Sonntag, 30. Juni 2013

Von Traglingen und Mäusen



Schickes Mützchen!



Der Mensch ist ein Tragling, kein Nestflüchter, das hat sich inzwischen auch in den von christlicher Leibfeindlichkeit kontaminierten Nordländern wieder herumgesprochen. Dieser enge Kontakt wiegt den Säugling und ist auch ein ständiger Geruchskontakt, denn die Nase schläft nie. Beides beruhigt das Kind, wiegt es in Sicherheit.  

(Foto: Trageberaterin Kling, mein-tragling.de)


Von der Nase geht die Riechbahn nach innen, zum Zwischenhirn, zum Limbischen System. In der Hauptsache zweigeteilt dort zum Mandelkern (Amygdala) und zum Seepferdchen (Hippocampus). Im Mandelkern wird die Riechinformation mit Gefühl versehen, keinem, schlechtem oder gutem Gefühl. Riecht es Rosen oder frischen Brötchen, dann findet die Riechinformation Eingang über den Hippocampus ins Gedächtnis. Das gilt auch für negative Düfte, die sollen gemieden werden.

Das Riechen beginnt sehr früh bereits im Mutterleib, lange vor dem Sehen. Alles, was im Uterus gerochen wird, prägt und bleibt lebenslang erhalten. Trank die Mutter Kamillentee, erwirbt das Kind eine Vorliebe für Kamillentee. Der Muttergeruch als solcher wird zentral für den Embryo und bildet die sinnliche Grundlage für die Erkennung der Mutter, die zunächst nur über die Nase erfolgt. "Säuglinge sind programmiert auf sehr schnelles Lernen von Gerüchen", schließt die Wissenschaftlerin aus den Experimenten, "wenn der Säugling seine Mutter riecht, fühlt er sich geborgen." (http://tinyurl.com/qytzstd)
Diese frühe Kommunikation spielt für die Mutter-Kind-Bindung eine bedeutende emotionale Rolle. Man könnte sie als Basis des Heimatgefühls ansehen und in diesem Lichte auch die Einrichtungen zur Abgabe von Kleinstkindern bewerten. Kinderkrippen dürften in dieser Hinsicht einen verunsichernden Einfluß besitzen, denn nicht nur  der Muttergeruch fehlt, auch der Berührungskontakt, die Stimme und der Blickkontakt fehlen. Ersatzstoffe wie “Schnuffeltücher” bleiben ein minderwertiger Ersatz. (Vgl. "Die dunkle Seite der Kindheit", Rainer Böhm, FAZ 4.4.12)

Wie stark ein Duft wirkt, zeigte Riechmeister Hanns Hatt in seinem Vortrag mit einem Mäusevideo. Zu Beginn liefen die Mäuse munter herum, schnupperten hier und schnupperten da; nachdem man ihnen eine Duftlösung aus Jasmin und Thymian in den Kasten gestellt hatte, erlahmte die Aktivität der Mäuse und sie setzten sich ruhig in eine Ecke. (Morgen mehr dazu.)

Samstag, 29. Juni 2013

Sich warme Füße riechen






Hans Hatt kann sie riechen: die Ionenkanäle (TRP-Kanäle, Transient Receptor Potential-Channels)


Kant fand das Riechen nicht so spannend, Hegel auch nicht, aber Nietzsche schon. Der Mediziner und Zellphysiologe Hans Hatt, der an der Ruhruni Bochum lehrt (RUB), hat dem Riechen sogar sein Forscherleben gewidmet. Einen kleinen Einblick in dieses große Gebiet bot Hatt im Rahmen des “Kolloquiums Biologie und Gesellschaft” am 24.6.13 an der TU Dortmund. Für Damen mit kalten Füßen war das Wichtigste sicher der Hinweis auf die wärmende Fußcreme von Hansaplast. Viel Energie könne man damit in Deutschland einsparen, meinte Hatt launig, der überhaupt Wissenschaft attraktiv zu vermitteln weiß, was ihn auch wie auserlesen für’s Wissenschaftsvermittlungswesen in seiner Funktion als Präsident der Nordrheinwestfälischen Akademie der Wissenschaften erscheinen läßt. 

