Dienstag, 31. März 2015

Und ewig währet die Verdinglichungsphantasie

Das System 1 weiß sofort, welche Linien kürzer sind - liegt aber immer falsch. Müller-Lyer-Täuschung, Graphik: Wikip.


LIEBE UND GESCHÄFT  "Menschen wie Waren auf einem Tisch ausgelegt“!
Diese Überschrift wählte Torsten Teichmann für sein Interview (DLF 29.3.15) mit Eva Illouz, die einen Lehrstuhl für Soziologie in Jerusalem besetzt hält, aber auch Adorno-Vorlesungen am einschlägig bekannten „Institut für Sozialforschung“ in Frankfurt hält.

"Menschen wie Waren“, das kannte Teichmann wohl aus seiner Ost-Berliner Polytechnischen Oberschule, denn bekanntlich verwandeln sich im Kapitalismus die menschlichen Beziehungen in Warenbeziehungen. Sagte Marx. Sagten Horkheimer und Adorno, die Begründer des einschlägig bekannten „Instituts für Sozialforschung“ in Frankfurt. Sagten auch Erich Fromm und viele andere freudianische Neomarxianer der „Kritischen Theorie“.
Symptomatisch für diese antibürgerliche Geisteshaltung bezieht sich Illouz auf den Psychoanalytiker Fromm, der mit seinem Buch „Haben oder Sein“ viel Lob in ZEIT, SPIEGEL, SZ, konkret etc. erntete. Tenor der Schrift war: Güter essen Seele auf. Diese Simpl-Sicht scheint auch in dem Titel auf. Als ob das Leben ohne HABEN zu haben sei!

Schon in der Antike galt das rechte Maß als die Kardinaltugend. Und das richtige Maß für sich selbst herauszufinden, das ist auch heute noch die Grundlage der Lebenskunst. Einfach ist das nicht. Und die passende Partnerwahl gehört dazu. Wer erst in der Partnerschaft merkt, daß der Partner labil ist und säuft und kifft, braucht für die Schläge zusätzlich wahrscheinlich nicht zu sorgen.
Daher sind Partnerbörsen eine große zivilisatorische Errungenschaft. Überlegen! heißt da die Devise, nicht hineinstolpern. In der empirischen Psychologie wird zwischen dem intuitiven, schnellen System 1 und dem langsameren, betulichen, rationaleren System 2 des Denkens unterschieden (vgl. Kahneman, Denken). Während in der direkten Begegnung das System 1 dominiert und zu schnellen Urteilen drängt, die aber falsch sein können, bekommt das überlegende System 2 eine bessere Chance in der Partnerbörse. Das ist eine große Verbesserung.
Fehler allerdings macht auch das System 2, denn die Vielzahl der Partnerschaftseinflußfaktoren von der Genetik bis zur Endokrinologie, von dem Familieneinfluß während des Aufwachsens bis zur Bestimmung der Persönlichkeitsreife läßt sich nicht einfach erfassen. Da müssen beide Systeme gut zusammenarbeiten. Sonst kann es im schlimmsten Fall passieren, daß man neben einem Andreas L. sitzt.












Montag, 30. März 2015

Griechenland




Eine Reihe von europäischen Staaten hat Mindestlöhne eingeführt:
Estland: 488 Euro monatl.
Lettland: 507
Litauen 464
Polen 738
Tschechei: 502
Slowakei: 536
Ungarn: 593
Slowenien: 949
Kroatien: 584
Rumänien: 384
Bulgarien: 380
Griechenland: 764
Quelle: FAZ 28.2.15 (Kaufkraftbereinigt)

