taxifahrt, von Heinz Eggert

Der ehemalige CDU-Staatsminister des Innern von Sachsen kleidete seine Einschätzung des Todesfalls Kirsten Heisig in eine Geschichte:
"[ ... ] In der letzten Woche fuhr mich ein sympathischer älterer Deutsch-Iraker, der schon 19 Jahre in Berlin wohnt. Neben ihm lag aufgeschlagen das Buch der Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig, die sich mit der Kriminalität jugendlicher Migranten in Berlin auseinandersetzte und sich vor Monaten selbst das Leben genommen haben soll. Diese These glaubte mein Fahrer nicht. Er und seine Familie seien der Meinung, dass diese engagierte Frau umgebracht worden sei.
Um diese These zu untermauern, erzählte er mir, dass er vor Monaten von zwei Jugendlichen überfallen worden sei ... er wisse ganz genau wer sie wären... [Mitglieder einer arabischen Grossfamilie] die an jedem Rache nahm, der eine Straftat zur Anzeige brachte. Der Taxifahrer hatte lange darüber nachgedacht und sich mit seiner Frau und den älteren Söhnen besprochen. Sie rieten ihm dringend von einer Anzeige ab, damit er sich und sie nicht in Gefahr brächte.
Man merkte es diesem stolzen Mann sehr an, wie schwer für ihn die Entscheidung war. Immerhin war er sehr froh, dass er und seine Familie - nach der Flucht aus dem Irak - jetzt in einem Rechtsstaat leben durften.... Er hatte auch mit einem Richter, der der bei ihm oft Fahrgast ist, darüber gesprochen. Als Richter hatte er ihm geraten, die Täter anzuzeigen, um ihm im gleichen Atemzug wieder davon abzuraten, weil er die Reaktionen darauf und die Folgen solcher Anzeigen kannte.
So wurde langsam die Frage des Taxifahrers zu meiner eigenen. Wenn in einem Rechtsstaat Recht bleiben soll, dann darf man doch nicht hinnehmen, dass andere einschüchternde Angstbarrieren errichten, die geltendes Recht blockieren. Oder?"

(www.kirsten-heisig.info/ )

Samstag, 23. November 2013

Stimme aus Südamerika







Naturlandschaft?

Nein, Kulturlandschaft. Der Wald, der hier stand, wurde schon vor 300 Jahren gerodet.


Nachdem die Europäer ihre Länder weitgehend gerodet haben, gibt es manche Europäer, die anderswo jeden Baum erhalten wollen.
Dazu ein interessanter Brief aus Südamerika, verfaßt von einem studierten und promovierten Landwirt:

„ ... die Vorfahren der Berufs-Ankläger aus Europa haben den eigenen Kontinent schon vor Jahrhunderten abgeholzt, dieser blieb aber trotzdem wohnlich, weist immer noch eine hohe Biodiversität auf und die Bevölkerung lebt in Wohlstand. Das Wirtschaften auf den abgeholzten Flächen hat in Europa sogar entscheidend zum Wohlstand beigetragen.
Wir in Südamerika unterliegen starken Nutzungseinschränkungen auf dem eigenen, teuer gekauften Land. Hier im Chaco darf jeder Landeigentümer nur die Hälfte seines Landes nutzen. Der Rest muss in Form von Naturreserven, Buschkorridoren und -inseln im Naturzustand erhalten bleiben. Auf meinem Betrieb hat die natürliche Biodiversität zugenommen und nicht abgenommen durch die Landentwicklung (vor allem auch wegen des sicheren Wasserangebots für Wildtiere). Der Chaco wird, wenn er erst einmal vollständig entwickelt sein wird, noch 50% Naturvergetation aufweisen. 10% der Fläche ist jetzt schon als Naturparkfläche ausgewiesen. Weltweit sind es 2,6% der Landfläche. Im brasilianischen Bundesstaat Amazonien darf sogar nur 20% von Privatland in Nutzung genommen werden. Da ist die Schmerzgrenze schon eindeutig überschritten.

Trotz aller Klagen über die "Verantwortungslosigkeit" der Südamerikaner im Umgang mit den Naturresourcen haben wir noch 47% Waldbedeckung auf unserem Kontinent, mehr als jeder andere und mit einem viel höheren Naturwaldanteil als jeder andere: Ca. 80% im Vergleich zu etwa 1% in Europa.
... In Brasilien ging von 2006 an die Rodungsrate sehr stark zurück auf weniger als ein 1/4 der früheren Zahlen. Wenn dieses Viertel wieder um ein Viertel angestiegen ist, sind es immer noch erst 5/16 der Rodungsrate zwischen 1990 und 2006. In spätestens 20 Jahren ist die Rodung in Südamerika abgeschlossen und wir haben dann immer noch einen höheren Waldanteil als jeder andere Kontinent und sind trozdem Weltmarktführer im Nahrungsmittelbereich.“ 




Freitag, 22. November 2013

Abnickerei verstärken?