Die Fußcreme kann wärmen, weil nicht nur die Nase riecht, sondern auch die Haut und der Schmerznerv Trigeminus. Und die Sensoren für chemische Wahrnehmung - der Geruchssinn arbeitet chemisch - und für Temperaturwahrnehmung funktionieren kombiniert (über die TRP-Kanäle). Jeder kennt das vom Biß auf die Peperoni: es schmeckt und riecht scharf, zugleich stellt sich ein starkes Wärmegefühl ein. 
(Fortsetzung folgt)

Freitag, 28. Juni 2013

Papierwelt





Auch Physiker Schellnhuber ein gelehrter Ignorant? Mit Mitteln der Modell-Magie füttert er den Aberglauben.
(Zeichnung: Stefan Klinkigt / http://tinyurl.com/pa7wt72)





Der Mensch sei wie ein Schilfrohr im Winde, behauptet der Psalm. Oder wie ein Esel mit Ehrgeiz? Oder gelehrte Idioten? Cusanus sprach von “docta ignorantia”, belehrter Unwissenheit. Das Phänomen besteht darin, daß hochintelligente Gelehrte des größten Blödsinns fähig sind. Oder der größten Verbrechen aus gelehrter Perspektive heraus. Ihre hohe Intelligenz und große Gelehrsamkeit bewahrt sie nicht vor Dummheiten und Schandtaten, wie sie der rüdeste Dummkopf auch begeht. Die Geschichte der Religionen liefert dafür viele schlimme Beispiele. Daß ein Mufti oder Papst den nicht genehmen Gläubigen einfach ermordet, erstaunt nicht. Sie machten es immer so. Daß dagegen ein Jean Calvin den Protestanten Michael Servet dem Folterfeuertod überantwortet, und sich gleichzeitig für das Kollegialitätsprinzip einsetzt, läßt aufmerken. Und Calvin war sehr viel gelehrter als Luther. Der die Leibeigenschaft der Bauern stützte und im Bauernkrieg gegen die Bauern hetzte, zugleich aber “Von der Freiheit eines Christenmenschen” handelte. Kann da der einflußreiche katholische Jurist Carl Schmitt noch verwundern, der sich den Nazis andiente? Es irritiert mich immer noch, muß ich zugeben. Desgleichen der ebenso einflußreiche calvinistische Theologe Karl Barth, der dem Megaterroristen Stalin noch 1949, lange nach den Moskauer Schauprozessen, “Statur” bescheinigte. (Vgl. politics.ie/forum/history/141293-rev-karl-barth-comrade-stalin.html) Wie sein hochgelehrter lutherischer Kollege Emanuel Hirsch dies noch mehr für Hitler tat.  (Vgl. Emanuel Hirsch - brillanter Theologe und prominenter Nationalsozialist, DLF 27.6.13)

Viele gelehrte Namen ließen sich noch anfügen von Heidegger bis Sartre, und auch die kleineren Geister, die Lehrer, wären noch zu erwähnen, die jeweils in den totalitären Parteien überrepräsentiert waren. Intelligenz und Bildung spielen ganz offenbar eine untergeordnete Rolle, sie können nicht vor Irrtümern, dummen Handlungen und schweren Verbrechen bewahren. Die totalitären Führer waren selbst intelligent und gebildet. Statt Intelligenz und Bildung hochzujubeln, sollte man vielleicht einem ungelehrten Pragmatismus  größeren Wert beimessen.  

Donnerstag, 27. Juni 2013

Aufklärung en passant




Bildung funktioniert nicht so, wie sich das Schiller in „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ gedacht hat. Schön hat er sich das gedacht, aber es war leider auch schön blöd. Largo hilft.



