Freitag, 24. August 2007

Augstein, Schmitt, Hegel

mo 17° w / mi 24° s!! Schon wieder Sonne nach 7 Wochen grünem Winter.
Da freut sich auch der Igel und zeigt seine skurrilen, erstaunlich langen Hinterläufe.

- Man glaubt es nicht: "Rudolf Augstein suchte Rat bei Carl Schmitt
apl. FRANKFURT, 22. August. Im Jahr 1952 haben sich zwei Männer getroffen, die kaum gegensätzlicher sein könnten: Rudolf Augstein, Herausgeber ..." "Rudolf Augstein rief Carl Schmitt zu Hilfe
Mit Heft 28 fing alles an: Im Nachlass des verfemten Staatsrechtlers ist sein Briefwechsel mit dem "Spiegel"-Herausgeber aufgetaucht".

- Fragen rund um die Turbulenzen an den Finanzmärkten beantwortet vom besten Teil der FAZ, dem Wirtschaftsteil: sehr gut! :
"Banken-Spezial
Sieben Antworten zur Krise an den Finanzmärkten
Was ist los mit den Finanzmärkten? Meistens funktionieren sie spannungsfrei, doch besonders nach langen Hausse-Phasen neigen sie zu Krisen. Antworten auf Fragen, die der Wirtschaftsredaktion der F.A.Z. in den vergangenen Tagen von Lesern häufig gestellt wurden." (http://www.faz.net/s/Rub5CAECB7768E046A3976500B4D416A560/Doc~EC36D33B662AE418FB6AA3F3244607061~ATpl~Ecommon~Sspezial.html)
Ob danach von Seiten der Schulen eine so hohe Nachfrage erfolgen wird wie seinerzeit nach der Feuilletonausgabe, die völlig einseitig ausschließlich vom Klimapropagandainstitut Potsdam gestaltet wurde?

- Hubert Kiesewetter, in Eichstätt emeritierter Wirtschaftshistoriker, studierte in den 1960er Jahren bei Popper und war dessen Freund in Poppers letzten Jahren. Bekannt sein Buch "Von Hegel zu Hitler": eine Analyse d. Hegelschen Machtstaatsideologie u. d. polit. Wirkungsgeschichte d. Rechtshegelianismus: Golo Mann:
„Das, was schon in Hegel Gefährliches war, übernahm Spengler; die Verherrlichung des Krieges, die Vergottung von Macht und Erfolg.“ S. 731 + 103 ff. (Dt. Geschichte)

- Lale Akgün kritisiert die türkische Religionsbehörde Ditib in Deutschland: "Es sei falsch, daß der Vorsitzende nur für jeweils vier Jahre aus der Türkei komme und kaum Deutsch spreche; daß kein Interesse an gemeinsamen Veranstaltungen für deutsche und türkische Kinder und Jugendliche bestehe; daß Ditib ein konservatives Rollenbild propagiere. ..." (FAZ 24.8.07)
Bei der Ditib handelt es sich um eine ausländische Staatsbehörde, deren Anliegen, bei Moscheebauten u.a., die Verbreitung islamischen Türkentums im Ausland ist. "Demokratie sei unser Weg, Minarette seien unsere Schwerter", verkündete der heutige Ministerpräsident Erdogan in den neunziger Jahren, was ihm eine Verurteilung in der Türkei eintrug.

Donnerstag, 23. August 2007

Halt in der Kontingenz des Lebens, Logik der Forschung

mo 17° w / mi 24° s!

- Endlich Halt in der Kontingenz des Lebens: Die neue Steuernummer begleitet jeden Bürger von der Wiege bis zur Bahre. Vielleicht sollte man sie ihm gleich eintätowieren?

