Donnerstag, 14. Februar 2008

Nur Assimilation bringt auch Integration. Kernenergie

Nachtfrost, mi 8° s

- "Bärendienst. Bei den Überlegungen von Georg Paul Hefty, was wohl den entscheidenden Durchbruch für Frau Ypsilanti bei den hessischen Landtagswahlen 2008 ... sich allein während der Kohl-Regierungszeit der Anteil ausländischer Mitbürger in Deutschland von rund dreieinhalb Millionen auf über sieben Millionen erhöht hatte. ..." 13.2. FAZ
- Türkei - Islamisierung oder Demokratie?
Ihre öfter wiederholten Ausführungen über die neue anatolische Mittelschicht, die im Namen der Demokratie die kemalistische Elite ersetzen soll, ... Die führenden AKP-Politiker sind keine Europäer und verstehen die Rationale der Säkularisierung nicht. ... Wetteifern der MHP mit der AKP um die Islamisierung der Türkei, damit sie enteuropäisiert wird ..." Sükan Gürkaynak, Bad Windsheim 13.2. FAZ LB
- "Die Schule der Türken. Nur Assimilation bringt auch Integration.
Bereits vor mehr als einem Jahrzehnt, als zumindest die Welt der Multikulturalisten noch in Ordnung schien, begann eines ihrer Prestigeprojekte ...", die zweisprachig türkisch-deutsche Schule: Deutsche und türkische Mittelschicht zogen weg. FAZ 13.2.

- "Islamisten vergessen niemanden. Die dänische Polizei hat ein Attentat auf einen Zeichner vereitelt, der für die Zeitung "Jyllands-Posten" den Propheten Mohammed karikierte. ..." 13.2.
- "Gitarretragen ist nicht verboten. Irans Revolutionsführer Ajatollah Chomeini duldete im Gottesstaat nur Marschmusik. "14.2.

- Die Welt setzt auf Kernenergie: China hat in den letzten drei Monaten sechs neue Kernkraftwerke bestellt. In Indien wird ein Schneller Brüter gebaut. In Europa liegt Frankreich weiter an der Spitze. Die Bauarbeiten an der 1600-Megawatt-Anlage Famanville haben begonnen.

- Zumwinkel, ein Mann, der die Post bewegt hat, zum Verhör mit Polizeieskorte und Haftbefehl bei einem Vorwurf von 1 Mio. Steuerhinterziehung - der Mann hat über eine Million zu versteuerndes Einkommen, zahlt also etwa 500.000 € Steuern jährlich - das ist keine kleine Summe - und dann Haftbefehl - wofür? Erinnert das an Moskauer Manieren? Eine gute Werbung für Deutschland: die hohe Einkommenssteuer und der Haftbefehl bei vermuteten Steuervergehen.
- Ach ja: „Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, wenn ihr die Starken schwächt.“ Pestalozzi

- Gerd Roellecke, scharfsinnig und eloquent wie immer: "Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.02.2008, Nr. 38, S. 37

Unsere Studenten singen nicht mehr


Was hat "1968" eigentlich bewirkt? Und war das überhaupt eine Studentenrevolte? Anmerkungen zu den Lebenserinnerungen des Germanisten Peter Wapnewski.
Von Gerd Roellecke
Zu Weihnachten hat mir ein guter Freund die Taschenbuchausgabe der Selbstbiographie des Germanisten Peter Wapnewski "Mit dem anderen Auge. Erinnerungen 1922-2000" geschenkt. Die Originalausgabe ist in zwei Bänden 2005 und 2006 erschienen (F.A.Z. vom 5. Januar 2006 und 2. Februar 2007). Ich habe den ersten Band, der bis 1959 reicht, sofort gelesen, mich über das Deutsch des Germanisten gewundert und über einige lobende Rezensionen gestaunt. Appetit auf den zweiten Band hat mir die Lektüre des ersten Bandes nicht gemacht. Aber ich bin weder Germanist noch Intellektueller.

Da mein Freund erwarten darf, dass ich mit ihm über das Buch sprechen kann, musste ich jetzt auch den zweiten Teil lesen. Er hat den Eindruck bestätigt, den der erste Teil gemacht hat. Deshalb wäre über die Lektüre kein Wort zu verlieren, wenn der zweite Teil nicht von 1959 bis 2000 reichte, also auch die studentischen Massenpöbeleien umfasste, die man "1968" nennt. Wapnewski lehrte damals in Berlin. Von den Pöbeleien war er betroffen, meist als Opfer, in manchen Hinsichten aber auch als Schlichter, Vermittler und akademischer Repräsentant. Deshalb ist seine Darstellung ein Zeitzeugnis und politisch zu diskutieren.

"1968" hat die deutsche Universität verändert, mithin auch die Voraussetzungen der derzeitigen Hochschulpolitik. Die Gremienvielfalt hat die Ordinarienuniversität abgelöst und wird nun ihrerseits von der neuen Behörden- oder Verwaltungsuniversität verdrängt, die durch Orwellsche "Hochschulfreiheitsgesetze" konstituiert wird. Das meint im Prinzip auch Wapnewski.

Wenn diese Diagnose richtig ist, war die "demokratische" Hochschulreform der siebziger Jahre ein furchtbarer Schlag ins Wasser. Die Hochschulpolitik wollte schon damals die Zahl der Studenten erhöhen. Unter "Studenten" verstand sie natürlich die Nutzer der Bildungsanstalten, die man seit dem Mittelalter Universitäten nannte. Diese Bildungsanstalten wurden durch ihre "Demokratisierung" aber gerade aufgehoben. Also hat die staatliche Hochschulpolitik die Zahl der Studenten nicht erhöht, sondern allenfalls auf die Mitglieder jener Humboldtschen Wissenschaftskränzchen vermindert, die sich ohne staatliches Zutun in Anstalten der Erwachsenenbildung regelmäßig entwickeln.