Die Aufklärer knüpfen bei Seneca und Lukrez an, die in ihren naturphilosphischen Schriften natürliche Erscheinungen wie etwa Blitze des abergläubischen Hintergrunds entkleiden. Das positive Wissen ist zwar in der Antike noch sehr lückenhaft, Blitzableiter gibt es dann wirklich erst in der Aufklärung, aber die Hauptsache ist bereits klar erkennbar: Wissen klärt auf, Romane verschwiemeln. Auf Wissen setzen deswegen die Enzyklopädisten d’Alembert und Diderot. Ab 1751 erscheint in Paris die „Encylopédie“, ab 1768 in London die „Encyclopedia Britannica“.  
Nicht zu vergessen: der große Breslauer Schumachersohn Johann Heinrich ZEDLER hatte schon 1750 sein mit über 60 Bänden sehr umfangreiches Universal-Lexikon vorgelegt.
(Die Bayerische Staatsbibliothek hat den  ZEDLER übrigens digitalisiert und ins Netz gestellt.)
Der Schwiemelbruder Rousseau dagegen bringt seine 5 Kinder nach der Geburt ins Waisenhaus und phantasiert über Erziehung und Politik gefährlich herum; Robespierre ist beim Volonté générale sein furchtbarer Schüler, aber auch alle späteren Totalitaristen von Lenin bis Kim Jong-Un pochen auf den Generalwillen und sehen sich als dessen Vollstrecker. Rousseau ist kein Aufklärer wie Voltaire, sondern ein verrückter Romantiker. Friedrich II., nachdem er im Alter zu Verstand kam, leistet dagegen mit dem Preußischen Landrecht, nach Vorarbeiten u.a. von Pufendorf, einen großen Beitrag zur Entwicklung des Rechtsstaates. Dort steht am Anfang auch die Antike mit Cicero, an den Bodin anknüpft.  
Schiller hat auf seine intuitive Weise mit dem “Tell” ein bedeutsames liberales Vermächtnis hinterlassen. Darin überwindet er den schönen Idealismus seiner Briefe „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“.
Die Aufklärung ist heute in ihr neurobiologisches Stadium eingetreten und findet sich bei Autoren wie Damasio (“Descartes’ Irrtum”) und Stephen Pinker (“Das unbeschriebene Blatt”). Von Biologie, Ethnologie, Ethologie und Hirnforschung ergeben sich Folgerungen auf die Bildbarkeit des Menschen (Hassenstein, Cube, Largo etc.)

Mittwoch, 26. Juni 2013

Parteien kann man sich nicht malen








Die Lage in Deutschland ist schwierig. Im Bundestag gibt es seit Jahren keine nenenswerte Opposition mehr, nur noch sozialdemokratische Parteien mit geringen Unterschieden. Die FDP hat sich mit der Verabschiedung des EEG in dem sehr bedeutsamen Energiebereich der Linken zugesellt. Und das ja nicht zufällig, sondern weil die Massenmedien zu zwei Dritteln rotgrün ausgerichtet sind, ebenso wie die Lehrer- und Hochschullehrerschaft. Mindestens die Hälfte der Wähler dürfte ebenfalls sozialdemokratisch denken.
Vor allem in der wichtigen Euro-Staatsschulden-Politik will die Alternative für Deutschland Korrekturen der Solidität anbringen. Außerdem strebt sie eine Einwanderungspolitik nach kanadischen Kriterien an, mehr direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild sowie die Änderung der EEG-Subventionen: nicht die Stromkunden sollen sie bezahlen, sondern alle Steuerzahler über einen Einzeltitel im Bundeshaushalt, um auf diese Weise Transparenz herzustellen. Es ist vorstellbar, daß die Energiepolitik sich im Rahmen einer Programmdiskussion in der Mitgliedschaft nach der Bundestagswahl weiterentwickelt. Die Programmdiskussion wie überhaupt die Diskussion ist bisher ruhiggestellt, um die organisatorische Arbeit eines Parteiaufbaus in der kurzen Zeit bis zur Wahl überhaupt bewältigen zu können.
Die Alternative für Deutschland dürfte als einzige kleine Partei die Chance besitzen, die 5%-Hürde zu überspringen. Mit Lucke, Adam und anderen hat sie persönlich attraktive Kandidaten, wobei man Konrad Adam seit langem auch als integeren Journalisten kennt.
Mir scheint, daß die Alternative für Deutschland erstmalig wieder die Chance bietet, den derzeitigen Blockflötenbundestag mit einer bürgerlichen Opposition zu bereichern.

