Freitag, 24. April 2009

Der Sinn des Lebens, Nietzsches Nächster




- Nietzsches 2. Buch der Morgenröthe:


118. Was ist denn der Nächste! Was begreifen wir denn von
unserem Nächsten, als seine Grenzen, ich meine, Das, womit er
sich auf und an uns gleichsam einzeichnet und eindrückt? Wir
begreifen Nichts von ihm, als die Veränderungen an uns,
deren Ursache er ist, - unser Wissen von ihm gleicht einem hohlen
geformten Raume. Wir legen ihm die Empfindungen bei,
die seine Handlungen in uns her vorrufen, und geben ihm so eine
falsche umgekehrte Positivi tät. Wir bilden ihn nach
unserer Kenntnis von uns, zu einem Satelliten unseres eigenen Systems:
und wenn er uns leuchtet oder sich verfinstert,
und wir von Beidem die letzte Ursache sind, - so glauben wir doch das
Gegenteil! Welt der Phantome, in der wir leben!
Verkehrte, umgestülpte, leere, und doch voll und gerade geträumte
Welt!

- Da war noch was: "Drei Nobelpreisträger im F.A.Z.-Gespräch
„Deutschland tut noch nicht genug“

24. April 2009 Schlechte Zeiten, gute Seiten? Robert F. Engle III bekam den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften im Jahr 2003 zugesprochen, Edmund S. Phelps 2006 und Eric S. Maskin 2007. Ein Gespräch mit den drei Wissenschaftlern über den Weg zur wirtschaftlichen Genesung.
Haben wir den schlimmsten Teil der Krise überstanden, oder sollten wir uns auf noch Schlimmeres gefasst machen?
Robert F. Engle III: Ich hoffe, dass der schlimmste Teil hinter uns liegt, und ich glaube auch, dass er hinter uns liegt. Denn durch die einschneidenden Veränderungen des Finanzsystems und die innovativen Eingriffe der Notenbank hat es eine substantielle Verlagerung des Risikos vom privaten Sektor auf den öffentlichen gegeben, und diese Verlagerung hat den Banken erlaubt, wieder aktiv zu werden. Die Folge ist, dass sich der Rest der Wirtschaft, wie ich meine, auf dem Weg der Genesung befindet.
Eric S. Maskin: In vielen Ländern, auch in den Vereinigten Staaten, setzt sich der Verfall der Wirtschaft fort. Das Schlimmste liegt deshalb immer noch nicht hinter uns. Wie viel schlimmer es wird, ist nur schwer vorauszusagen.
Edmund S. Phelps: Die Krise scheint in ihren Ausmaßen zu schrumpfen. Aber wir brauchen im Finanzsektor noch einen starken Schub, um zu einem normalen Grad der ökonomischen Aktivität zurückzukehren. Dazu muss, wie ich meine, der Finanzsektor von Grund auf neu gestaltet werden.
Sind Politiker und Ökonomen überhaupt noch in der Lage, eine Krise einzudämmen oder gar zu überwinden, die immer mehr eine eigene Dynamik zu entwickeln scheint?
Phelps: Ich liebe es, mich mit deutschen Journalisten zu unterhalten! Sie sind so pessimistisch! Das muss wohl mit der deutschen Seele zusammenhängen. Aber auch mir macht es Sorgen, dass vor allem der amerikanischen Wirtschaft schwere Zeiten bevorstehen könnten, und zwar, weil die Verbraucher herausgefunden haben, wie man Geld spart. Es wird für die amerikanische Industrie nicht leicht sein, von den Märkten zu Hause auf die überseeischen zu wechseln. Das wird ein hartes Stück Arbeit. Wir sind da ganz dem Finanzsektor ausgeliefert, der es fertigbringen muss, Investitionsaktivitäten zu finanzieren, wenn wir die gewohnte Dimension des Wohlstands wieder erreichen wollen.
Engle: Ich glaube an die Möglichkeit der Politik, die Krise zu überwinden. Die Regierung ist jetzt ein weiterer ökonomischer Player, und sie hat eine Position eingenommen, die sich dahin gehend auswirkt, dass jeder sein Verhalten ändern muss.
Maskin: Ja, es sollte möglich sein, durch Reparatur des Bankensystems und Stimulierung der Makroökonomie die Folgen der Rezession rückgängig zu machen oder zumindest zu entschärfen.
Ist Präsident Obama mit seiner Wirtschaftspolitik auf dem richtigen Weg?
Engle: Im Großen und Ganzen ja.
Maskin: Ja, er ist auf dem richtigen Weg, wenn auch seine Maßnahmen noch nicht weit genug gehen.
Phelps: Ich habe den Eindruck, dass es in der Regierung Tendenzen gibt, die wirtschaftliche Erholung als ein mechanisches Problem aufzufassen, also als Aufgabe, die Verbraucher- und Investitionsnachfrage anzuheizen. Diese Sachen sind aber nicht leicht unter Kontrolle zu bringen. Die Regierung neigt dazu zu vergessen, wie ungeheuer wichtig Innovation ist, um Arbeitsplätze und Investitionsmöglichkeiten zu schaffen und Wachstum zu erzielen. Das beunruhigt mich etwas.
Fehlt etwas in Obamas Rettungspaket? Was würden Sie ihm raten?
Engle: Sein Finanzprogramm funktioniert ziemlich gut. Ich fürchte allerdings, dass die Initiative zu öffentlich-privaten Partnerschaften nicht besonders erfolgreich sein könnte. Wir kennen noch nicht die Ergebnisse dieser Stresstests. Ich bin da nicht sehr optimistisch. Bevor wir’s aber nicht ausprobiert haben, werden wir auch nicht wissen, ob es funktioniert.