- Leserbrief zum Artikel Tönnies, Angst ohne Furcht, FAZ 22.8.07

Eine Erwärmung ist eine Erwärmung ist eine Erwärmung ... oder: Logik der Forschung

Ein Gespenst geht um, heißt es eingangs des Artikels Tönnies, Angst ohne Furcht, FAZ 22.8.07, und liefert so ein gutes Beispiel für die Endlosspirale sich selbst verstärkenden Denkens, das die Ausgangspunkte aus dem Blick verliert und überall ein Gespenst sieht, wo doch nur im Schlaf kritischen Denkens Gespenster an die Wand geträumt werden.
Triebkraft solcher Gaukeleien dürfte das Geltungsbedürfnis von Berufsmenschen sein, denen das Bohren dicker Bretter in der Wissenschaft und anderswo zu langweilig geworden ist und die sich gern einmal in der Propheten- und Weltretterpose probieren wollen, bei Tönnies fällt der Name Al Gore. Nicht zu unrecht. Dieser Kampagnenapostel mit seiner 30.000 $-Stromrechnung strebt mit seinem Panik-Film weltweite Wirkung an. Tönnies empfiehlt in diesem Kontext das Wiederlesen des „Prinzip(s) Verantwortung“ von Hans Jonas. Das hat seine Logik. Unter wohlklingenden Großetiketten lassen sich sekundäre Motive gut verstecken und Alarmismus gut verkaufen. Und in der Tat ähnelt sich die Umgangsweise mit den abstrakten Begriffen bei den Katastrophenaposteln und bei Jonas. Im Mittelpunkt steht ein holistischer Begriff NATUR, in dem die Obertöne des Garten Edens mitschwingen. Der Begriff NATUR ist aber weitgehend inhaltslos, weil er nur eine Differenz zur KULTUR ausdrückt, aber nicht erkennen läßt, daß es Myriaden von natürlichen Phänomenen gibt, die sich nicht sehr sinnvoll unter einem Begriff NATUR einordnen lassen, wenn es nicht um die Differenz zur Kultur geht. Diese Myriaden von natürlichen Phänomenen in ihrer unerschöpflichen Vielfalt und in ihrer Geschichte zu studieren und sich kurzschlüssiger Verallgemeinerungen in sokratischer und cusanischer Demut zu enthalten, dieser Aufgabe stellen sich viele Klimaforscher, stellt sich die Philosophie des Hans Jonas leider nicht. Ähnliches gilt für die Verwendung von hochaggregierten Begriffen wie LEBEN etc. Recht entlarvend schreibt Tönnies: “Die Philosophie der Gegenwart ist daran gehindert, die nötige Weltverbesserungsmentalität zu erzeugen ...“; dem will sie mit Jonas auf die Beine helfen. Mir scheint, seit Platons „Politeia“ mit seinem Menschenzüchtungsprogramm haben die Philosophen zuviel „Weltverbesserungsmentalität“ erzeugt; sie sollten vielleicht zur Abwechslung einmal ihre geologischen und biologischen Wissenslücken schließen, damit konkret, nüchtern und ohne Wissensanmaßung über die Vielzahl natürlicher Phänomenen und mögliche Handlungsimplikationen gesprochen werden kann. Das wird zum Beispiel in dem Film Al Gores nicht getan, der mit Bildern des verschneiten und schneelosen Kilimandscharos jongliert. Am 23.4.07 erfuhren wir in der FAZ, „ dass der Gletscherschwund des Kilimandscharo wenig mit der Temperatur, viel hingegen mit dem Niederschlag zu tun hat.“.
Aus Hypothesen dürfen nicht vorschnell Verantwortungsimperative geschmiedet werden.
Allen Beteiligten kann man die Lektüre von Poppers „Logik der Forschung“ wärmstens anempfehlen, um den Rahmen der Wissenschaft nicht zu überdehnen und Wissenschaft nicht für politische Missionen zu mißbrauchen.

- - "Verdrängt ... Dt. Die Studien, in denen die Symptome jugendlicher Gewaltbereitschaft beschrieben und Motive für ausländerfeindliche Exzesse analysiert werden, sind kaum noch zu überschauen. Doch lange suchen muss man nach fundierten Erklärungen dafür, wie es überhaupt dazu kommt, dass Jugendliche massenhaft der Trunk- oder Rauschgiftsucht verfallen und sich in autoritären Jugendbanden besser aufgehoben fühlen als in ihren Familien. Wie werden aus Kindern ich-schwache, manipulierbare, aggressive Jugendliche?