Mindestlöhne dämpfen die Beschäftigung vor allem bei unqualifizierten Jugendlichen. Bei den Menschen also, für die eine Anstellung besonders wichtig ist. Ein hoher Mindestlohn hat viel mit Wählerkauf zu tun, daher überrascht zwar der hohe griechische Mindestlohn von 764 Euro in einem rückständigen Balkanland, aber man versteht die Logik.  Die Logik der Korruption.
Da gibt es eigentlich nicht viel Spielraum für  Verständnis. Zudem hat sich Athen den Beitritt zum Euro durch gefälschte Statistiken betrügerisch erschlichen, weswegen die Bundesbank Schröder warnte.
Das alles ist bekannt, und das ist für die Athener Regierung aus Links- und Rechtsradikalen nicht hilfreich. Deswegen schieben sie und ihre Unterstützer in Europa die Gesundheitsversorgung nach vorn: die Leute sterben in Griechenland wegen der deutschen Katastrophenpolitik, ja, die griechischen Säuglinge schon. So auch Volker Reiche in der FAZ.
Da stockt den Schlechtinformierten der Atem. Tote griechische Säuglinge wegen der „Sparpolitik“. Schrecklich, Herr Reiche.
Allerdings muß man wissen, daß auch das griechische Gesundheitssystem seine Besonderheiten aufweist. Die griechischen Krankenhäuser dienen nämlich nicht in erster Linie der Krankenversorgung, sondern der Klientelpolitik. Stellenversorgung für Wahlfreunde ist der Hauptzweck. Die Gesundheitsversorgung ist angeschlossen. Nachgeordnet. Zuerst kommen die Gärtner, Hausmeister und Verwaltungsangestellten, sie stellen 2/3 der Krankenhausbediensteten. Ein Drittel der Stellen entfällt auf das medizinische Personal, auf Ärzte und Krankenschwestern. Das griechische Korruptionsverhältnis.

Noch Fragen, Herr Volker Reiche? 


Nicht nur beim Mindestlohn zum Wählerkauf ist Athen führend. Auch beim Pro-Kopf-Einkommen: Rang 2 mit 28.000 Euro jährlich (2008). Fallend 2013 auf 17.000. Danach kommen mit rund 20.000 Slowenien, Tschechei mit gut 15.000, dann Slowakei. Steigend Estland, Slowakei, Litauen, Lettland, Polen, Rumänien, Bulgarien (ca. 2300 auf 5500).

Unangefochten auf dem 1. Schulden-Platz rangiert Griechenland mit 175% des Bruttoinlandsprodukts (28.700 € pro Kopf).
Über dem Maastricht-Grenzwert von 60% liegen noch Ungarn, Kroatien und Slowenien, alle bei 75%.
Darunter liegen Polen, Slowakei, Lettland, Rumänien, Litauen, Tschechei, Bulgarien und, mit nur 10% Verschuldung (!), Estland. (FAZ 28.2.15)

Noch Fragen, Herr Volker Reiche? 














Sonntag, 29. März 2015

Gräßliche Geschichte(n)






Lenins Spießgesellen Nikolai Bucharin und Alexei Iwanowitsch Rykow 1938 vor dem Schaugericht des großen Schlächters Stalin (Foto: Wikip.)  

