Donnerstag, 18. August 2011

Bis auf eine stecken alle Religionen noch in Mittelalter und Steinzeit





Riemenschneider (1460-1531) im vermuteten Selbstporträt
(Bild Daniel71953 / Wiki. )



Auch Riemenschneider gehört in die lange Reihe von Künstlern, die den Christus-Kult anschaulich gemacht haben. Ebenso haben sie den individuellen und realistischen Blick auf den Menschen entwickelt und ihm eindringlich Ausdruck gegeben. Die Bibel mit ihren zahlreichen Figuren eignete sich für eine solche Kunstgeschichte besonders gut. Was im Alten Testament ins Große und Epische drängt, fokussiert sich im Neuen Testament auf wenige Protagonisten und wird psychologischer. Es hat seine Folgerichtigkeit, daß der Individualismus der Moderne hier gedeihen kann, wie auch der Christus-Kult immer noch kompatibel ist zu einer Welt, die sich ganz anders darstellt als in der Antike.
Aus der Konkurrenz der Religionen geht der Christus-Kult als einzige Religion hervor,die eine breite Wissenschafts-, Technik- und Wohlstandsentwicklung zuließ.

Riemenschneider im Chor. Das Bode-Museum zu Gast in der Johanniterhalle Schwäbisch Hall, bis 8. Januar 2012. Bitte Katalog mitbringen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sie schreiben: "Aus der Konkurrenz der Religionen geht der Christus-Kult als einzige Religion hervor,die eine breite Wissenschafts-, Technik- und Wohlstandsentwicklung zuließ."

Warum "zuließ"?
Die Universitäten sind eine Erfindung der Kath. Kirche. Die Klöster haben 1000 Jahre lang den technischen Fortschritt betrieben.

Es muß heissen: "...die eine breite Wissenschafts-, Technik- und Wohlstandsentwicklung hervorgerufen hat."

Atheistische Gesellschaften jedenfalls haben zur Zerstörung beigetragen. Zur Zerstörung des Fortschritts der christlichen Errungenschaften.

Doleys hat gesagt…

- Die Universitäten waren gar keine, sie waren nicht 'universal', sie nannten sich nur so; überwiegend waren es theologische und kirchenrechtliche Bildungsanstalten sowie Übungsstätten des Abschreibens. Stupide wurde der Unsinn des antiken "Arztes" Galen und des Philosophen Aristoteles wiedergekäut, ein Buchtitel des Cusanus charakterisiert die geistige Situation der Universitäten bis zur Renaissance treffend: "Belehrte Unwissenheit" ("De docta Ignorantia").
Die gibt es auch heute noch in der Phil. Fak..
Vor den Universitätsgründungen standen aber die Stadtgründungen, die erst durch landwirtschaftliche Überschußproduktion im warmen Mittelalterklima ("Mittelalteroptimum") ermöglicht wurden; daran beteiligt waren aber der bedeutsame Räderpflug und die eiserne Pflugschar. Diese beiden wichtigen Neuerungen entstanden nicht im universitären Milieu. Die Universitäten verachteten lange die Technik und die Ingenieure, denen wir unsere Wohlstandskultur verdanken. Die Borniertheit der geisteswissenschaftlich verengten Universitätskultur zeigte sich noch bis in unsere Zeit. Erst Ende der 1960er Jahre wurden die Ingenieurwissenschaften und die Ökonomen für würdig genug befunden, in die Akademien der Wissenschaften aufgenommen zu werden.
Die moderne Medizin entstand durch universitätskritische Geister und Praktiker wie Vesal, William Harvey (1578-1657, Blutkreislauf), Edward Jenner ( 1749-1823, 1796 erste Pocken-Impfung ) und praktische Naturwissenschaftler wie Liebig und Industriepraktiker wie Richard Arkwright ( 1732 - 1792) .
Harvey studierte in Padua, wo, wie anderswo auch, noch der Geist Galens die physiologische Erkenntnis benebelte. Mit Giordano Bruno wurde übrigens ein kurzzeitiger Lehrer der Universität Padua von der christlichen Glaubenspolizei belangt. Bruno sollte den Lehrstuhl erhalten, den dann Galilei bekam, der ebenfalls von der Inquisition behelligt wurde.
In diesem Sinne kann man sagen, daß das Christentum zwar die Entwicklung der modernen, kritischen, experimentellen Wissenschaft behinderte, aber doch nicht, wie im Islam, auslöschte. Auch die technischen Errungenschaften blühten nicht in den theologischen, philosophischen und philologischen Köpfen der Mönche, wiewohl im Klostergarten die Technik nicht verboten war. Ihre Anwendung hing von begabten Einzelnen ab. Doch die alles entscheidende industrielle Revolution, die den heutigen Wohlstand hervorbrachte, war ein erstaunlicher Vorgang der europäischen Geschichte jenseits des Christentums, aber bei den Akteuren selbst eng mit der Religionspsychologie des Kalvinismus verbunden.
Wolf Doleys

