Samstag, 11. Januar 2020

United Jazz & Rock Ensemble - Circus Gambet (live 1991)

United Jazz & Rock Ensemble - Circus Gambet (live 1991)

NRW-Schulministerium: Abitur ohne Goethes FAUST I als Pflichtlektüre


“Ich habe ein Recht, Kleist zu tadeln, weil ich ihn geliebt und gehoben habe; aber sei es nun, daß seine Ausbildung, wie es jetzt bei vielen der Fall, durch die Zeit gestört wurde, oder was sonst für eine Ursache zum Grunde liege; genug, er hält nicht, was er zugesagt. Sein Hypochonder ist zu arg; er richtet ihn als Menschen und Dichter zugrunde.” 
Gespräch mit Falk, 1809
Da hat der Alte recht behalten. Mit 34 Jahren erschoß sich der große Stilist und Autor zumeist überspannter und kruder Geschichten und Dramen. 
1829 äußert Goethe gegenüber Eckermann: “Das Klassische nenne ich das Gesunde und das Romantische das Kranke. … Das meiste Neuere ist nicht romantisch, weil es neu, sondern weil es schwach, kränklich und krank ist”. 

Wenn jetzt in NRW einer überdrehten Erzählung des geistig überspannten Kleist - der “Marquise von O.” -  und der wahnhaften Erzählung “Der Sandmann” E.T.A. Hoffmanns, dazu noch einem Ehetraktätchen (Lange) und dem nicht mehr taufrischen und altväterischen Lessing-Drama “Nathan der Weise” der Vorzug vor Goethes FAUST im Abitur gegeben wird, dann können wir in Anlehnung an Goethe konstatieren, daß es in Deutschland ein bißchen romantisch, “schwach, kränklich und krank” zugeht.  

Goethe. Über Heinrich von Kleist

und Gotthold Ephraim Lessing    

Einst kam das Gespräch auf Kleist und dessen »Käthchen von Heilbronn«. Goethe tadelt an ihm die nordische Schärfe des Hypochonders; es sei einem gereiften Verstande unmöglich, in die Gewaltsamkeit solcher Motive, wie er sich ihrer als Dichter bediene, mit Vergnügen einzugehen. Auch in seinem »Kohlhaas«, artig erzählt und geistreich zusammengestellt, wie er sei,[293] komme doch alles gar zu ungefüg. Es gehöre ein großer Geist des Widerspruches dazu, um einen so einzelnen Fall mit so durchgeführter, gründlicher Hypochondrie im Wettlaufe geltend zu machen. Es gebe ein Unschönes in der Natur, ein Beängstigendes, mit dem sich die Dichtkunst bei noch so kunstreicher Behandlung weder befassen, noch aussöhnen könne. Und wieder kam er zurück auf die Heiterkeit, auf die Anmuth, auf die fröhlich bedeutsame Lebensbetrachtung italienischer Novellen, mit denen er sich damals, je trüber die Zeit um ihn aussah, desto angelegentlicher beschäftigte.
Dabei brachte er in Erinnerung, daß die heitersten jener Erzählungen ebenfalls einem trüben Zeitraume, wo die Pest regierte, ihr Dasein verdankten. »Ich habe ein Recht,« fuhr er nach einer Pause fort, »Kleist zu tadeln, weil ich ihn geliebt und gehoben habe; aber sei es nun, daß seine Ausbildung, wie es jetzt bei vielen der Fall ist, durch die Zeit gestört wurde, oder was sonst für eine Ursache zum Grunde liege; genug, er hält nicht, was er zugesagt. sein Hypochonder ist gar zu arg; er richtet ihn als Menschen und Dichter zugrunde. Sie wissen, welche Mühe und proben ich es mir kosten ließ, seinen ›Wasserkrug‹ auf's hiesige Theater zu bringen. Daß es dennoch nicht glückte, lag einzig in dem Umstande, daß es dem übrigens geistreichen und humoristischen Stoffe an einer rasch durchgeführten Handlung fehlt.
[294] Mir aber den Fall desselben zuzuschreiben, ja, mir sogar, wie es im Werte gewesen ist, eine Ausfoderung deßwegen nach Weimar schicken zu wollen, deutet, wie Schiller sagt, auf eine schwere Verirrung der Natur, die den Grund ihrer Entschuldigung allein in einer zu großen Reizbarkeit der Nerven oder in Krankheit finden kann. Das ›Käthchen von Heilbronn‹«, fuhr er fort, indem er sich zu mir wandte, »da ich Ihre gute Gesinnung für Kleist kenne, sollen Sie lesen und mir die Hauptmotive davon wiedererzählen. Nach diesem erst will ich einmal mit mir zurathe gehen, ob ich es auch lesen kann. Beim Lesen seiner ›Penthesilea‹ bin ich neulich gar zu übel weggekommen. Die Tragödie grenzt in einigen Stellen völlig an das Hochkomische, z.B. wo die Amazone mit Einer Brust auf dem Theater erscheint und das Publicum versichert, daß alle ihre Gefühle sich in die zweite, noch übriggebliebene Hälfte geflüchtet hätten, ein Motiv, das auf einem neapolitanischen Volkstheater im Munde einer Colombine, einem ausgelassenen Polichinell gegenüber, keine üble Wirkung auf das Publicum hervorbringen müßte, wofern ein solcher Witz nicht auch dort durch das ihm beigesellte widerwärtige Bild Gefahr liefe, sich einem allgemeinem Mißfallen auszusetzen.«