Der Kampf um die Macht ist kein einfacher, wenn mehrere ähnlich starke Bewerber nach vorne drängen. Im Bürgerkrieg nach Caesars Tod fanden sich die Konkurrenten in der Dreimännerherrschaft zusammen (Triumvirat). So etwas hält nicht lange. Eine bürokratisierte Form der Mehrmännerherrschaft findet sich im Politbüro der Kommunistischen Parteien. Auch sie wird schnell zur Farce. Nachdem sich Stalin mit Tricks gegen Trotzki als Generalsekretär durchgesetzt hatte, ermordete er bis 1938 alle alten Rivalen des Leninschen Politbüros, zum Teil in groß inszenierten, grotesken Schauprozessen.
Stalins Beispiel erinnert an Cesare Borgia, dessen Beispiel Machiavelli empfiehlt:
“Nachdem der Herzog (Cesare Borgia, WD) die Romagna unter sich gebracht hatte, so fand er, daß dies Land ohnmächtigen Herren angehört hatte, die ihre Unterthanen mehr ausgeplündert als regiert, und mehr Unordnung veranlaßt, als öffentliche Ordnung gehandhabt hatten, so daß diese Provinzen voll von Straßenraub, Parteigängerei und aller Art von Gewaltthätigkeit waren. Er fand also nöthig, sie zu beruhigen und der Obrigkeit unterthan zu machen. Zu diesem Ende gab er ihr den Remiro d'Orco zum Vorgesetzten, einen entschlossenen und grausamen Mann. Ihm ertheilte er volle Gewalt. Derselbe erwarb sich großen Ruhm, indem er das Land in kurzer Zeit zur Ruhe und Sicherheit brachte. Hierauf aber schien es dem Herzoge, daß eine so ausnehmende Gewalt nicht mehr gut angebracht sei, weil sie verhaßt werden möchte. Er ordnete also unter dem Vorsitze eines ganz vorzüglichen Mannes mitten im Lande einen Gerichtshof an, bei welchem jede Stadt ihren Vertreter hatte. Weil die vorige Strenge aber einigen Haß erzeugt hatte, so suchte er diesen auszulöschen und das Volk vollends dadurch zu gewinnen, daß er ihm bewiese, alle begangenen Grausamkeiten rührten nicht von ihm her, sondern von der rauhen Gemüthsart seines Stellvertreters. Er ergriff die erste Veranlassung, ihn eines Tages zu Cesena auf dem öffentlichen Markte in zwei Stücke zerrissen auszustellen, mit einem Stücke Holz und einem blutigen Messer zur Seite. Durch diesen gräßlichen Anblick erhielt das Volk einige Befriedigung und ward eine Zeit lang in dumpfer Ruhe gehalten.” Machiavelli, Fürst, 7. Kap., Reclam S. 61
Da stockt dem modernen Leser der Atem. Er kann aber nicht umhin, angesichts der Ausgangslage völliger Unordnung und allgemeiner Räuberei das Ergebnis, nämlich die Befriedung der Romagna, als positiv anzuerkennen. Wäre das gelungen, wenn direkt ein Gerichtshof eingesetzt worden wäre? Das ist leider zu bezweifeln, weil Gewalttäter auch vor Richtern nicht haltmachen. Nach der gewalttätigen Ausschaltung der führenden Verbrecher war aber ein Gerichtshof sehr wohl möglich. Welches Maß an Grausamkeit aufgewendet werden muß, um zur Befriedung zu gelangen, bleibt allerdings zu diskutieren. Man mag dies tun, muß dabei aber auch an den „Islamischen Staat“ und an „Boko Haram“ etc. denken. Naiven Frauen, und nicht nur diesen, kann man von der Lektüre Machiavellis nicht abraten:
  • 20 Jahre Haft für Mörder der AP-Journalistin Anja Niedringhaus

  • Der Mörder der deutschen Foto-Journalistin Anja Niedringhaus ist in Afghanistan zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Oberste Gerichtshof in Kabul reduzierte die Strafe für den ehemaligen Polizisten, der ursprünglich zum Tode verurteilt worden war. Der Täter hatte die Journalistin vor rund einem Jahr in der Stadt Chost im Südwesten des Landes erschossen. Zudem verletzte er die AP-Reporterin Kathy Gannon schwer, die mit Niedringhaus über die Wahlen in Afghanistan berichtet hatte. Die Hintergründe der tödlichen Schüsse sind bis heute unklar.” (DLF 29.3.15)  

Die Hintergründe sind allerdings klar. Der Mann hat “Allahu akbar” gerufen, als die beiden Frauen aus dem Westen nicht das Verhalten zeigten, das das mohammedanische Buch für Frauen vorschreibt. Der Mörder wird demnächst, damit ist ziemlich sicher zu rechnen, von außen befreit werden.












Samstag, 28. März 2015

Was wollen die Delphine?










Alles so schön friedlich hier - Verbildung durch Bilder; hier ein Stich von Matthaeus Merian aus der Luther-Bibel.


Frage eines Tiergläubigen: 
Sollte man also Haie und Wölfe ausrotten damit es nie niemals zu Unfällen kommt?
Was ist mit Wildschweinen, die können einen auch töten?
Auch ausrotten?
Menschen kommen immer wieder durch Wildunfälle auf der Autobahn um's Leben.
Vielleicht sollte man am besten alle Wildtiere, die größer als ein Igel sind, ausrotten, um das menschliche Unfallrisiko zu minimieren, egal wie gering die Wahrscheinlichkeit ist?