Doleys hat gesagt…

<< Es muß heissen: "...die eine breite Wissenschafts-, Technik- und Wohlstandsentwicklung hervorgerufen hat."
Atheistische Gesellschaften jedenfalls haben zur Zerstörung beigetragen. Zur Zerstörung des Fortschritts der christlichen Errungenschaften. >> (Komm. Blog 18.8.11)

Herophilos (325–255 v. Seneca) sezierte im hellenistischen Alexandria Leichen. Das war innovativ und wissenschaftlich wichtig. Das Christentum verbot diese Forschung bis in die Neuzeit. Erst mit dem Wiederanknüpfen an die Antike in der Renaissance konnten wissenschaftlich-empirisch eingestellte Ärzte wie Andreas Vesalius ihrer Arbeit unbehelligt vom Christentum nachgehen.
Der Kommentator Hedelfinger wird das wohl nicht als christliche Errungenschaft werten wollen. Sicher auch nicht die Verfolgungen von sogenannten Ketzern, die schon in der christlichen Frühkirche begannen und ebenfalls bis in die Neuzeit anhielten, ja, sich zu Konfessionskriegen auswuchsen. Ein fähiger und weitsichtiger Politiker wie Nikolaus Krell wurde durch engstirnige Lutheraner amtlich ermordet, weil ihm Sympathie für den Kalvinismus nachgesagt wurde.
So wie Ethik polemogen ist, kriegstreibend, so verhält es sich auch mit den Religionen, das Christentum war genau so bluttriefend wie es der Islam noch immer ist. Es hat nur früher, unter dem Druck der Aufklärung, Vernunft annehmen müssen und sich zur pluralistischen Zivilisation bequemen müssen. Nicht freiwillig legten die Kleriker und Fürstbischöfe das Schwert aus der Hand.
Auch sonst kann nirgendwo von echten christlichen Errungenschaften die Rede sein, die "atheistische Gesellschaften" zerstört haben könnten.
"Atheistische Gesellschaften" , damit meint Hedelfinger wohl die sozialistischen Diktaturen, die in der Nachfolge der kommunistischen christlichen Frühschriften "Sonnenstaat" (Campanella) und "Utopia" (Morus) die späteren Sozialisten von St. Simon bis Lenin beeinflußten. Sie wurden überwiegend Atheisten, und, wie alle Gläubigen, sobald sie selbst nicht mehr verfolgt werden, verfolgerisch. Die kommunistischen Parteien, so atheistisch, wie sie waren, kopierten das katholische Papsttum und schufen eine Inquisition, die wie die päpstliche Inquisition, alle Andersmeinenden, alle Abweichler verfolgte.
Von ihren christlichen Vätern hatten sie auch die Abneigung für ökonomisches Handeln und seine Folgen geerbt. Es sollte Schluss sein mit Wucher und Ausbeutung. Durch ein auch ökonomisches Papsttum, das alles wirtschaftliche Handeln durch Politbüro (Kurie) und Fachminister (Bischöfe) dirigierte.
Eine solch anmaßende Diktatur konnte nur früher oder später kollabieren, wie auch die Herrschaftsanmaßungen des Christentums sich nicht aufrechterhalten ließen.
Mit dem Atheismus als solchem hat das realsozialistische Polit-Papsttum aber wenig zu tun. Zwar gibt es anmaßende und eifernde Atheisten, sie haben aber ihre gläubigen Eierschalen nur noch nicht ganz verloren. Reifer Atheismus ist skeptisch und bezieht sich eher auf den antiken Skeptizismus der Pyrrhon und Sextus Empiricus. Spätere Namen wären Montaigne, Hume, Kant, Lichtenberg, Max Weber, Luhmann, Wolf Singer. Der Gegenwartsmensch in den Industrieländern denkt spontan atheistisch im weitesten Sinne - eine Rückverzauberung der Welt steht nicht an.
Wesentlich erscheint eigentlich nur, daß alle Parteien nicht eifern und geifern, daß sie nicht-militaristisch sind, mögen sie nun an einen Gott glauben oder nicht oder eine der zahllosen Zwischenmöglichkeiten für sich erwählt haben.