Der Kriminologe Pfeiffer, der es vor Jahren einmal wagte, eine Erklärung in der Krippenerziehung der DDR zu suchen, wurde niedergemacht. Wissenschaftlich widerlegt wurde er nie. Doch Unterstützer seiner These hat er auch nicht (mehr) gefunden. Dieses Eisen ist zu heiß, als dass jemand seine akademische Karriere dafür riskieren würde. Nur zu leicht gerät man dabei in Konflikt mit dem All-Parteien-Konsens in der Familienpolitik: der Anpassung der Familie an die Erfordernisse der Wirtschaft. Die hochgelobte staatliche Obhut für Kleinkinder jedoch wird ganz bestimmt keine selbstbewussten, emotional gefestigten Menschen hervorbringen. Sie züchtet, was man zu bekämpfen vorgibt. Auch da wird weggesehen."
Text: F.A.Z., 23.08.2007, Nr. 195 / Seite 1 Pfeiffer ist übrigens ein SPD-Mann und war bei Schröder Justizminister in Hannover.

- Geht doch, allerdings nicht dort, wo drittklassige Personnage regiert: "Tschechien führt einheitlichen Steuersatz ein
Einkommensteuersatz sinkt auf 15 Prozent / 19 Prozent Körperschaftsteuer
kps. RIJEKA, 22. August. Am 1. Januar 2008 tritt in einem weiteren EU-Land der einheitliche Steuersatz, Flat Tax genannt, für die persönliche Einkommenssteuer in Kraft." FAZ 23.8.

Mittwoch, 22. August 2007

Nährmittel Steuern

mo 11° R / mi 15° R/b Die Laubfrösche sind inzwischen handtellergroß.

Von Sonn' und Welten weiß ich nichts zu sagen,
Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.
Faust Vv. 379 f.

Und geplagt werden:
"Unverfroren
nf. Monat für Monat laufen Zehntausende Telekom-Kunden zu einem anderen Anbieter über. Jahr um Jahr kehren Hunderttausende Arbeitnehmer ihren Gewerkschaften den Rücken. Hat man deshalb gehört, dass einer von beiden nach staatlicher Hilfe gerufen hätte? Natürlich nicht. Das wäre ja auch noch schöner. Genau das aber machen nun die Parteien. Sie wollen die Löcher, die der starke Mitgliederschwund in ihre Kassen gerissen hat, vom Steuerzahler mit vielen Millionen Euro auffüllen lassen. Die Unverfrorenheit dieses Ansinnens ist kaum zu überbieten. Schon die bestehende Finanzierungsregel, nach der die Zuweisungen an die Parteien entsprechend der Preissteigerungsrate und der Zunahme der Nettoverdienste im öffentlichen Dienst angehoben werden, ist mehr als fragwürdig. Sie entspricht dem gleichen Geist, der schnell mal höhere Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger verlangt, weil die Milch teurer geworden ist. Warum sollen ausgerechnet Parteien und Arbeitslose einen automatischen Inflationsausgleich erhalten, während jene, die das alles finanzieren müssen, mit steigenden Preisen und Abgaben alleine gelassen werden? Wer - dazu noch fast unbedrängt von neuen Wettbewerbern - eine so miserable Politik betreibt, dass ihm die Mitglieder davonlaufen, hat sein Programm zu ändern oder sich der knappen Finanzlage anzupassen."
Glosse Wirtschaft F.A.Z., 21.08.2007, Nr. 193 / Seite 11
Wer dazu noch an den aufgehäuften staatlichen Schuldenberg denkt, dem fällt auch automatisch Max Webers Politikerunterscheidung ein:
solche, die für die Politik leben, und solche, die von der Politik leben (M. W., Politik als Beruf). Die letztere Sorte dürfte die sehr große Mehrheit bilden.

