Mittwoch, 14. November 2012

Hallo Xi Jinpin





Jetzt übernehmen wir mal China und die Han-Chinesen -traditionelle Mandschu-Kleidung nach der Eroberung


(Bild: Wiki./Solon)




Was haben einzelne, schlaue Chinesen nicht alles erfunden! 
Schießpulver, Papier, Druck - da sollte doch die moderne “rationale Staatsanstalt” (Max Weber) auch dabeigewesen sein. War sie aber nicht. China hatte große Modernisierungsprobleme, aus denen erst die Gegenwart nach schlimmen Katastrophen herausführt.  

Was mag der Grund, oder einer der Gründe, gewesen sein? Warum gab es keine Magna Charta (1215) in China? Ihr Grundbesitz erlaubte es den englischen Baronen, der Zentralgewalt, dem König, Rechte abzutrotzen. Und zum chinesischen Grundbesitz schreibt Max Weber: 
“Soviel ersichtlich, war das politische Lehenswesen in China nicht primär mit der Grundherrschaft (im okzidentalen Sinn) als solcher verknüpft. Sondern beide sind, wie in Indien, aus dem »Geschlechterstaat« erwachsen, nachdem die Häuptlingssippen den alten Banden des Männerhauses und seiner Derivate sich entzogen hatten.” 
(Weber, Konfuzianismus und Taoismus, Feudaler und präbendaler Staat, Ges. Aufsätze zur Religionssoziologie I, S. 314)   

Der Münsteraner Sinologe Reinhart Emmerich bestätigte aus seiner Sicht, daß die Institution des Grundbesitzes nicht garantiert war, da alles Land grundsätzlich "Kaiserland" gewesen sei. (AdW-Vortrag 18.7.12) 
Der Grundbesitz der kleinen Eigentümer sicherte in England die Rechte gegen die totale Machtanmaßung der Krone und ebnete früh den langen Weg zur Bürgergesellschaft und Zivilgesellschaft. In China und in allen Gesellschaften mit starker Zentralmacht (etwa Persien, Ägypten) aber nicht.  
Im 17. Jahrhundert eroberten die Mandschu die Han-Chinesen und verpaßten ihnen zwangsweise einen Zopf und noch manches mehr. Das veränderte aber die Kopfinhalte der Mächtigen nicht. Sie führten keine Landreform durch, richteten keine Gewerbeschulen ein, ließen keine freien Reichsstädte zu, keine Gewerbefreiheit, sie setzten auf literarische und verwaltungsjuristische Bildung (und Schönschreiben!) statt auf Handel, Wandel und Marktwirtschaft. Die Mandschu-Qings herrschten bis zur Republik 1911. Nach kurzer Zwischenzeit kamen Kommunisten und Japaner. 

Etwas, was viele Katholiken, ausgenommen solche wie Abtsprimas Notker Wolf, nie begreifen werden: Nicht richtiges und moralisches Denken führen zu den individuellen Freiheitsrechten, sondern Gewerbefreiheit, Eigentumsrechte, Wettbewerb und Leistungsorientierung - kurz: Marktwirtschaft. Deng scheint das in China  vor dreißig Jahren ansatzweise begriffen zu haben. Seine Marktreformen lassen die politische Diktatur China heute besser dastehen als das demokratische Indien. Vom religiösen Katastrophenland Pakistan nicht zu reden. Die alte Pekinger Führung ist jetzt auf dem 18. Parteikongreß abgetreten. Der neue Parteichef Xi Jinpin gilt als marktfreundlich. Trifft das zu, dann wird es mit der Entwicklung des Landes weitergehen. Man wird sehen.  








Dienstag, 13. November 2012

FR am Ende?






Ginkogold - heute wenig Wind, aber wunderbare Farben

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU hat heute Insolvenz angemeldet. Lange her, daß ich sie abonniert hatte. Ich freue mich, daß dieses Linksblatt, das jeden Morgen in der Presseschau vertreten war, demnächst vielleicht nicht mehr dort erscheinen könnte. Denn die FR-Inhalte Marke “SPD-Hessen-Süd” gibt es ja auch bei der taz und anderswo.
Etwa bei der teuren Windkraft und dem extrem teuren Sonnenstrom.
Jeden Monat dieses Jahres wurde dieser subventionierte Strom exportiert. Ein wunderbares Geschäft, für das Ausland, das die FR nie würdigte: Durch die Vorrangeinspeisung und die EEG-Subvention macht dieser teuer erzeugte Strom die Verkaufspreise im Inland kaputt und bei viel Windanfall muß der Strom schnell weg zu niedrigsten Preisen, gratis oder sogar kostenpflichtig.