Zur Frage von Koalitionen und Tolerierungen hat sich Lucke in einer direkten Stellungnahme am 30.5.13 so geäußert:

“Ich möchte auf diesem Wege eine Meldung richtig stellen, die heute zuerst über Reuters und weiter über die Deutschen Wirtschaftsnachrichten verbreitet wurde:
In einem Reuters-Interview wurde ich gestern gefragt, unter welchen Bedingungen die Alternative für Deutschland zu Koalitionen oder Tolerierungen bereit sei. Ich habe diese Frage in allgemeiner Form (ohne Bezug auf konkrete Parteien) beantwortet mit der gültigen Linie unserer Partei: Koalitionen oder Tolerierungen sind nur denkbar, wenn der jeweilige Partner seine Position in der Euro-Rettungspolitik grundsätzlich verändert.
Das wurde von Reuters als ein "Koalitionsangebot an Schwarz-Gelb" vermarktet. Dies ist eindeutig falsch und wir haben dies inzwischen in einer Presseerklärung (Anlage) richtiggestellt. Ich habe CDU und FDP genausowenig ein Koalitionsangebot gemacht wie SPD und Grünen. Ich werde dies auch nicht tun. Ich habe eine rote Linie gezogen, über die wir nicht gehen werden, egal mit welcher Partei: Zusammenarbeit kann es nur geben bei einer grundlegenden Abkehr von der Eurorettungspolitik.
Die DWN haben ebenfalls wahrheitswidrig behauptet, ich würde lediglich eine schärfere Auflagenerfüllung in ESM-Programmen fordern und "der Deal wäre gemacht". Richtig ist, dass ich von Reuters gefragt worden bin, unter welchen Bedingungen sich die Alternative für Deutschland zu einer bloßen Tolerierung bereitfinden könnte. Dazu habe ich gesagt, dass Tolerierungsvereinbarungen unter schwächeren Bedingungen zustande kommen könnten als Koalitionsvereinbarungen. Beispielsweise habe ich als eine mögliche Bedingung für Tolerierung angegeben, dass keine neuen Programme im ESM aufgelegt werden und dass in den alten Programmen (zu denen sich die Bundesrepublik vertraglich verpflichtet hat) neue Tranchen Geldes nur noch ausgezahlt werden, wenn die Empfängerländer die vereinbarten Programmauflagen auch wirklich eingehalten haben. Der wesentliche erste Teil meiner Aussage ist in der Reuters-Berichterstattung einfach weggefallen.
Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass dies das zweitemal in kurzer Zeit ist, dass Interviewäußerungen von mir sinnentstellend oder sogar böswillig (Handelsblatt online) verzerrt werden. Ich glaube nicht, dass das Zufall ist. Es zeigt, dass unsere Gegner die Alternative für Deutschland ernst nehmen und mit allen Mitteln zu diskreditieren versuchen. Wir werden Ähnliches vermutlich auch in Zukunft erleben. Bitte bewahren Sie sich gegenüber missgünstiger Presseberichterstattung daher eine gesunde Skepsis.”  

Dienstag, 25. Juni 2013

Waigel und der Verstand



Wer ist denn diese Laus? Oder ist es gar keine Laus?