- Selbstverstümmelung eines Landes ohne Rohstoffe, da lachen die Inder und Chinesen und noch viele andere mehr:
In der einschlägigen Literatur für den weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid wird ein Wert von etwa 32 Milliarden Tonnen genannt, so daß der deutsche Anteil bei nur 2,7% liegt.
Würde man die Emissionen in Deutschland langfristig um insgesamt 20% vermindern können (ein sehr ambitioniertes Ziel), so würde das weltweit einer Verminderung um etwas mehr als 0,5% entsprechen, und eine Verminderung im deutschen Verkehrsbereich um 20% hätte einen weltweiten Effekt von 0,1%. Die zu erwartenden Zuwächse der Kohlendioxid-Freisetzung in den Entwicklungs- und Schwellenländern, z.B. Indien und China, würden die deutschen Einsparungen weit übertreffen.

- Wer modisch orientiert ist sollte doch überlegen, ob er nicht den Wasserstoff-Honda bestellen will, der nächstes Jahr für 150.000 € auf den Markt kommen soll.

Dienstag, 21. August 2007

Ontischer Holismus, Landesbanken, Foucault

mo 11° b / mi 19° w Dunkelheit 21.30h

- "Darwin leuchtet: Ein dreifacher Großstreit: Was ist der Mensch?" Trilogie im Meiner-Verlag. Rez. FAZ 20.8.07
Die holistischen Fragen, die bisher zu nichts Sinnvollem geführt haben, siehe Kant, bleiben reizvoll. Und natürlich ist die Arbeit am Menschenbild sinnvoll. Aber nur empirisch, im Kleinen. Mehr als eine Skizze kann daraus nie werden. Crick und Watson scheinen mir doch heute mehr zu leuchten als Darwin, ohne dessen Leistung schmälern zu wollen. Aber der Entwicklungsgedanke war schon bei Goethe deutlich formuliert, zuletzt im Faust II:
Da regst du dich nach ewigen Normen
Durch tausend, abertausend Formen,
Und bis zum Menschen hast du Zeit.
Vv. 8324 ff. (Thales zu Homunculus)

- Arbeit am Konzentrationsabbau: Nachrichtenunterlegung mit Musik (gilt auch für Geschichtsreihen wie ZEITZEICHEN in WDR 5)

- Landesbanken
Blind ins Risiko auf Kosten anderer

"Die Welt der Landesbanken gerät in Bewegung. In Amerika fing alles an: Banken vergaben zu großzügig Hypothekenkredite, die nun zum großen Teil nicht zurückgezahlt werden. Warum haben sich ausgerechnet öffentliche Banken aus Deutschland dort engagiert? Ein FAZ.NET-Spezial." Na, wenn der deutsche Steuerzahler bürgt.

- Ein Fall für den Datenschutzbeauftragten:
"Aachen
Serienmörder nach 17 Jahren gefasst
Der Aachener „Anhalter-Mörder“ ist gefasst. Ermittler stießen durch Zufall auf den Mörder von fünf Frauen, der die Taten zwischen 1983 und 1990 begangen hat. Der 51 Jahre alte Mann konnte durch seinen genetischen Fingerabdruck überführt werden."

- Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2007, Nr. 193, S. 9
Viagra-Rezept für Kinderschänder

