Mittwoch, 11. November 2009

Verbitterungsstörung, Aggression, Brandstifter



Triumvirat - Blaumeisen turnen sich nach der 4°C kühlen Nacht im Gesträuch munter und warm.

- Verbitterungsstörung: " Als die Bitterkeit ihre Unschuld verlor
Auch für Privatdozenten: Weisheit auf Rezept - die posttraumatische Verbitterungsstörung
Wer Auskunft über die Mentalität einer Epoche haben möchte, hat in den jährlich erneuerten Krankheitsindizes, ihnen voran dem "Index of statistical classification disease" (ICD), keine schlechte Quelle. Von dem, was eine Zeit von der Normalität ausschließt und als krankhaft bestimmt, lässt sich auf ihren von klinischen Begriffen umrandeten Common Sense schließen. Dass dieser Index in seinem psychopathologischen Register in ständiger Ausweitung ist, deutet nicht nur auf die Vermehrung psychischer Leiden hin, es rückt auch eine breite semantische Drift zur Pathologisierung "negativer" Gefühle ins Blickfeld. So wie es die westliche Welt mit einer bestimmten Form der Fröhlichkeit hält, so neigt sie dazu, jede Gefühlsregung, in der sich nicht der satte Lebensdrang klar ersichtlich kundtut, unter Verdacht zu stellen und in den Bereich des Krankhaften zu verschieben. ... Die posttraumatische Verbitterungsstörung ist eine deutsche Erfindung, mit ihr hat die Wiedervereinigung eine Spur im Krankheitsregister hinterlassen. Die Schwelle zur terminologischen Benennung überschritt sie in den Wendejahren, als der Psychologe Michael Linden von der Berliner Charité ein Anwachsen von zornigen und desillusionierten Patienten beobachtete. Es war die typische Art der Verbitterung, wie sie nach sozialen Umwälzungen häufig auftritt, wenn Felle neu verteilt und Hoffnungen enttäuscht worden sind. Linden sah darin ein Phänomen, das ihm über die Gruppe der Wendeverlierer hinaus zur klinischen Diagnose taugte. Bitterkeit ist auch ein Gefühl, das unter Wirtschaftskrisenverlierern Konjunktur haben dürfte. Oder unter Privatdozenten, die eine ganze Lebensplanung auf etwas hin ausrichten, das dann eventuell nicht geschieht. In jedem dieser Fälle zeigt Bitterkeit an, dass ein normativer Anspruch an die Wirklichkeit nicht zum Ausgleich kommt. ... Darauf deutet hin, dass Linden vor allem Leute mit einem festen Wertesystem als klinisch anfällig betrachtet. Die weltanschauliche Norm seiner Therapie ist ein wertflexibler Typus, der Verbitterte erscheint vor allem als Unbelehrbarer, der seinen Eigensinn bis zum Starrsinn pflegt." FAZ 4.11.
/// Wem fielen denn da nicht gleich Don Quichote und Michael Kohlhaas ein? Karl Marx und Stalin? Und der junge Deutschrusse, der gerade wegen Messermordes vor Gericht steht? Männer mit Prinzipien sind immer problematisch, da die Realität um ein tausendfaches komplexer ist als jede Prinzipien- und Werteordnung sein kann.

- Aggression: "Übertrieben aggressives Verhalten beim Menschen scheint in vielen Fällen mit Funktionsdefiziten des Frontallappens bzw. des orbitofrontalen Cortex zusammenzuhängen. Dieser dient normalerweise als Kontrollinstanz starker und impulsiver Emotionen und Verhaltensweisen; bei Personen mit starken Aggressionen ist seine Funktion auffällig oft gestört oder fällt u.U. ganz aus. Dadurch können negative Gefühle nicht mehr kontrolliert werden und führen zu übertriebener Gewalt. Auch ein Serotononmangel im Gehirn kann für Aggression verantwortlich sein: manche Personen mit übertriebenen Gewaltausbrüchen haben einen Gendefekt, der bewirkt, daß zu wenig Serotonin gebildet wird. Viele Gehirnbereiche, die Stimmungen und Emotionen kontrollieren, enthalten serotoninerge Nervenzellen; ein erniedrigter Serotoninspiegel verhindert deren korrekte Funktion. " Lex. d. Neurowiss. Bd. 4

- " Der Feuerwehrmann als Serien-Brandstifter
Drei Jahre Freiheitsstrafe und ambulante Massnahme für jungen Schweizer
Ein an der "Goldküste" (Zürichseeufer) wohnhafter junger Schweizer, Mitglied der Feuerwehr und des Schützenvereins, hat mehrere Brände gelegt: aus Langeweile und Frust.
brh. ⋅ Wollte man den typischen, gutbürgerlich-schweizerischen Lebenslauf eines jungen Mannes skizzieren, der in ländlicher Umgebung aufwächst, dann könnte das Bild so aussehen: wohnhaft an der Zürcher Goldküste, Sohn einer intakten Familie, Schulzeit mit mittelprächtigen Leistungen beendet, Lehre als Lastwagenchauffeur, zuverlässiger Angestellter bei der Lehrfirma, Mitglied im Schützenverein und in der freiwilligen Feuerwehr, gesellige Feierabend-Treffen mit den Kollegen in der Dorfbeiz. Dann hört die Normalität aber plötzlich auf, weil der Mann anfängt, Brände zu legen. Am Freitag ist er vom Bezirksgericht Meilen wegen mehrfacher Brandstiftung zu drei Jahren Freiheitsstrafe und einer ambulanten Massnahme verurteilt worden.
Der Schweizer hatte 2007 als Zwanzigjähriger in Meilen innerhalb eines Monats fünf Brände gelegt. ... " NZZ 7.11.09

- Schillers Geburtstag: Auch Schiller ist ein gutes Beispiel dafür, daß der Verstand erst mit den Jahren kommt, mit dem WALLENSTEIN und dem TELL .

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