Daß der Verstand erst mit den Jahren kommt, glaubt man erst, wenn die Jahre da sind. Aber es gibt auch die albernen Greise. Theo Waigel wird man wohl dazurechnen müssen. Er hat offensichtlich nichts dazugelernt über den Umgang bestimmter Politiker mit dem Euro, sonst würde er nicht Lucke von der Alternative für Deutschland im FOCUS-online-Interview einen “Traumtänzer” genannt und den Bundestags-Blödsinn zur verfehlten Euro-Politik komprimiert wiederholt haben. 

Mit dem Maastricht-Vertrag war das Euro-Experiment wohl vertretbar. Aber dieser Politiker Waigel - er glaubt tatsächlich, er hätte politisches Urteilsvermögen -  hätte doch durchaus ahnen können, daß es unter seinesgleichen eine Menge krummer Hunde geben würde, die sich um Verträge keinen Deut scheren würden. Wir haben es alle erlebt. Waigel auch. Offenbar ist er unbelehrbar. Man hat die Schnauze voll von diesen Leuten.

Montag, 24. Juni 2013

Schul-Lobbyisten vermutlich durch überlange Schulzeiten um den Verstand gebracht








“Studie: Soziale Herkunft prägt nach wie vor Schulerfolg

Der Bildungserfolg eines Kindes wird weiterhin wesentlich von der sozialen Herkunft und der Vorbildung der Eltern geprägt. Das zeigt der zweite Chancenspiegel über die Leistungen und Schwächen der Schulsysteme in den 16 Bundesländern, den die Bertelsmann Stiftung heute in Berlin vorlegte. Danach ist die soziale Herkunft schon in der Grundschule entscheidend für den Bildungserfolg. Kinder aus bildungsfernen Schichten liegen bei der Lesekompetenz durchschnittlich ein Jahr hinter Kindern aus der Oberschicht.”  DLF 24.6.13
Wer sagt denn mal den Bertelsmännern, daß Intelligenz zu 50 bis 80 % genetisch bedingt, also angeboren ist? Mozarts Musikalität dürfte zu eher 80% vererbt sein, ebenso Christian Neureuthers Bewegungsintelligenz. Ähnlich verhält es sich mit dem Gedächtnis und dem Abstraktionsvermögen.  

Natürlich spielen Dauerfernseheltern auch eine Rolle. Wer hätte das gedacht?  

Sonntag, 23. Juni 2013

Nicht nur Hitler haßte die "Finanzjuden" und setzte auf die "Volksgemeinschaft"


Nachdem er Tausende köpfen ließ, darunter auch den Ausnahmewissenschaftler Antoine Lavoisier, wurde er 1794 selbst geköpft: Robespierre, "der Unbestechliche".



Der Schock ist überwunden. Reale Armut, stundenlanges Schlangestehen für Butter oder Ersatzteile, 10 Jahre Lieferzeit für ein minderwertiges Plastikauto, ständige Überwachung, Abschuß von ausreisewilligen Bürgern an der Grenze - der Zusammenbruch 1989 - all das verblaßte oder wurde gar vergessen. Der Doppelspiel-Anwalt der SED, Gysi, wird in den Geschwätzrunden herumgereicht und im Deutschlandfunk wird in Serie gegen die “Amoralität des Finanzsystems” zu Felde gezogen. Ach, war der Sozialismus doch moralisch!

Aber wir wollen nicht auf das religiöse und politische Gouvernantenkampfwort MORAL hereinfallen. Moralismus war stets ein Kampfmittel bestimmter Menschen, um auf diese Weise Macht zu erringen. Allen voran waren das die Priester. Es ist kein Zufall, daß die Hochzeit der religiösen Herrschaft, das Mittelalter, geistig, technisch und wirtschaftlich so armselig in der Geschichte dasteht, daß es nicht einmal zu einem eigenen Namen reichte. Erst die Renaissance, die Besinnung auf die attische Antike, brachte den Umschschwung zu klarerem Denken und die Zurückdrängung des Moralismus in der öffentlichen Herrschaft.
Aber nicht nur den Priestern und Päpsten war die MORAL ein genehmes und heuchleriches Kampfmittel, um die Bürger ihrer Doktrin zu unterwerfen. Die säkularen Priester taten es ihnen gleich. Nach dem Erfolg der französischen Revolution entartete sie zu einer Moralismus- und Blutherrschaft ohnegleichen, wofür der Name des Großtugendboldes ROBBESPIERRE sich mit der Guillotine in die Geschichte eingraviert hat.