PARIS, 20. August (dpa). Nach Bekanntwerden des Falls eines Gefängnisarztes, der einem Kinderschänder die Potenzpille Viagra verschrieben hatte, hat sich der französische Präsident Nicolas Sarkozy für die Sterilisation von Kinderschändern ausgesprochen. Er befürworte die chemische Sterilisation von Sexualstraftätern, sofern diese der Behandlung zustimmten, sagte Sarkozy am Montag. Am Ende ihrer Haftzeit sollen Sexualstraftäter in Frankreich künftig von Experten untersucht und falls nötig in eine geschlossene Anstalt eingewiesen werden. In den vergangenen Tagen hatte der Fall eines mutmaßlich rückfällig gewordenen Kinderschänders in Frankreich Aufsehen erregt. Der Gefängnisarzt des Mannes hatte am Montag zugegeben, dem Mann noch während der Haft Viagra verschrieben zu haben. Der 61 Jahre alte Täter war Anfang Juli entlassen worden und hatte anschließend einen fünf Jahre alten Jungen entführt und missbraucht. Bei der Festnahme des Mannes fand die Polizei bei ihm eine angebrochene Viagra-Packung. Der mutmaßliche Straftäter sagte, dass er das Medikament verschrieben bekommen habe. Unterdessen empfing der französische Präsident Nicolas Sarkozy den Vater des missbrauchten Jungen. "Er hat mir versprochen, dass die Gesetze verschärft werden und solche Täter nie mehr entlassen werden", sagte der Mann anschließend."
Der Mann hat seine Seminare bei Foucault ernstgenommen.
"Weniger Professuren in Deutschland
1451 Stellen in zehn Jahren gestrichen / Geisteswissenschaften besonders betroffen
oll. FRANKFURT, 20. August. Die geisteswissenschaftlichen Fakultäten haben in den vergangenen zehn Jahren 663 Professuren verloren." Das ist die große Chance, in den Geisteswissenschaften wieder Qualität einzuführen. Schwierig genug in der wolkigen Fakultät. Repräsentieren Foucault, Rorty und Habermas Qualität? Nicht im Vergleich mit Max Weber. Aber doch unter den 1000 Gartenzwergen der Phil. Fak. Das Problem bei diesen Spitzenschwaflern liegt in ihrem Desorientierungspotential, siehe den Arzt, der dem Sexualverbrecher Potenzmittel verschreibt.

- In der Mai-Nummer der Schweizer Monatshefte fürchtet der tschechische Staatspräsident Klaus aber ganz andere Gefahren. Drei interne Herausforderungen sind nach seiner Überzeugung besonders gefährlich für die Freiheit: der Sozialdemokratismus, der Europäismus, der Ökologismus. Der Sozialdemokratismus sei nichts anderes als eine weichgespülte Form des Kommunismus. Was Europa angeht, sei er immer ein Anhänger freundschaftlicher Zusammenarbeit unter den europäischen Ländern gewesen. Jedoch habe er stets darauf hingewiesen, dass der Drang zu einem immer enger verfassten Europa, die sogenannte "Vertiefung" der EU, die rasche politische Integration und die supranationalen Tendenzen - die nicht von einer authentischen europäischen Identität, einem europäischen Demos gestützt würden - Gift für die Demokratie und die Freiheit seien. "Die dritte Gefahr für die persönliche Freiheit tritt uns entgegen als Umweltbesessenheit. Ich teile die Besorgnis über eine allfällige Zerstörung der Umwelt, aber dies macht mich nicht blind für die Gefahr, die von der neuen Ideologie des Ökologismus ausgeht. Dieser Bewegung dient der Umweltschutz bloß als Vorwand. Hinter ihrer menschen- und umweltfreundlichen Terminologie verbirgt sich der Ehrgeiz ihrer Anhänger, die Welt, die Gesellschaft, unser Verhalten und unsere Werte radikal umzupolen und neu zu organisieren."

Montag, 20. August 2007

Geldpolitik, Rotchina, Kongo, Gentechnik

mo 11° R /mi 19° w
Ein schwieriges Feld:
"... Der pensionierte Präsident der amerikanischen Notenbank, Alan Greenspan, hatte wegen turbulenter Märkte häufig die Leitzinsen gesenkt - 1987 nach dem Börsen-Crash, 1998 beim Beinahekollaps des Hedge-Fonds LTCM sowie während der Kurseinbrüche zwischen 2001 und 2003. Kurzfristig haben die Liquiditätsspritzen gewirkt. Das gilt vor allem für 1987: Nach dem Crash im Oktober 1987 hatte Greenspan die Zinsen um 75 Basispunkte gesenkt und die Märkte mit Liquidität geflutet. Bereits Anfang Dezember 1987 hatte der amerikanische Aktienmarkt seinen Tiefpunkt durchschritten. Die Leitzinssenkungen hatten die Investoren vor weiteren Verlusten bewahrt. Damit haben sie ähnlich gewirkt wie Verkaufsoptionen, auch Puts genannt. Diese räumen Anlegern die Möglichkeit ein, Aktien zu einem festgesetzten Kurs zu verkaufen, auch wenn der Kurs am Markt eingebrochen und somit niedriger sein sollte.

