Samstag, 9. Februar 2013

Den Tiger reiten





Dionysos auf dem Leoparden, seine Mentalität ausdrückend

(Bild: Wiki.)



Nachdem eine besonders grausame Gruppenvergewaltigung in Delhi den Zustand Indiens enthüllt hat, geschieht dies nun in Südafrika durch einen ähnlichen Mord an der 17jährigen Anene Booysen, über den CNN gestern abend berichtete. (s. http://tinyurl.com/a82osy2)
Staatspräsident Zuma, der selbst wegen Vergewaltigung vor Gericht stand, sah sich genötigt, öffentlich Stellung zu nehmen. Nach den Berichten zu urteilen, herrscht in Südafrika der gleiche zivilisatorische Notstand wie in Indien. 
Er dürfte auch im Europa der Vergangenheit geherrscht haben, man lese nur den Grimmelshausen. Thematisiert wird das Zusammengehen von Sexualität und Gewalt schon bei Euripides in den Bakchen, wenn auch in etwas merkwürdiger Verdrehung des gewöhnlichen Vorkommens. Im Rausch der Verehrung des Dionysos (Bakchos) zerfleischen die Bakchen (Mänaden) Tiere und verschlingen das rohe Fleisch. Der "fremde Gott" aus dem Orient, der von dem ionischen Adel abgelehnt wird, versetzt seine Jüngerinnen in archaische Raserei, in der auch Agaue ihren Sohn Pentheus zerstückelt. Der Gott des Rausches macht in der späteren Rezeption eine deutliche Wendung ins rein Sexuelle, wenn Goethe seinem Blocksberg-Satan im FAUST dionysische Züge verleiht. In Hesses STEPPENWOLF ist es der schöne Saxophonist Pablo, wie sein Urbild Dionysos ein Verwandlungskünstler, der verspricht: "Alle Mädchen sind dein." Die konkreteste Version der dionysischen Orgie, Immendorf dürfte sie inspiriert haben, verfaßte Thomas Mann im "Tod in Venedig", wo Aschenbach in Anlehnung an die BAKCHEN und die FAUST-Szene alb- und lustträumt.   
Es fällt auf, daß das Sex-und-Gewalt-Motiv sich in der gesamten Kunstgeschichte findet, konzentriert dann bei de Sade. Der Lustmord ist in den zwanziger Jahren ein beliebtes Motiv in der Malerei, nicht nur bei Grosz und Dix (Der Lustmörder, Selbstbildnis, 1920, u.a.). Russ Meyers Filme leben ganz davon.
Ich erinnere mich an eine Bemerkung des Hirnforschers Gerhard Roth, daß die Transferbahnen von Lust und Gewalterregung im Gehirn in großer Nähe verliefen (sinngemäß). 
Man hat lernen müssen, daß die Dritte Welt auch eine Welt der Barbarei ist. Der Sexzirkus im Westen könnte den Leoparden des Dionysos neu reizen.  

Keine Kommentare: