Sarrazin und Issing bei der Ludwig-Erhard-Stiftung mit Moderatorin Weidenfeld
Wenn sich drei Ökonomen 1920 in Wien im Cafe darüber unterhalten hätten, ob Lenins Aufbau einer Staatsökonomie nach dem Vorbild der deutschen Reichspost Erfolg haben könnte, dann hätten alle drei das, Sarrazin nannte Mises, Schumpeter und Hayek, für völlig unmöglich gehalten. Ex-Bundebankvorstand Sarrazin sprach zum Thema "Die Zukunft Europas: Mit oder ohne Euro?" Die Ludwig-Erhard-Stiftung hatte ihn und den ehemaligen Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, zur europäischen Zukunftsdeutung eingeladen. Über die Frist bis zum Scheitern der Sowjetunion hätten die drei Ökonomen wahrscheinlich gestritten, wohl keiner wäre aber von rund siebzig Jahren ausgegangen.
Ja, Prognosen seien schwer, bestätigte Issing. Die Euro-Politik kaufe Zeit, aber dauerhaft könne niemand ökonomische Gesetze aushebeln. Eine verantwortlichere Haushaltspolitik werde den Euro aber erhalten. Dazu gehöre jedoch auch die Aufsicht der Märkte, nur sie hätten das Problem in aller Klarheit erkannt, und nur sie seien unabhängig genug, das auch in Zukunft zu tun. Die Politik verdiene nach dieser Reihe von Vertragsbrüchen keinen weiteren Kredit mehr. Den Vorschlag des Sachverständigenrates halte er für "naiv". An dieser Naivität habe er zur Zeit des Vertragsabschlusses von Maastricht selbst gelitten.
Vom Zentralismus einer Staatenunion erwartete Issing eher Unheil, er erinnerte an die englische Redewendung "fences make good neighbours".
Das war auch Sarrazins Perspektive, wobei er allerdings immer wieder darauf hinwies, daß den Staaten mit der Gemeinschaftswährung das Anpassungsmittel der Abwertung ihrer nationalen Währung fehle.
Er hätte hinzufügen können, daß im Falle Griechenlands die Hängepartie weitergehe. Eine Rückkehr zur Drachme würde dagegen die griechischen Verhältnisse in Bewegung bringen und die Investoren, die jetzt noch abwarten, zum Handeln veranlassen.
Hans Barbier wird als Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung vermutlich nächstes Jahr erneut zum Thema einladen können. Ob er dann auch den ehemaligen Bundesbankpräsidenten Tietmeyer zum Sprechen bringen kann? Der hüllte sich im Publikum lieber in Schweigen, obwohl ihn die geschickt moderierende Journalistin Ursula Weidenfeld direkt ansprach und ihm eine Stellungnahme entlocken wollte.
Anfang 2009 schrieb Tietmeyer noch in ASAHI SHIMBUN, nachzulesen auf seiner Heimseite:
"Der Euro selbst hat sich in der derzeitigen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise bisher für den europäischen Kontinent jedoch zweifellos als Stabilisator erwiesen. Ohne den Euro wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit gerade im letzten Jahr zwischen den Euro-Ländern noch zu stärker divergierenden nationalen Politiken und zu erheblichen Wechselkursunruhen gekommen, wie das ja auch in den vorhergehenden Dekaden gerade in Europa leider oft der Fall war."
Der Euro schloß heute in Frankfurt mit 1,3223 zum USD. Die EZB beließ den Leitzins bei 0,75% wegen entspannterer Lage..
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