Antwort eines Tierreligionslosen: 
Haie betreffend würden die kleinen Hai-Arten, die Robben und die Delphine antworten: alle großen Haie ausrotten.
Elche, Rene, Hirsche, Rehe, Kühe und Schafe würden für den völligen Abschuß aller Wölfe plädieren.
Der kluge Mensch würde einen Mittelweg beschreiten. So, wie er auch Tierwechsel-Warnschilder an betroffenen Straßen aufstellt.
Wildschweine leben in Deutschland überwiegend in eingezäunten Wildparks und werden dort und außerhalb bejagt.
Sie sind nicht aggressiv, wie der Wanderer im Wildpark weiß, können aber Felder stark zerwühlen, wenn man sie läßt.








Freitag, 27. März 2015

Hegemonie und Rivalität




“Die Erfahrung … ergibt … eine allgemeine Regel, die nie oder selten trügt:

Der, welcher einem anderen zur Macht verhilft, geht selbst zugrunde; denn er macht ihn stark mit Geschick oder durch Gewalt, und beides ist dem, der zur Macht gelangt ist, verdächtig.” Machiavelli, Fürst,                                   Insel S. 30

“Geschick” und “Gewalt” machen stark.  Und der Starke ist eine Bedrohung des Starken. Denn er könnte dessen Platz einnehmen. Mit etwas Glück. Denn das spielt immer mit. Meist etwas mehr. Das Glück aber ist unbeständig, es kann auch dem Rivalen zugute kommen. Daher sind annähernde Gleichgewichtszustände polemogen - Octavian benutzte im Triumvirat Marc Anton und Lepidus für seine Machterringung, dann auch den Vertrag mit Pompeius, um letztendlich seine Mitherrscher zu vernichten. Erst als unumschränkter Herrscher wurde Octavian zum Augustus. 

Und so drängte auch das europäische Gleichgewichtsdenken immer erneut zum Krieg, bis der neue Hegemon Amerika neue Bedingungen setzte und die europäischen Staaten sich dank ihrer Begriffsstutzigkeit und des französischen Chauvinismus selbst degradierten. Die haushohe wirtschaftliche Überlegenheit der USA und die hohe militärische Überlegenheit sicherten für Jahrzehnte den Frieden in Europa. Stalin, Chruschtschow und Breschnew unternahmen keine weiteren Vorstöße über ihre bereits gemachten Eroberungen hinaus.

















Donnerstag, 26. März 2015

Arabien, Afrika


Neben den geopolitischen spielen soziale Faktoren eine Rolle. So scheitern die autoritären Regierungen in der arabischen Welt bis heute daran, ihrer Jugend Perspektiven, Rechte und Freiheiten zu bieten.”
So Daniel Steinvorth in der NZZ (Die brüchige Macht des Kalifats, 31.1.15)
Ja, natürlich. Aber Steinvorth redet um die Hauptsache herum. Er war vorher beim SPIEGEL. Die Hauptsache ist, daß die mohammedanische Reproduktionsrate es jeder - absolut jeder! - mohammedanischen Regierung völlig unmöglich macht - völlig! - diese Massen an Jugendlichen mit Arbeitsplätzen zu versorgen. 
Als nur die mohammedanische Medizin angewendet wurde, war das anders. 
Aber wenn die Mehrheit der Kinder überlebt und erwachsen wird, hätte auch eine westliche Regierung die größten Probleme. Das demonstriert Frankreich sehr eindrücklich. Denken Sie mal darüber nach, Herr Steinvorth! 
Und an die NZZ sei die Frage gestellt, warum sie Journalisten vom SPIEGEL bezieht, die unter 50 sind.   





