Ein besonders idiotisches Projekt trägt den Namen “Desertec”: Photovoltaik-Strom aus der Sahara. Nach Siemens hat sich jetzt auch Bosch davon verabschiedet. Da werden die Islamisten Nordafrikas aber trauern. Schönere Attentatsziele können sie sich kaum vorstellen, von christlichen Kirchen einmal abgesehen.  

Montag, 12. November 2012

Hier stehen wir





Da sieht man sofort, daß dieses calvinistische Paar in Pennsylvenia um 1900 vor ihrem neugotischen Holzhaus nicht überschuldet ist!









Die USA könnten die Montage ihrer Produkte aus China zurückholen, sie sind der Hund, China ist der Montageschwanz. Für die chinesischen Auftragsnehmer, die außer Tonnenideologie wenig zu bieten haben, besteht also eine größere Abhängigkeit von den USA als umgekehrt. 
Bedenklich in Amerika ist das Schuldenmachen, Obama hat die Staatsschulden des Bundes um 5,1 Billionen USD auf 11 Billionen gesteigert und wurde wiedergewählt. Wenn diese Mentalität anhält, die ja auch destruktiven Hedonismus beinhaltet, geht Amerika den Eurozonen-Weg: unkontrollierte Verschuldung und Gouvernantenstaat.  

Sonntag, 11. November 2012

Selbstzünder







Rudolf Diesel (1858-1913), ein halber Nürnberger






Ich trage ja weder Diesel-Jeans noch nenne ich einen Diesel-Motor mein eigen. Aber der Diesel-Motor hat doch so große Vorteile, anders als die Hosen, daß die schicken MAN aus der Maschinenfabrik Augsburg Nürnberg ausschließlich damit fahren. Nicht nur von Augsburg nach Nürnberg und zurück, nein, Dieselloks fahren auch von Ulm über Heidenheim nach Nördlingen und Nürnberg und noch weiter. Der Bau dieser Eisenbahnlinie bewog 1868 den feinsinnigen und freigeistigen Vater Robert Boschs, Servatius Bosch, seinen Verkehrsgasthof in Albeck aufzugeben und nach Ulm zu gehen. 

Den Diesel-Motor erfand und entwickelte unter Überwindung größter Schwierigkeiten Rudolf Diesel, dessen Großvater Johann Christoph seinerzeit Memmingen verlassen hatte, um nach Augsburg zu gehen. Weniger wegen der protestantischen “Confessio Augustana”, dem Augsburger Bekenntnis, sondern des damit zusammenhängenden Gewerbereichtums wegen. 1534 hatte sich Augsburg der Reformation angeschlossen. Er war Buchbinder, und sein Sohn Theodor, der Vater Rudolfs, blieb in diesem Gewerbe. Memmingen spielte im Bauernkrieg der Reformation eine sehr protestierende Rolle und verlangte freie Predigerwahl (“12 Artikel in Memmingen”). Die halbe Revolution von 1848 zog Theodor Diesel in ihren Bann, ihr Scheitern ließ ihn ins revolutionär gesinnte Paris auswandern. Geheiratet hatte er zuvor eine Nürnbergerin aus handwerklich-geschäftsbürgerlicher Familie, die dort den kleinen Rudolf gebar, der sich schon als Knabe für alles Mechanische interessierte und die Industrieschule in Augsburg besuchte. Hier vereinigten sich die Maschinenfabrik Augsburg und die Krupp AG später, um Rudolf Diesel die Gelegenheit zur Umsetzung seiner Motor-Idee zu geben. Nach großen Mühen und mit protestantischer Sturheit, die bekanntlich schon Luther auszeichnete, gelang das 1896. Leider war der Pionier Rudolf Diesel als Unternehmer weniger erfolgreich, er nahm ein trauriges Ende.