Maskin: Das Bankensystem noch mehr reparieren, die Wirtschaft noch mehr stimulieren.
Phelps: Es gibt da ein großes Loch im Regierungsprogramm. Kein amerikanischer Ökonom hat bisher verstanden, in welch erstaunlichem Ausmaß der Staat alles subventioniert, was nur vorstellbar ist: vom Import- und Exporthandel über die Landwirtschaft und den Eigenheimbau bis zu winzigen Unternehmen, bei denen es keinerlei Innovation gibt. Nicht subventioniert aber wurden die Wirtschaft im Allgemeinen und langfristige Investitionen im Besonderen, will heißen: Investitionen, für die der Innovationsprozess maßgeblich ist.
Ihr Kollege Paul Krugman ist einer der schärfsten Kritiker der europäischen Krisenmaßnahmen. Tun die Europäer und unter ihnen insbesondere die Deutschen genug, um die Krise in den Griff zu kriegen?
Engle: Ich glaube nicht, dass sie genug tun. Die Welt hat mehrere Billionen Dollar an Vermögen verloren, zum Teil durch Ereignisse an der Börse und auf dem Immobilienmarkt. Rund um die Welt haben sich darum Verbraucher und Investoren zurückgezogen. Es ist also nur sinnvoll, wenn Regierungen nun gegensteuern. Dass Deutschland nicht willens ist, dies zu tun, bedeutet wohl, dass Ihr Land hofft, der Rest der Welt werde die Nachfrage nach deutschen Exporten genug stimulieren. Dabei entstand ein Teil des Problems ja gerade dadurch, dass die Exportländer für ein großes Ungleichgewicht sorgten. Sie sollten jetzt auch einen Beitrag zur Gesundung der Weltwirtschaft leisten. Deutschland sollte die inländische Nachfrage stimulieren. Wer sonst sollte es tun? Ich kann mir nicht recht erklären, warum Deutschland sich derart dagegenstemmt.
Maskin: Ich stimme Paul Krugman in dieser Hinsicht zu. In Europa, insbesondere in Frankreich und Deutschland, muss viel mehr getan werden, um den Verbrauch zu stimulieren.
Phelps: Ich habe einiges Verständnis für die Betrachtungsweise, dass die Amerikaner an dieser Misere schuld seien und sich und die Welt nun auch daraus befreien sollten. Es ist begreiflich, wenn deutsche Steuerzahler gegen die Vorstellung rebellieren, Deutschland habe die Verpflichtung, den Verbrauch anzukurbeln. Aber andererseits sollte die deutsche Regierung darauf vorbereitet sein, im Falle einer substantiellen Verschlechterung der Lage zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. Wie die aussehen sollten, vermag ich auch nicht zu sagen. In seinem eigenen Interesse müsste Deutschland sie jedoch jederzeit ergreifen können. Im Übrigen schätze ich das Wort „Stimulus“ nicht. Es könnte uns glauben machen, dass jede gute Maßnahme notwendigerweise stimuliert. Darüber wird, wie ich bereits ausgeführt habe, allzu leicht die Bedeutsamkeit von Innovationen vergessen.
Könnte die Krise schließlich auch ihre guten Seiten haben?
Engle: Ja, das halte ich für möglich. Der Bankensektor wird verbessert, und es wird stärkere regulatorische Kooperationsmaßnahmen als in der Vergangenheit geben. Wir brauchen eine kooperative, aber starke globale Initiative, und wie ich meine, haben die Deutschen dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Sie sollten sie jetzt auch übernehmen.
Maskin: Öffentliche Investitionen werden seit langem dringend benötigt. Nun können sie in den Vereinigten Staaten und anderswo endlich vorgenommen werden. Ohne die Krise wäre das wahrscheinlich nicht geschehen.
Phelps: Ich wollte zunächst nein sagen, aber das kann ich dann doch nicht, wenn ich meinem amerikanischen Optimismus gerecht werden will. Seit mindestens einem Jahrzehnt hat der Finanzsektor meiner Meinung nach dem Wirtschaftssektor immer schlechtere Dienste geleistet. Die Obsession mit Default Swaps und Proprietary Trading, also mit Derivaten aller Art, war fast geschmacklos – als ob darüber vergessen worden wäre, Unternehmen Kredite zu gewähren. Das musste sich ändern, und eine solche Veränderung war schwer herbeizuführen, solange der Finanzsektor Riesengewinne machte und Washington zu riesigen Steuereinnahmen verhalf. Jetzt sollte die Reform leichter durchzusetzen sein.
Robert F. Engle III, Jahrgang 1942, lehrt an der Stern School of Business der New York University. Eric S. Maskin, Jahrgang 1950, ist der Albert O. Hirschman Professor of Social Science am Institute for Advanced Study in Princeton. Edmund S. Phelps, Jahrgang 1933, lehrt an der Columbia University und leitet dort auch das Center on Capitalism and Society.
Die Fragen stellte Jordan Mejias.

- Filmtip: "There is everything in this movie, everything that fits / from the meaning of life in the universe to girls with great big tits." So fängt Eric Idles Prolog zu dem Monty-Python-Film "Der Sinn des Lebens" an.

- Interessant, daß derselbe Wein an verschiedenen Tagen unterschiedlich mundet.

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