Montag, 18. Januar 2010

Walter Eucken, links, rechts, liberal oder konservativ?



Der Mann hat ja nicht einmal einen Ohrring

- Keynes, Eucken, Stiglitz und Starbatty: "Weiter hätten wir 2009 gelernt, schreibt Stiglitz, dass keynesianische Politik funktioniere. Die alte Orthodoxie wolle, dass man rezessionsbedingte Defizite senken müsse – durch Steuererhöhungen oder Kürzungen der Ausgaben –, um das Vertrauen wiederherzustellen. Aber kennt Stiglitz tatsächlich namhafte Ökonomen, die die Wirkung der automatischen Budgetstabilisatoren außer Kraft setzen wollen? Es geht um etwas anderes: Ist massives „deficit spending“, so wie es die Vereinigten Staaten und Großbritannien betreiben, konjunkturell hilfreich, oder überwiegen die schädlichen Nebenwirkungen – zum Beispiel bei unmittelbarer Finanzierung der Defizite über die Notenpresse? Japan betreibt seit 1991 die von Stiglitz befürwortete Defizitpolitik. Konjunkturpaket um Konjunkturpaket ergoss sich über das Land, ohne dass sich die japanische Wirtschaft nachhaltig erholt hätte; stattdessen ist dort die Staatsverschuldung explodiert – von 60 auf inzwischen 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bei Schieflagen von Banken und Unternehmen ist keynesianische Politik wenig hilfreich; hierfür ist sie von Keynes auch nicht konzipiert worden. ..." Starbatty, FAZ 17.1.10

- Walter Eucken, links, rechts, liberal oder konservativ? " "Ob wenig oder mehr Staatstätigkeit – diese Frage geht am wesentlichen vorbei. Es handelt sich nicht um ein quantitatives, sondern um ein qualitatives Problem. Der Staat soll weder den Wirtschaftsprozess zu steuern versuchen, noch die Wirtschaft sich selbst überlassen: Staatliche Planung der Formen – ja; staatliche Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses – nein. Den Unterschied von Form und Prozess erkennen und danach handeln, das ist wesentlich. Nur so kann das Ziel erreicht werden, dass nicht eine kleine Minderheit, sondern alle Bürger über den Preismechanismus die Wirtschaft lenken können. Die einzige Wirtschaftsordnung, in der dies möglich ist, ist die des 'vollständigen Wettbewerbs'. Sie ist nur realisierbar, wenn allen Marktteilnehmern die Möglichkeit genommen wird, die Spielregeln des Marktes zu verändern. Der Staat muss deshalb durch einen entsprechenden Rechtsrahmen die Marktform – d. h. die Spielregeln, in denen gewirtschaftet wird, – vorgeben."
Vorwort für den ersten Band des Jahrbuchs ORDO (Wiki.)

Der Staat soll den Rahmen setzen - dem stimmen von links bis konservativ alle zu. Bei der "staatlichen Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses" aber scheiden sich die Geister. Linke und Rechte wollen viel staatliche Einmischung, am meisten die Linken als Kommunisten, deswegen der völlige Zusammenbruch der kommunistischen Länder, aber auch die Unbeweglichkeit von rechten Gilden- und Zunftordnungen, die keine Gewerbefreiheit zulassen oder sie beschneiden. Beim Preismechanismus, bei dem die Kunden lenken, indem sie sich die Preise, Güter und Anbieter ohne staatliche Preisfestsetzungen und ohne unternehmerische Preisabsprachen aussuchen können, stimmen nur noch die Liberalen zu. Linke und Rechte haben die Vorstellung von "gerechten" Preisen, die sich bei den Rechten meist von den Produzenten herleitet, die ein bestimmtes Einkommen erzielen wollen (anschaulich derzeit der Milchpreis), während die Linken stets der Meinung sind, daß die "Kapitalisten", also die Anbieter, die Unternehmer, zuviel verdienen. Staatliche Preisdrückerei führt dann zu Verschleuderung und Knappheit, Beispiele im Sozialismus, wo sie besonders drastisch auftraten: Verbilligtes Brot wurde vermehrt in der Schweinemast eingesetzt, Kinderkleidung zu Schleuderpreisen wurde von Ausländern auf der Durchreise massenhaft eingekauft und ausgeführt, gedrückte Mieten führten zur extremem Wohnungsmangel etc. Eucken gilt denn auch als Liberaler, als Ordo-Liberaler, der den vom Staat gesetzten Ordnungsrahmen bejaht. Er kann deswegen durchaus auch als konservativer Liberaler betrachtet werden, weil die Ordnungsmacht des Staates "konserviert", also erhalten werden soll. Da auch der Markt, der Ort, an dem sich die Kunden und die Anbieter treffen, eine lange Tradition hat, eine noch längere als der Staat selbst, ist das Eintreten für die Marktwirtschaft ebenfalls konservativ. Nur wenn der möglichst freie Austausch zwischen Anbietern und Kunden erhalten wird, kann der Wettbewerb zwischen den Anbietern, den der Kunde über den Preis steuert, für billige Güter sorgen. Der Erhalt des Marktes setzt gleichzeitig Qualitäts- und Preisbeweglichkeit frei - das wahre Ei des Kolumbus.

- Man sehnt sich nach Parteigründern wie Roman Herzog und Paul Kirchhof.

- Koselleck : Ein bislang unveröffentlichtes Gespräch aus dem Nachlass von Reinhart Koselleck "Über Krisenerfahrungen und Kritik." 13.1.10 FAZ . Sehr lesenswert.

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