Heute, wo an jeder Ecke, sogar im katholisch-närrischen Köln, eine Ingenieurschule steht, spielen konfessionelle Standortfragen eine geringere  Rolle, zumal sich die konfessionellen Milieus seit Jahren auflösen und die Konfessionen in Sozialarbeiterideologien abgleiten. Der erreichte Wohlstand höhlt zudem den Disziplinaufbau, die Wissensorientierung, die innerweltliche Askese (Sparsamkeit, aufgeschobene Bedürfnisbefriedigung) des alten Protestantismus langsam auf. Dennoch dürfte sein Erbe noch geraume Zeit nachwirken. Wer den kulturellen Faktor der regionalen konfessionellen Tradition nicht veranschlagt, dem kann es so gehen wie Nokia im orthodoxen, nachkommunistischen Rumänien. Nokia gab sein Werk wieder auf, nicht zuletzt wegen Arbeitsdisziplinproblemen.

Samstag, 10. November 2012

Unfromme Gesetze



Jean Bodin (1530-1596) studierte in Paris auch den Petrus Ramus und kam zu dem Schluß, daß die Konfession Privatsache sei. Jedenfalls fast.






Ausgangspunkt und Ermöglichungsbedingung einer autonomen Moral ist in dieser Rekonstruktion demnach die in der frühen Neuzeit eingeleitete säkulare Begründung des Rechts: Ohne "Leviathan" keine "Kritik der praktischen Vernunft". Diese Genealogie liegt quer zu den üblichen Schilderungen der Entstehung der modernen Ethik, in denen weder den Staatslehren Hobbes' noch Bodins Platz eingeräumt wird. Sie plausibel gemacht zu haben stellt eine bedeutende Leistung dar”, schreibt Michael Pawlik in seiner Rezension von Holger Glinkas "Zur Genese autonomer Moral" (FAZ 8.11.12). In der Tat. 

Bodin, der Zeitgenosse der Reformation, gewinnt den Eindruck, daß die Neuerungen Luthers, Calvins und Zwinglis nicht mehr rückgängig zu machen seien und verweist die Frage nach der “wahren” Religion an die Gläubigen selbst. Fürst und Staat sollen sich der Rechtsanbindung an die Religion entledigen. Wie grundlegend diese Entwicklung ist, wird deutlich, wenn dieser Tage ein Gynäkologieprofessor für die Beschneidung von Mädchen aus religiösen Gründen eintritt. 

(“Der ägyptische Gynäkologe Mohamed Kandil hat in der medizinischen Fachpublikation F1000 Research das Recht der Eltern auf Beschneidung ihrer Töchter gefordert. Der an der Kairoer Universität lehrende Frauenarzt fordert auch westliche Staaten dazu auf, die Genitalverstümmelung von Mädchen nicht länger unter Strafe zu stellen, weil das bei Muslimen aus religiösen Gründen geboten sei und das Verbot der Genitalverstümmelung den Islam beleidige.” Ulfkotte, Kopp online)
Die Trennung von säkularem Recht und religiösen Vorstellungen macht auch den Weg frei für eine auf die subjektive Prüfung gestellte Ethik, wie sie Kant in der PRAKTISCHEN VERNUNFT vertritt. Bereits in der Reformation angelegt wird der Gewissensentscheid als letzte Instanz inzwischen auch bei den Katholiken anerkannt. (Was aber der Herde nicht laut gesagt wird.) Das unterstreicht die Wirkungsmächtigkeit der Reformation. 


Ich habe mich gelegentlich gefragt, wie der katholische Plettenberger und Staatsrechtler Carl Schmitt so weit ins Braune abdriften konnte, denn das katholische Milieu war antinazistisch eingestellt; die braune Bewegung predigte bekanntlich eine Art germanisches Neuheidentum, das den Katholiken nicht gefallen konnte. Dem Antiliberalen Schmitt ging die autonome Ethik mit ihren Folgen zu weit, da war er ganz katholisch, aber er erwartete vom Staat rigide, antiliberale Normsetzungen, die sein Führer dann auch besorgte, allerdings immer mehr gegen Schmitts katholische Kirche.
Die autonome Moral hat es nicht einfach, der kategorische Imperativ stellt höchste Anforderungen an Wissen und Abstraktion. Aber die Selbstlenkungskompetenz des Individuums wurstelt sich durch und kommt gelegentlich zu großen Ergebnissen. Das wollen wir doch nicht missen. Hinter die Subjektivierung durch die Reformation führt im Westen kein Weg zurück.