Aber die Greenspan-Puts hatten regelmäßig die Liquidität aufgebläht, das Risikobewusstsein eingeschläfert und neuen Übertreibungen Vorschub geleistet. Noch nie ist diese problematische Seite des Greenspan-Puts so klar geworden wie zuletzt: Die amerikanischen Unternehmen hatten 2001 begonnen, ihre während der Aktienhausse in die Höhe geschossenen Schulden zu reduzieren und ihre Bilanzen zu reparieren. Aber die amerikanischen Konsumenten haben seitdem das Gegenteil gemacht. Angestachelt durch Greenspans Niedrigzinsen, haben sie Hypothekenschulden aufgetürmt, leichtfertig Immobilien gekauft und deren Preise in die Höhe getrieben. Im Frühjahr dieses Jahres wurde klar, dass immer mehr Bürger ihre Darlehen nicht bedienen können, die amerikanische Immobilienkrise nahm ihren Lauf. Sie geht maßgeblich auf den Greenspan-Put zurück. ..."
F.A.Z., 20.08.2007, Nr. 192 / Seite 22
Marc Faber meinte letzte Woche, ohne die Zentralbanken und ihre Interventionen seien wir alle reicher.

- Wieder ein sehr informativer Beitrag von Matthias Rüb! Die Entwicklung an der Straße von Taiwan ist besorgniserregend. :

"Militärische Macht
Das Pentagon warnt vorm chinesischen Drachen
Von Matthias Rüb, Washington ... Militärisches Hauptaugenmerk Chinas auf Taiwan

China lässt die Welt über die strategischen Gründe seiner Aufrüstung im Unklaren. Amerikanische und internationale Rüstungsfachleute sind sich jedoch darüber einig, dass die Modernisierung der veralteten Ausrüstung der chinesischen Streitkräfte längst nicht mehr der einzige Grund für die wachsenden Militärausgaben sein kann. Denn Chinas Aufrüstung begann, als der regionale und weltanschauliche Rivale Sowjetunion von der Bühne der Weltgeschichte abtrat und keine militärische Bedrohung mehr darstellte. In die gleiche Zeit fielen (inflationsbereinigt) sinkende Militärausgaben Taiwans, während sich auch das von Wirtschaftskrisen geschüttelte Japan - der einzige potentielle Großmachtrivale in der Region - allenfalls ein stagnierendes Militärbudget leistete.

Nach wie vor liegt Chinas militärisches Hauptaugenmerk auf Taiwan. Peking verstärkt sein auf Taiwan gerichtetes Raketenarsenal nach amerikanischen Erkenntnissen jährlich um etwa 100 Kurzstreckenraketen und hat inzwischen fast 1000 Abschussrampen mit Raketen, die Taiwan erreichen können, am Westufer der Straße von Taiwan errichtet. Zudem sind fast 400.000 Mann der Volksarmee in der Region stationiert. ..." FAZ 20.8.07

