Dienstag, 3. März 2015

Sie erpressen den Steuerzahler



Es wird wieder gestreikt im Öffentlichen Dienst. Das heißt, die Gewerkschaft verdi will mehr Geld von den Steuerzahlern. Das ist eine Schweinerei, weil die Angestellten des Öffentlichen Dienstes praktisch unkündbar sind und daher ungefährdet zum Mittel der Nötigung und Erpressung greifen können. Und weil sie das Geld von Dritten, eben den Steuerzahlern, erpressen wollen. Die sind aber nicht Teil der Verhandlungen. Sie können sich auch nicht wehren. Daher muß die Rechtsschöpfung dahin gelangen, nur diejenigen Arbeitskämpfe im Bereich des Öffentlichen Dienstes zu akzeptieren, die keine Streikmaßnahmen beinhalten.

Artikel 9 GG

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.























Montag, 2. März 2015

Von Epikur bis Jefferson








Thomas Jefferson um 1800 (1743-1826)(Bild: Wiki./Rembrandt Peale)






Leben, Freiheit und das Streben nach Lebensglück nennt die Unabhängigkeitserklärung der USA von 1776 als unverzichtbare Rechte:
“certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness”.
Alle drei sind für die Zeit revolutionär, in Europa herrschen noch Adel und Monarchien, die ihre Bürger als Söldner verkaufen. Die Adel beutet noch in der Allianz mit dem Klerus den Dritten Stand aus. Zwei der Rechte wurden vorbildlich für spätere, bürgerliche Verfassungen, die Rechte auf Leben und Freiheit, doch mit dem Lebensglück taten sich europäische Staatsrechtler schwer. Sie schwärmten eher - gut hegelianisch - von der höheren Sittlichkeit des Staates. Das paßt(e) besser zu Untertan, Gehorsam, Uniform und Nation. 

Wie aber kommt das Lebensglück in die amerikanische Verfassung?
Da fällt uns doch das riesige Schriftdenkmal des Diogenes von Oinoanda (um 140) ein: „… wie may enjoy happiness through attainment of the goal craved by nature.“ (Übersetzung Martin Ferguson Smith, a.a.O., S. 12)

Da ist sie, die Happiness. Die Eudämonie des Epikur. Denn Diogenes war ein Freund Epikurs (341-270), der für ein glückliches Leben plädierte, nicht für Ruhm, Größe, Würde, Luxus, Sex und Amüsement. Die Philosophie, seine Philosophie, sollte dazu den Weg weisen.  
Und so erreichte die Happiness Thomas Jefferson, der sich als Epikureer verstand und den Entwurf für die Unabhängigkeitserklärung verfaßte. 









Ein kleines Bruchstück aus der riesigen Inschrift; im oberen Segment maßen die Buchstaben 3 cm

(Bild aus EPIGRAPHICA ANATOLIA, Heft 45, 2012, S. 10; s.a. www.dainst.org/de/project/oinoanda?ft=all )(Vgl. auch Blogeintrag v. 27.11.11)

Sonntag, 1. März 2015

Hat auch Timbuktu erobert





Was? Reißt da etwa noch ein Indochinese das Maul auf am Tonkin? 
General Vorwärts zwischen Indochina, Sudan, Madagaskar und Frankreich - Joseph Joffre (1852-1931)



„Die Franzosen praktizierten im eigenen Land, was sie den Russen predigten“, schreibt Christopher Clark in dem Unterkapitel „Paris forciert das Tempo“ (Clark, Schlafwandler, S. 397) 

„Nach der Ernennung von Joseph Joffre zum Generalstabschef im Juli 1911, auf dem Höhepunkt der zweiten Marokkokrise, lag die französische Strategie in den Händen eines Mannes, der sich der Theorie der ‚offensiven Schule‘ verschrieben hatte. … Joffre änderte den Plan XVI dahingehend, daß ein aggressiver Vorstoß durch das Elsaß in deutsches Territorium möglich war, weil er überzeugt war, daß ‚allein die Offensive die Möglichkeit biete, den Willen des Gegners zu brechen.‘… plädierte Joffre für einen Präventivschlag durch belgisches Gebiet.“ (a.a.O., S. 398) 