Mittwoch, 25. März 2015

Im alten Rom


Senecas Trostschrift an Marcia 

II. (1.) Ich weiß, daß Alle, die Einen ermahnen wollen, mit Lehren anfangen und mit Beispielen aufhören. Bisweilen [aber] ist es gerathen, diese Sitte zu ändern; denn mit dem Einen muß man anders verfahren, als mit dem Andern. Manche lassen sich durch Vernunftgründe leiten; Manchen muß man berühmte Namen entgegenhalten und ein Ansehen, das den Geist des durch blendende Erscheinungen Betroffenem nicht sich selbst überläßt. (2.) Zwei der größten Muster sowohl deines Geschlechts als deiner Zeit will ich dir vor Augen stellen, das eine einer Frau, die sich dem Zuge ihres Schmerzes hingab, das andere einer solchen, die, von gleichem Unfall und noch größerem Schaden betroffen, dennoch dem Unglück keine lange Herrschaft über sich gestattete, sondern ihr Gemüth schnell in seine [ruhige] Lage zurückversetzte. Octavia und Livia, jene die Schwester, diese die Gemahlin des Augustus verloren beide im Jünglingsalter stehende Söhne, beide in der sichern Hoffnung, daß sie einst Herrscher sein würden. (3.) Octavia den Marcellus, auf dessen Schultern sich der Oheim und Schwiegervater zu stützen, dem er die Last der Regierung aufzulegen begonnen hatte, einen Jünglinn feurigen Geistes und gewaltigen Talentes,[8] aber von einer bei solchem Alter und bei solchen Mitteln nicht wenig zu bewundernden Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung, Anstrengungen gewachsen, den Wollüsten abhold und bereit, Alles zu tragen, was der Oheim ihm auflegen und, mich so auszudrücken, auf ihn bauen wollte. Er hatte sehr gut einen Grund gewählt, der keiner Last nachgeben würde. (4.) Die ganze Zeit ihres Lebens hindurch machte sie ihren Thränen, ihren Seufzern kein Ende, und lieh keinen Worten ihr Ohr, die etwas Heilendes brachten. Nicht einmal davon abrufen ließ sie sich; [nur] auf den einen Gegenstand achtend und mit ganzer Seele daran gefesselt, blieb sie ihr ganzes Leben lang so, wie sie beim Begräbniß gewesen war, und geschweige, daß sie gewagt hätte, sich zu erheben, verschmähte sie es auch, sich aufrichten zu lassen, und hielt es für ein zweites Verwaistsein, sich der Thränen zu enthalten. Kein Bild des theuern Sohnes wollte sie besitzen, nie desselben Erwähnung gethan hören. (5.) Sie haßte alle Mütter und war besonders auf Livia wüthend, weil das ihr verheißene Glück auf deren Sohn übergegangen zu sein schien. Mit der Dunkelheit und Einsamkeit vertraut und selbst ihrem Bruder keinen Blick schenkend, verschmähte sie die zur Feier von Marcellus Andenken verfaßten Gedichte und andre Ehrenbezeigungen der Zuneigungen und verschloß ihre Ohren jedem Troste. Sich zurückziehend von den herkömmlichen Beileidsbezeugungen, und selbst das die Größe ihres Bruders allzusehr umglänzende Glück hassend, vergrub und verbarg sie sich. Während Kinder und Enkel bei ihr saßen, legte sie doch das Trauerkleid nie ab, nicht ohne Beleidigung für alle die Ihrigen, bei deren blühendem Leben sie sich doch verwaist vorkam.
III. (1.) Livia hatte ihren Sohn Drusus verloren, der ein großer Fürst geworden sein würde und bereits ein großer Feldherr war. Er war tief in Germanien eingedrungen, und die Römer hatten [unter ihm] ihre Fahnen da aufgepflanzt, wo es kaum bekannt war, daß es irgend welche Römer gebe. Auf[9] dem Feldzuge war er als Sieger gestorben, indem die Feinde selbst ihm in seiner Krankheit Verehrung und gegenseitige Friedfertigkeit bewiesen und nicht zu wünschen wagten, was ihnen [doch] frommte. Es begleitete seinen Tod, den er für den Staat erlitten hatte, das größte Bedauern der Bürgen, der Provinzen und ganz Italiens, durch welches, da alle Municipien und Colonien zu dem Trauerdienste herbeiströmten, seine Leiche fast wie in einem Triumphzuge bis in die Stadt geführt wurde. (2.) Der Mutter war es nicht vergönnt gewesen, die letzten Küsse des Sohnes und die lieben Worte des sterbenden Mundes aufzufangen. Eine weite Strecke hatte sie die irdischen Ueberreste ihres Sohnes begleitet, aber, obgleich durch so viele in ganz Italien brennende Scheiterhaufen so aufgeregt, als müßte sie ihn eben so oft verlieren, begrub sie doch, sobald sie ihn in den Grabhügel versenkte, mit ihm zugleich auch ihren Schmerz und trauerte nicht mehr, als es anständig war beim [Tode] eines kaiserlichen Prinzen oder gebührend [gewesen wäre] beim [Tode] irgend eines Andern. Ferner hörte sie nicht auf, den Namen ihres Drusus zu feiern, sich ihn überall zu Hause und öffentlich zu vergegenwärtigen, sehr gern von ihm zu sprechen und von ihm sprechen zu hören, da kaum irgend ein Mensch das Andenken an einen Andern bewahren und öfters erneuern kann, der es sich zu einem traurigen gemacht hat. – (3.) Wähle also, welches von[10] diesen beiden Beispielen du für lobenswerther halten willst: willst du dem ersteren folgen, so schließest du dich aus der Zahl der Lebenden aus; du wirst sowohl gegen andere Kinder, als gegen deine eigenen Abneigung fühlen und dich [blos] nach ihm sehend [allen] Müttern als eine [Erscheinung von] traurigen Vorbedeutung entgegen treten. Ehrbare und erlaubte Freunden wirst du, als nicht anständig genug für dein Geschick, zurückweisen, von einem dir verhaßten Leben wirst du festgehalten werden, erbittert gegen dein Alter, daß es dich nicht jählings vernichte und ein Ende machte, und was sehr schimpflich und deiner von einer bessern Seite bekannten Gesinnung ganz widersprechend ist, du wirst zeigen, daß du nicht leben magst und doch nicht sterben kannst. (4.) Hältst du dich [dagegen] an das letztere [viel] gemäßigtere und mildere Beispiel jener so großen Frau, so wirst du ohne Trübsal sein und dich nicht in Qualen abhärmen. Denn welch' ein Unsinn ist es, sich selbst für sein Unglücklich zu strafen und seine Leiden zu vermehren! Du wirst die Tüchtigkeit und Ehrbarkeit des Charakters, die du in deinem ganzen Leben behauptet hast, auch in diesem Falle bewähren. Selbst bei der Trauer über jenen Jüngling gibt es ein gewisses Maß; indem du immer von ihm redest, immer an ihn denkst, wird er dir die würdigste Ruhe verschaffen. Du wirst ihm eine höhere Stelle anweisen, wenn er seiner Mutter so, wie er es im Leben pflegte, heiter und mit Freude entgegen tritt. ...“
Seneca, Trostschrift an Marcia, anläßlich des Todes ihres Vaters Aulus Cremutius Cordus 31 in Rom, nach mutmaßlicher Verfolgung durch den Prätorianerpräfekten Sejanus; Text auf zeno.org





