- Kongo / Katanga : Globalisierung als neue Chance oder alte afrikanische Mißwirtschaft?
"... Die Demokratische Republik Kongo (Kongo-Kinshasa) gilt als eines der rohstoffreichsten Länder der Welt. Von Holz über Wasser und Diamanten bis hin zu seltenen Erzen wie Coltan, Uran und Kobalt findet sich nahezu alles, wobei speziell die Kupfer-, Kobalt- und Uranvorkommen in der südlichen Provinz Katanga konzentriert sind. Die Bergbauprovinz war seit jeher der wirtschaftliche Motor Kongos, sowohl unter belgischer Kolonialverwaltung als auch nachdem Kongo 1960 von Belgien in die Unabhängigkeit entlassen worden war. Die blühende Bergbauindustrie aber verfiel im Laufe der Jahre durch unglaubliche Korruption und Missmanagement, und heute gibt es nicht einmal mehr eine Straße, die Lubumbashi, die Hauptstadt von Katanga, mit der Regierungshauptstadt Kinshasa verbindet. Gleichwohl ist Katanga nach den ersten freien Wahlen in der Geschichte Kongos im vergangenen Jahr zum neuen Mekka der internationalen Bergbaukonzerne geworden. Hintergrund ist die Nachfrage nach Kupfer und Kobalt aus China und Indien, die zu Preissteigerungen von bis zu 150 Prozent geführt hat. Katanga verfügt über rund ein Zehntel aller weltweit bekannten Kupfervorkommen und wohl über knapp die Hälfte des mittlerweile extrem teuren Kobalts. ..."

Text: F.A.Z., 20.08.2007, Nr. 192 / Seite 12

- Der Irrationalismus nimmt zu:
"Gentechnik
Wohliger Ekel
Von Christian Schwägerl
Von liebevollen Menschen herangezogen? Mitnichten
26. Juli 2007 FAZ
Wer hat vor Gentechnik in Lebensmitteln keine Angst? Nur Menschen, so scheint es, die bei Fastfood-Ketten frühstücken, schimmliges Brot essen und sich auch sonst nicht sonderlich darum scheren, was sie ihrem Körper zumuten. Die große Mehrheit ist dagegen, sagt der Ernährungsminister, und richtet sich, statt aufzuklären, nach der kollektiven Angst. Als drohe die Pest oder Schlimmeres, lässt Horst Seehofer Äcker, auf denen genveränderte Pflanzen wachsen, mit Sicherheitskorridoren umgeben, Spuren von Gentechnik mit Labortests verfolgen und schreibt Warnhinweise auf Verpackungen vor.

In den Kirchen wird gegen den „Eingriff in die Schöpfung“ gepredigt, in bayerischen Städten verbieten CSU-Bürgermeister den Anbau von „Gen-Pflanzen“ auf kommunalem Pachtland, in Bio-Supermärkten wird „Frei von Gentechnik“ als Qualitätsmerkmal und Kaufanreiz präsentiert, was allgemeinen Beifall findet, vom Stammtisch in Niederbayern bis zur schwulen Bio-Einkaufsgemeinschaft in Kreuzberg.

Ein selbstverstärkendes System

Den Verbrauchern wird es leichtgemacht, pauschal gegen Gentechnik zu sein. Dort, wo gentechnisch veränderte Lebewesen längst eingesetzt werden, als Futtermittel für Rinder und Schweine beispielsweise und als bakterielle Fabriken für Vitamine und Enzyme, erfahren sie nichts davon. Eine umfassende Kennzeichnungspflicht für alle Produkte, die mit Hilfe genveränderter Organismen hergestellt werden, haben die „Verbraucheranwälte“ in der Regierung soeben verhindert - wohl wissend, dass sonst auf fast allen Produkten ein Gentechnik-Zeichen zu finden wäre. Was eine Massenhysterie auslösen würde - oder einen raschen Gewöhnungseffekt. Produkte wiederum, für die eine Kennzeichnung vorgeschrieben ist, bekommt der Verbraucher gar nicht zu sehen: Vor nichts haben die Lebensmittelketten mehr Angst als vor der Angst ihrer Kunden. Ein selbstverstärkendes System.

„Ohne Gentechnik“ - wie natürlich das klingt. Fast wie: Meine Lebensmittel kommen aus dem Garten Eden. „Ohne Gentechnik“, das signalisiert: alles in Ordnung, diese Karotte wurde von lächelnden und liebevollen Menschen herangezogen. Keine Gentechnik, und schon ist das Gewissen rein. Pestizide, Pilzgifte, Wasserverschwendung für Treibhausware, alles halb so wild. Hauptsache, keine Gentechnik. ..."