Ein ganzer Kerl mit zwei Zwergen



Lauter qualifizierte Leute sitzen im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp, und der ausgeschiedene Vorsitzende Cromme war auch vom Fach, sogar vom Stahlfach. Was hat es genützt? Nichts. Das riesige Fehlinvestment in den Amerikas hat der versammelte Sachverstand des Aufsichtsrats nicht nur nicht verhindert, sondern jahrelang begleitet. Wahrscheinlich hat es niemand besser gewußt, auch die Aufsichtsrätin Gräfin Schmettow nicht. Erare humanum est, das Irren gehört zum Menschen, das gilt immer und überall. Und wirtschaftliches Handeln ist risikoreich, sonst könnte es ja auch eine zweitklassige Physikerin.
Wäre es vorstellbar, daß hier eine Frauenquote etwas hätte ändern können? Zweifellos haben Frauen im allgemeinen einen zivilisierenden und befriedenden Einfluß.

Doch braucht ein Aufsichtsrat das? Gesetzt den Fall, ein Aufsichtsratsmitglied wäre frühzeitig zu dem Schluß gekommen, daß die Stahlwerke in den Amerikas ein großer Fehler sei, worüber hätte er verfügen müssen, um das Fehlinvestment zu verhindern? Rücksicht, gute Manieren, Freundlichkeit? Wohl nicht. Hohe Risikoneigung, starkes Selbstbewußtsein und höchste Aggressivität wären dagegen vonnöten gewesen, um gegen den starken und kompetenten Vorstandsvorsitzenden Schulz und den eher noch stärkeren Cromme anzutreten. Eine Maggie Thatcher hätte das vielleicht geschafft, wenn sie das Problem richtig erkannt hätte. Aber die meisten Aufsichtsräte, ob weiblich oder nicht, sind zwar sachverständig, aber konfliktscheu und geistig nicht unabhängig. Es fehlt ihnen das große Konfliktformat. Sie sind eher Abnicker als Aufrührer. Die Frauenquote wird die Abnickerei verstärken.

Donnerstag, 21. November 2013

Waldig







Diesem Grünspecht ging es im Wald ganz schlecht! 
Unter anderem fielen ihm Fichtennadeln auf den Kopf! 
Verzweifelt stochert er jetzt im Rasen herum.



Der neue  Waldschadensbericht ist da, vermeldet der Deutschlandfunk. Heute heißt er weniger dramatisch “Waldzustandserhebung”. Aber sonst ist alles beim alten:

“Klimawandel bedroht die deutschen Wälder” (DLF 21.11.13)

Offenbar voller Vorahnung und zu einem Artikel zum “Waldsterben” in den 80ern, „Die Natur der Hysterie“ von Marcus Jauer (F.A.Z. vom 18.10.13), schrieb Landwirt Fritz Führ, Mitglied der Akademie der Wissenschaften NRW, einen schönen Leserbrief:

Der Wald präsentierte sich in herrlichem Grün

… Ich erinnere mich noch gut an die Auftaktveranstaltung 1983 zur BMFT-Förderung (Bundesministerium für Forschung und Technologie) in Karlsruhe und die anschließende Exkursion in den Schwarzwald: Anstelle der schwarzen Stangen präsentierte sich der Wald in herrlichem Grün. Trotzdem drangen besonnene Stimmen wie die der Professoren Otto Kandler und Karl-Eugen Rehfuess aus München und Hermann Kick aus Bonn nur sehr verhalten an die Öffentlichkeit. Zu laut und apodiktisch wurde der sterbende Wald, dargestellt mit entsprechenden Bildern, präsentiert und damit die „German Angst“ bedient. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt honorierte diese Stimmung auch noch mit dem Umweltpreis.

Ab 1983 finanzierte das BMFT eine umfangreiche Forschung an ausgewählten Standorten von den Alpen bis an die Küste, und bereits 1984 wurden auf dem ersten Statusseminar in Göttingen herausgestellt, dass nicht der Schwefel, sondern der Stickstoff eine der wesentlichen Ursachen für Nährstoffungleichgewichte an den verschiedenen Standorten ist. Darüber hinaus ergeben sich sehr verschiedene Nährstoffsituationen mit zum Beispiel Kalimangel oder Magnesiummangel, wie an Standorten im Schwarzwald oder im Fichtelgebirge festgestellt wurde. 

In der Landwirtschaft werden Nährstoffungleichgewichte in den Böden durch gezielte Düngung ausgeglichen. Im Wald war Stickstoff als Hauptnährstoff immer der begrenzende Faktor. Durch Stickstoffeinträge in die Waldökosysteme hat sich aber die Situation seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts deutlich verbessert, so dass sich der Holzertrag je Hektar Fläche bis Ende der achtziger Jahre um etwa dreißig Prozent erhöht hat. Dazu hat nicht nur der Ammoniakeintrag aus der Landwirtschaft in angrenzende Waldgebiete, sondern auch der Stickoxideintrag aus fernen Quellen beigetragen. Drei meiner Doktoranden haben in interdisziplinären Forschungsansätzen überzeugend nachgewiesen, dass Pflanzen Stickoxide direkt aufnehmen und verwerten.