Dienstag, 24. März 2015

Es war immer so in Arabien: Kopf ab













ʿAlī ibn Abī Tālib, der in Anwesenheit des Propheten Mohammed mit dem zweiklingigen Dhū-l-faqār-Schwert einen Quraischiten enthauptet. Osmanische Miniatur, 16. Jh.“ (Wikipedia)


Bürgerkrieg ist stets die schlimmste Form des Krieges, jedenfalls zumeist, und man kennt das schon seit der Antike, seit Caesar den Bürgerkrieg 49 v. Seneca begann, er währte, bis Octavian zwanzig Jahre später als Augustus Alleinherrscher wurde.
Besonders perfide war Stalins Bürgerkrieg gegen die ukrainischen Bauern, indem er ihnen das Saatgut raubte und sie zu Millionen elendiglich verhungern ließ.
Und auch von der Figur des Mohammad wird berichtet, daß er die unbotmäßigen Stämme bekriegte. Seine ersten drei Nachfolger wurden ermordet von Rivalen, darunter der bekannte Ali, die Leitfigur der Schiiten. Seitdem gibt es die innerislamischen Kriege zwischen Sunniten und Schiiten, und ein Ende ist nicht abzusehen.
Auch nicht in Syrien, wo es seit langem sunnitische Aufstände gegen die regierenden alewitischen Schiiten gibt. Obwohl es ihnen vergleichsweise hervorragend ging in Syrien. Es mutet wie märchenhafte Dummheit an zu erwarten, daß ein Regimewechsel in Syrien nicht alles noch sehr viel schlimmer machen würde. Siehe Libyen. Die arabische Mentalität – ob sunnitisch, ob schiitisch - steckt noch tief im Mittelalter. Verglichen mit Hamas- und Muslimbrüderführern sticht Asad positiv heraus, wie auch nur von den Alewiten eine friedlichere Zukunft erwartet werden kann.