Von dieser Sorte folgten weitere: der marxistische Moralist Lenin, der gegen Kerenski putschte und Rußland in Blut und Sklaverei tauchte bis Gorbatschow gezwungen wurde, die Erziehungs-Diktatur der KPdSU aufzugeben. Welche Opfer hat das gekostet! Wie viele haben Mao und Pol Pot hinzugefügt. Die totale kommunistische Herrschaft der Kims über Nordkorea dauert nach wie vor an.
Darum Vorsicht, wenn Gemeinwohl, Gemeinsinn, Solidarität, Gemeinschaft, Volksgemeinschaft, Gerechtigkeit und Moral gepredigt werden. Das sind die Heuchelbegriffe von religiösen und säkularen Priestern und Predigern, die ihre Herrschaft ausdehnen wollen. Wehret den Anfängen. Wer weiß, wie fruchtbar der blutige Schoß der Gottesgesandten, Robbespieres und Pol Pots noch ist!

Samstag, 22. Juni 2013

Prima Korsett für Brod







Johann Friedrich Hessing





Ja, schon die alten Ägypter kannten Mediziner, und dann gab es Hippokrates und Galen - aber Mediziner, die diesen Namen im heutigen Sinne verdienen, die gab es erst sehr spät in Europa, und nur dort. Noch Schiller war ein elender Kurpfuscher, allerdings war er zu dieser Tätigkeit gezwungen worden und besaß keinerlei Interesse für die Physiologie. Was ihn aber nicht entschuldigt, seine Soldaten vergiftet zu haben, so daß er aus der Stelle entfernt werden mußte. Nach Vorbereitungen in Norditalien (Malpighi), Holland (Vesalius, Leuuwenhoek) und England (Harvey) entstand die moderne Medizin erst im 19. Jahrhundert, also erst nach Jahrtausenden der Kurpfuscherei. Noch Mozart verstarb mutmaßlich durch "ärztlichen" Aderlaß. 

Für die Entwicklung ernsthafter Orthopädie ist hier Johann Friedrich Hessing aus dem protestantischen Rothenburg / Tauber zu nennen, das sich 1544 der Reformation anschloß und im Bauernkrieg auf der Bauernseite stand. 

Am 19.6.1838 als Bauernsohn geboren wurde Hessing Schreiner und Orgelbauer, bevor er sich ohne Förderung irgendeines Bildungsministers oder einer Gemeinschaftsschule autodidaktisch mit allergrößtem Erfolg der Orthopädie zuwandte. Allerdings war er auch nicht durch irgenein Abitur verbildet oder gar literarisch verblödet worden. Sogar aus Prag kam man angereist, um sich ein Hessing-Korsett anmessen zu lassen, so Max Brod, der an Wirbelsäulenverkrümmung litt. Sein Freund Kafka widmete sich ja überwiegend unproduktiven Phantasmen.

Bravo, Hessing, kann man da nur sagen!

Freitag, 21. Juni 2013

Gute Preisnutzung, Herr Broder!




Sloterdijk bei der Preisverleihung? Falsches Bild?