Der Baum, so habe ich es in einer Pressediskussion mit Minister Riesenhuber erklärt, muss mit den Ressourcen auskommen, die er am Standort vorfindet. Bei anhaltender Trockenheit kann zum Beispiel die Fichte nicht wie der Staat bei Haushaltsdefiziten „neue Schulden“ machen. Sie signalisiert ihren „Rentnern“, den sieben Jahre alten Nadeln, dass sie von der Wasserzufuhr abgeschaltet werden und ihre gespeicherten Nährstoffe mit Ausnahme von Bor und Kalzium remobilisiert im lebenden Transportsystem der Pflanzen, dem Phloem, als „Bafög“ in die „Jugend“, sprich: Blätter und Neuaustriebe, geschickt werden. Daraufhin vergilbt dieser 7. Nadeljahrgang, fällt ab und erfüllt damit die Schadensstufe 1 (10 bis 25 Prozent Nadelverlust). 

Der Waldschadensbeirat der Bundesregierung hat stets betont, dass dieses Gelbe-Blätter-Zählen keine Bestimmung von Schadensstufen, sondern nur eine blitzlichtartige Beschreibung des Zustands ist. In gleicher Weise hat dieser Beirat in seinem Gutachten 1989 festgestellt, dass ein großer Teil der Waldschäden durch natürliche Ereignisse wie beispielsweise Wildschäden und durch Pflanzenkrankheiten verursacht wird. Interessanterweise gab es an den Forstfakultäten bis in die achtziger Jahre keinen Lehrstuhl für Phytomedizin.

Als wissenschaftlicher Leiter der Projektträgerschaft Ökologie des BMFT habe ich am Ende der umfangreichen Förderprogramme mit weit über hundert Einzelvorhaben festgestellt, dass speziell durch die Einbindung vieler benachbarter Disziplinen unser Wissen über die Ökosysteme des Waldes deutlich erweitert wurde. Dazu beigetragen hat besonders ein Gutachterkreis, der den Projektträger und die Projektnehmer durch seine kompetente Beratung begleitet hat.”
Professor Dr. Fritz Führ, Jülich / LB 6.11.13 FAZ

Mittwoch, 20. November 2013

Anthropologischer Realismus






Schauspieler Mansfield in der Doppelrolle Jekyll / Hyde, ca. 1895
Foto: Wiki.)

Ob es an der Goldrand-Brille liegt zum grauen Haar? Durch die sieht Peter Bieri die Welt und den Menschen darin:
„Ich habe es in der Hand, ob mir ein Leben in Würde gelingt oder nicht.“ ( „Eine Art zu leben. Über die Vielfalt menschlicher Würde“, 2013)
Ja, man kann alles durch die Goldbrille sehen. Und auch durch die Nickelbrille. Was wäre vorzuziehen?
Der Begriff “Würde” stammt aus der Ehrensphäre, meist in der Spezifizierung “Adelswürde”, “Herzogswürde”, “Königswürde”. Die Bildung “Menschenwürde” erfolgte spät mit der Beseitigung der Adelsprivilegien. Jeder Mensch sei jetzt sein eigener König, lautet die euphemistische Version der Ära nach den ganz großen Kriegen, in denen sich der gemeine Mensch vielfach spitzenmäßig unwürdig zeigte. Die ansteigenden zivilen Tötungsraten seitdem deuten auch nicht auf einen zunehmenden Würdefaktor hin.
Der Mensch sei aus krummem Holz geschnitzt, meinte Kant zutreffend. Daraus lassen sich keine Marmorgestalten modellieren, die würdevoll auf dem Sockel stehen könnten. Dem biologisch ungebildeten Kant muß man aber heute die Genetik zugesellen, die schließlich seit Jahrmillionen das Fundament für alle Säugetiere abgibt, und die auch den Menschen an den langen Proteinketten führt.

Nun mag sich ein beamteter Philosoph wie Bieri seine Goldrandbrillenwürde nach Belieben zusammenreimen, aber realistische Perspektiven auf den Menschen gewinnt man dadurch nicht. Eher wird einem ideologischen Anspruchsdenken Vorschub geleistet.

Der Vielfalt der Menschen und auch den vielen Verhaltensweisen des einzelnen Menschen wird der Ideologenblick wenig gerecht. Die Goldbrille sieht gern den Dr. Jekyll (R.L. Stevenson) und übersieht den Mr. Hyde dahinter. Die Nickelbrille fokussiert auf Hyde, was ebenso einseitig wäre. Die silberne Stahlbrille, passend auch zur Haarfarbe des Philosophen, wäre vielleicht angemessen, um maßlose Fehlblicke zu vermeiden und zu einem realistischen Menschenbild zu verhelfen. Das würde überwiegend konstruktive Individuen ebenso umfassen wie Exemplare der Sorte des Büroleiters der Grünen, Hans-Bernd Kaufmann (Giessen), der der Kinderschänderei unter Zuhilfenahme von Marihuana in 160 Fällen beschuldigt wird.