Die ‚offensive Schule‘ wurde auch durch die Militärs Conrad in Wien, Moltke in Berlin und Henry in London vertreten. Daraus ergab sich das Paradox, daß auch ein Verteidigungskrieg aggressiv beginnen müsse. Der Politik bereitete das Darstellungsschwierigkeiten. Weitsichtig löste Poincare das Problem, „indem er eine äußerst aggressive Auslegung des casus foederis (Bündnisverpflichtung, WD) im Osten mit einem defensiven Ansatz an der französischen Grenze kombinierte.“ (a.a.O., S. 399) 
Man hätte sich wünschen können, daß der französische Ansatz noch defensiver hätte sein können und sich auf die Verstärkung der Grenzbefestigungen verlegt hätte - wäre das nicht auch für Berlin die bessere Alternative gewesen? Schwer zu sagen, wenn schon zwischen Russen und Briten die Anlandung von Truppen in Pommern besprochen worden war. Jedenfalls war es falsch, Serbien dieses Ultimatum zu stellen und sich dadurch in Zugzwang zu bringen. Aber das Ultimatum war moderat und entsprach dem, was man in dieser Zeit unter „Ehre und Würde der Nation“ verstand. Wie auch ein Mitglied der Monarchie die „Ehre und Würde der Nation“ verkörperte. 

Das räumte den Monarchen Rechte qua Geburt ein, die es den Ländern nicht erlaubte, diese Dilettanten aus dem Verkehr zu ziehen - der unsägliche Prinz Charles versucht auch noch im 21. Jahrhundert, sich in die Politik des Landes einzumischen. Es bleibt wohl nur die Einsicht, daß zwischen 1900 und 1914 die innovativen Köpfe in Europa fehlten, die sich gegen die Kriegsparteien in allen Hauptstädten des Kontinents erfolgreich hätten durchsetzen können. Immerhin gab es auch die "Tauben" überall, sie unterlagen aber den aggressiven Kräften. 





Samstag, 28. Februar 2015

RELIGION UND KRIEG







Der Religionswissenschaftler Hartmut Zinser hat ein neues Buch vorgelegt: RELIGION UND KRIEG. 

Alle Religiösen führen Krieg, oder haben ihn geführt, befindet Zinser darin. Ohne Ausnahme. 
Für den verworrenen Dreißigjährigen Krieg kam Golo Mann zu dem Schluß, daß Menschen immer einen Grund finden, einander totzuschlagen. 
Es sind also nicht die Religionen als solche, die kriegstreibend sind, sondern Männer finden Gründe für Aggressionen, und zu den Gründen zählen auch religiöse. Sie eignen sich besonders gut, weil sie Kämpfer stärker motivieren können als profane Gründe. Und da ist man wieder bei Zinser, der fordert, daß die Religionen alles entfernen, was kriegsfördernd sein könnte. Im Neuen Testament gebe es nur zwei Stellen, die aggressiv interpretiert werden könnten. Im Koran aber sehr viele, wie man hinzufügen darf. Zudem kommentieren die vier Evangelien sich gegenseitig, und die schwergewichtigen Paulus-Briefe bilden den friedfertigen Superkommentar dazu. Deswegen konnten sich die Kriegsparteien im Dreißigjährigen Krieg auch gar nicht auf das Neue Testament und den sog. Christus berufen und taten es auch nur indirekt. 
In diesem europäischen Krieg ging es um Macht und Einfluß zwischen vor allem Paris, Schweden und Wien. 
Die Eintext-Rechtsreligion des Mohammedanismus befindet sich dagegen noch auf einer völlig naiven Stufe von Textverständnis, die es erlaubt, blutrünstige Koranverse als direkte wortwörtliche Offenbarung zu verwenden. 







Freitag, 27. Februar 2015

In dieser Welt wuchs Putin auf






Ohne die Pariser Verträge Adenauers wäre möglicherweise ganz Deutschland von Stalin geschluckt worden.

Eine Erinnerung an Stalins Herrschaft, die Putin im Nachgang geprägt hat:
"Lisas Mann wurde als Anhänger Sinowjews verhaftet. ("Wenn ich gewusst hätte, dass er Lenin verraten hat, hätte ich ihn eigenhändig erwürgt", sagte Lisa.) Dann wurde sie ebenfalls inhaftiert. Einmal erhielt Lisa einen Brief von Soja. Er traf am späten Samstag ein, dem Tag, an dem Häftlinge ihrerseits schreiben durften. Lisa saß gerade über einem Brief. "Liebe Mama, ich bin nun fünfzehn Jahre alt und möchte dem Komsomol beitreten. Deshalb muss ich wissen, ob Du schuldig bist oder nicht. Immer wieder denke ich: Wie konntest Du unsere Sowjetmacht verraten? Schließlich ging es uns so gut, und Du und Papa wart Arbeiter. Ich erinnere mich, wie schön unser Leben war. Du hast Seidenkleider für uns geschneidert und uns Süßigkeiten gekauft. Hast Du das Geld wirklich von ,ihnen'" - gemeint sind die "Volksfeinde" - "bekommen? Es wäre besser gewesen, wenn Du uns in Wollkleidern hättest herumlaufen lassen. Aber vielleicht bist Du gar nicht schuldig? Dann werde ich dem Komsomol nicht beitreten und ihnen Deinetwegen niemals verzeihen. Wenn Du doch schuldig bist, dann werde ich Dir nicht mehr schreiben, denn ich liebe unsere Sowjetregierung und hasse ihre Feinde. Und ich werde Dich hassen, wenn Du zu ihnen gehörst. Mama, sag mir die Wahrheit. Am liebsten wäre es mir, wenn Du unschuldig bist, obwohl ich dann dem Komsomol nicht beitreten kann. Deine unglückliche Tochter Soja."