In welchen Einrichtungen die Studenten derzeit unterrichtet werden, weiß man darum nicht mehr. Die Politik hat sich im Wald ihrer eigenen Reformen verirrt. Deshalb hat sie - soweit zu sehen, übrigens ohne gesetzliche Grundlage - Exzellenz-Einrichtungen erfunden, an denen sie sich bei weiteren Förderinnovationen selbst orientieren kann. So wird das Rufen im Walde zum Benchmarking. Was dabei herauskommt, ist naturgemäß offen. Fest steht nur: Wenn es etwas Gutes ist, rechnet es sich die jeweilige Regierungspartei zu, wenn etwas Schlechtes, sind die Anstalten schuld. "Hochschulfreiheitsgesetze" - obwohl damit schlechterdings nichts gewonnen ist. Schuldige Anstalten kann man nicht oder nur durch schuldige Anstalten ersetzen.

Sieht man "1968" in diesem mehr historisch-pragmatischen Sinne, wird fraglich, ob die studentische Aufwallung mehr bedeutete als ein Zuschauer, der während eines Fußballspiels den Ball zurück auf das Spielfeld wirft. Auch Wapnewski hat Zweifel, ob die Studenten mehr bewirkt haben als eine Veränderung der Formen, also als eine Aufhebung des Krawattenzwanges. Allerdings meint er, eine Veränderung der Formen ändere auch Mentalität und Gemüt, "da Form nie nur ein Außen ist".

Das mag sein, aber hier beginnt das Problem. Was ist innen? Das bleibt dunkel. Deshalb klärt Wapnewski keineswegs, was die Studenten zerstört haben. Gewiss, "die alte, auch sentimental bewegte Beziehung, die sich gefühlsreich äußerte in Gemeinschaftsunternehmungen geselliger Natur wie Kneipen und Kahnfahrten und Seminarfesten, ist dahin". Aber diese Beziehung war nicht der bessere Teil der alten deutschen Universität und verhalf nicht dazu, "intellektuell zu denken, bündig zu schließen und das Verstandene angemessen zu formulieren", was Wapnewski für Anforderungen des Studiums hält.

Viel wahrscheinlicher ist, dass die "sentimental bewegte Beziehung" Keime jener Rohheit trug, die studentisches Sozialverhalten über Jahrhunderte kennzeichnete - bis hin zu den wüsten Beschimpfungen jüdischer Professoren in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Linie der Rohheit bis zu den Pöbeleien von 1968 auszuziehen hätte freilich bedeutet, der Studentenbewegung den Stempel der Gewalttätigkeit aufzudrücken und sie grundsätzlich zu kritisieren. Das vertrug sich nicht mit der "Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden", wie sie die alte Universität postuliert hatte, und nicht mit der Regel: Studenten dürfen Professoren angreifen, aber Professoren nicht Studenten. Also übernimmt Wapnewski eins zu eins die Selbstrechtfertigung der Protestler.

"Die Immobilität einer Gesellschaft, die sich einigermaßen komfortabel eingerichtet hatte im friedlichen Halb-Staat der Adenauer-Epoche, war diesen Nachkommen eine Provokation. Eine härtere Provokation noch war ihr der Geist der Verlogenheit, Bequemlichkeit, der Unwahrheit, des Verdrängens. Etwa im Bereich der Sexualität. (. . .) Oder und vor allem: Im Bereich der Politik." In dieser aufgeladenen Atmosphäre brauchte nur ein Funke des Unrechts zu fallen. Und er fiel mit der Tötung des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967. "Von da an war die Universität verwandelt." "Linker Faschismus" (Habermas) machte sich breit und "gefiel sich in den abstrakten Wonnen einer eigenen, theoriebelasteten Parteisprache". Wer konnte, floh aus Berlin, Wapnewski nach Karlsruhe. Dann wurde die Studentenbewegung schlapp wie ein Fahrradschlauch, dessen Ventil geöffnet wird. Den zwielichtigen Gestalten, die die Studentenrevolte auf Rektoren- und Präsidentensessel der Universitäten und in das hochschulpolitische Establishment schwemmte, scheint Wapnewski nie begegnet zu sein.

Aber es gibt noch Psychologie: Die Anführer der Studenten wollten nicht verstanden werden. "Nicht von einer abgetretenen Generation, die die ihrer Eltern war und gegen die sich landesweit, ja weitgehend international das Aufbegehren richtete: von Princeton und Berkeley bis Paris und Frankfurt." Internationale Resonanz also. Akademiker aller Länder, vereinigt euch! Aber hatte sich die selbstzufriedene, immobile Gesellschaft des friedlichen Halb-Staates der Adenauer-Epoche auch in Princeton und Berkeley bis Paris komfortabel eingerichtet? Herrschte auch dort der Geist der Verlogenheit, der Unwahrheit, des Verdrängens? Hat auch in Princeton und Berkeley bis Paris die Eltern- und Großelterngeneration "Hitler (. . .) relativiert und abstrahiert zu einer Art Naturereignis, das man hatte über sich ergehen lassen müssen"? Aber das sind nicht Wapnewskis Fragen. Gegen Ende seines Lebens fragt er überhaupt nicht mehr nach der Universität.
Gerd Roellecke ist emeritierter Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Mannheim.

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