Mittwoch, 8. Januar 2020

Lisbeth Quartett – Live at Jazz-Schmiede Düsseldorf

"Chaos: Die Krisen in Nordafrika und im Nahen Osten verstehen"







"Gilles Kepel, 1955 in Paris geboren, ist Soziologe und Arabist. Kepel beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der arabischen Welt, dem Islamismus und der Präsenz von Muslimen in Europa. Seit 2001 ist er Professor am Institut d'études politiques de Paris. Sein neues Buch «Sortir du chaos», dessen Übersetzung ins Deutsche («Chaos – Die Krisen in Nordafrika und im Nahen Osten verstehen») nun erschienen ist, stellt eine Art Zusammenfassung seiner langjährigen Forschertätigkeit dar." NZZ 23.11.19

"Chaos: Die Krisen in Nordafrika und im Nahen Osten verstehen", wer will das nicht? Kepel verspricht mit seinem neuen Buch gerade das. Ob das gelingt? Zumindest ist es ein informierter Beitrag. Einen Punkt scheint er nicht zu berühren: das Überangebot an jungen Männern für die streitenden Parteien und Warlords. Der Krieg zwischen Teheran und Bagdad endete erst nach 8 Jahren, als keine jungen Männer mehr zur Verfügung standen. Kriege wird es im Nahen Osten also noch lange geben.












Freitag, 3. Januar 2020

Göttliche Geistesblitze – Ein Buch zur Wissenschaftsgeschichte von Eckart Roloff

„Göttliche Geistesblitze“, ob es die wirklich gab? 

Es gibt jedenfalls intelligente Menschen, die die Macht in ihrer Gruppe ergriffen und sich durch religiöse Bezüge adelten oder vergöttlichten. Häutlinge und Könige waren in der Frühzeit auch Priester, daher der Begriff „Hierarchie“, „heilige Herrschaft“. Die Priesterschaft hat sich dann ausdifferenziert, wie der Raub- und Kriegeradel, beide unterhielten aber noch enge Herrschaftsbeziehungen, nicht nur als Fürstbischöfe. Aber ob Kriegs- oder Religionshandwerk - der Nachwuchs wollte so sein wie die großen Herren. Mußte aber auch entsprechend intelligent sein. Der Psychologe Spearman fand heraus, daß Intelligenz eine allgemeine Eigenschaft darstellt (g-Faktor), man kann damit alles mögliche unternehmen - Texte schreiben, Wasserleitungen erfinden, Uhren konstruieren etc. Man muß die Begabungen nur spielen lassen - und möglichst noch vererben, was dem Protestantismus zum dominierenden Kultur- und Gewerbeprotestantismus entwickelte:
Des calvinistischen Kesselflickers und Predigers John Bunyans Frage “It will not be said: did you believe? - but: were you Doers, or Talkers only?” (John Bunyan (1628-88), Eines Christen Reise nach der seeligen Ewigkeit) wurde besonders produktiv im protestantischen Schwaben, wo der Maschinenbauer TRUMPF sitzt.

Dort tauchte öfters ein Pfarrer auf, der auch Mechaniker war wie Philipp Matthäus Hahn (1739-90), der die Rechenmaschinen seiner Zeit verbesserte. Bäckerssohn Daimler lernte den Frühwaisen Maybach in der Werkstatt des pietistischen Brüderhauses im calvinistisch-pietistischen Reutlingen kennen, das hatte automobilindustrielle Folgen, wie man weiß. Leibinger ist eine Pflanze aus diesem gewerbefleißigen Milieu, das jetzt durch den rotgrünen Protestantismus der Gegenwart tödlich bedroht wird. Intelligent sind die Protestanten immer noch, aber sie wurden sehr unklug.
















Francaix: Trio for Oboe, Bassoon & Piano - (1) Adagio