Lisa hatte bereits drei der vier erlaubten Seiten für den Brief verbraucht, den sie an Soja schrieb. Sie überlegte einen Moment lang und bedeckte die letzte Seite mit mächtigen Großbuchstaben: "Soja, Du hast recht, ich bin schuldig. Tritt dem Komsomol bei. Dies ist das letzte Mal, dass ich Dir schreibe. Seid glücklich, Du und Ljalja. Mutter."


Lisa zeigte Olga die beiden Briefe und schlug dann mit der Stirn auf die Tischplatte. Tränenerstickt sagte sie: "Es ist besser, wenn sie mich hasst. Wie soll sie ohne den Komsomol leben - als Fremde? Sie würde die Sowjetmacht hassen. Es ist besser, wenn sie mich hasst." Von diesem Tag an, erinnert sich Olga, "ließ Lisa nie mehr ein Wort über ihre Töchter fallen und erhielt keine Briefe mehr".

Aus Orlando Figes, Die Flüsterer, 2012

Die zwei Spielarten des Totalitarismus, Faschismus und Kommunismus, unterscheiden sich nicht in ihrem hohen Aggressionspotential, sondern in der Hauptrichtung ihrer Aggressivität. Der Faschismus richtet sie vor allem nach außen, der Kommunismus zuvörderst nach innen. Doch so, wie der Faschismus auch nach innen verfolgte und mordete, so wandte sich auch der Kommunismus nach außen und schuf sich Kolonien nach ideologischem Muster. Putin verfolgt eine variierte Breschnew-Doktrin. 

Auch auf der Krim müssen inzwischen manche flüstern:

"Krimtataren wurden bedroht, gefoltert und entführt"
Beim Thema Menschenrechte fällt die Bestandsaufnahme allerdings weniger hoffnungsvoll aus. Amnesty International (AI) zeichnet seit der Annexion der Krim durch Russland ein düsteres Bild, vor allem was den Umgang der russischen Behörden mit der turksprachigen Minderheit der Krimtataren anbelangt. Auf Anfrage von FOCUS Online lässt die Fachreferentin für Europa und Zentralasien, Marie Lucas, wissen: "Besonders die Krimtataren erleiden Verfolgung und Diskriminierung durch die de-facto Behörden der Krim. Wir haben zahlreiche Fälle recherchiert, in denen Krimtataren bedroht, entführt und gefoltert wurden. Von mindestens sieben Männern fehlt noch immer jede Spur und die de-facto-Behörden unternehmen nichts, um ihr Schicksal und andere Menschenrechtsverletzungen aufzuklären." Außerdem seien auch pro-ukrainische Aktivisten immer wieder Verfolgung und gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt.

"Zudem gelten die repressiven russischen Gesetze, mit denen die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeschränkt werden, nun auch auf der Krim", so Lucas weiter. "So sind beispielsweise kritische Demonstrationen nur noch sehr eingeschränkt möglich und Teilnehmer ungenehmigter Protestveranstaltungen müssen bei wiederholten Verstößen mit hohen Geldstrafen oder mehrjährigen Haftstrafen rechnen."
"Ukrainer und Russen waren Brüder"
Und während in der Schwarzmeerstadt Sewastopol mittlerweile Putin-Shirts verkauft werden und der russische Präsident von vielen Neu-Russen als Held gefeiert wird, können manche Krim-Bewohner auch gut ein Jahr nach der Rede Putins im Georgssaal des Kremls noch nicht so recht begreifen, was damals passiert ist. Der österreichische Radiosender "Ö1" berichtet etwa von der ukrainischen Händlerin Svetlana aus Sewastopol. Auch sie verkauft Putin-Shirts. Svetlana sagt der Reporterin unter Tränen: "Ukrainer und Russen waren Brüder, jetzt vernichten sie einander. Das zerreist mein Herz. Auch, dass man uns den Mund verbietet. Wenn hier ukrainische Volkslieder gesungen werden, rückt sofort die Polizei an."