Da gibt es die Börne-Gesellschaft und den Börne-Preis. Broder bekam letzteren vor ein paar Jahren. Dieses Jahr bekam ihn Sloterdijk. In beiden Fällen keine schlechte Wahl. Als Sloterdijk aber als neuer Preisträger benannt wurde, protestierte Broder und gab seinen Preis zurück. Der Chef der Börnianer konterte, daß Broder seinen Preis schon beim letzten Protest zurückgegeben habe; die Gesellschaft müsse jetzt im Statut festschreiben, daß der Börne-Preis nicht mehr als zweimal zurückgegeben werden könne.
Broder jedenfalls macht guten Gebrauch von seinem Preis, den er gar nicht mehr besitzt. Er protestierte im Hinblick auf Sloterdijks Ausspruch zu 9/11:
"Und wenn mir jemand versichert, dass er nach dem 11. September im Bereich der Philosophie anders denkt als vorher, streiche ich ihn sofort aus der Liste der ernst zu nehmenden Personen. Man kann als Intellektueller nicht behaupten, dass man im Rückblick auf das 20. Jahrhundert durch einen Zwischenfall in amerikanischen Hochhäusern plötzlich aus einem dogmatischen Schlummer erwacht ist. Ich glaube, die Katastrophenlandschaft des 20. Jahrhunderts einigermaßen zu überblicken. Der 11. September gehört da eher zu den schwer wahrnehmbaren Kleinzwischenfällen."
Darüber kann man sich schon ärgern. Das klingt recht hart. 3000 Leichen, pulverisiert von islamistischem Gesindel. Ausbildungslager für solche Schurken gibt es in allen arabischen Ländern, besonders viele aber gab in Afghanistan. Trotzdem hat Sloterdijk mit den “Kleinzwischenfällen”, gemessen an den Strömen von Blut und den Hekatomben von Toten des 20. Jahrhunderts, zu denen Lenin den Startschuß gab, recht. Wir leben in einer sehr komfortablen Zeit. Wirklich angenehm. Der Stalinismus und sein feindlicher Vetter, der Faschismus, sind entscheidend geschwächt und leben nur noch in “Kleinzwischenfällen” am Rande.
Sloterdijk widmete sich in seiner Preisdankesrede erneut diesem Thema. Auf eine Weise, die Broder vermutlich wieder als Verniedlichung des Terrorismus empfinden wird:
“Wie verheerend die Nonsens-Formel vom Krieg gegen den Terror weltweit gewirkt hat und wie krank die Gehirne der unbedachten Benutzer der Formel durch sie geworden sind, kann man an der zutiefst korrupten Rede des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan vom letzten Dienstag erkennen, in welcher er die demokratischen Demonstranten im Gezi-Park von Istanbul als ‘Terroristen’ bezeichnete”.  
Natürlich eignet sich ein Kampbegriff wie ‘Terrorist’ auch dafür,  von Islamisten wie Erdogan mißbraucht zu werden. Es gibt wohl keinen Begriff von einiger Bedeutung, der nicht mißbrauchbar wäre. Die Analyse der politischen Sprache lebt davon. Begriffe die “Freiheit” und “Gerechtigkeit” wurden seit jeher massenhaft mißbraucht, und inzwischen gehört auch “Demokratie” dazu. Sie wird gern im Munde geführt, besonders in Europa, um die individuellen Besitzrechte auszuhöhlen, u.a.  durch sozialistische Maßnahmen wie das EEG. Auch als Legitimationsphrase von Amtsinhabern, besonders der EU, ist es lebhaft im Schwange. Und auch bei Sloterdijk:
Zum einen meinte ich, dass man im Prozess der Demokratie mehr und mehr auch für seine Feinde verantwortlich wird.”
Da wird der Demokratie hinterrücks etwas untergeschoben, was aus der ursprünglich Milieutheorie stammt. Nämlich, daß man doch so nett zu seinen Feinden sein soll, sich ihnen frei- und dienstwillig zu unterwerfen, um sie nicht zu erzürnen und zu “Kleinzwischenfällen” zu treiben wie Großflugzeugattentate auf sehr große Hochhäuser.
Sloterdijk bleibt eben ein talentierter Dampfplauderer aus der Abteilung Philosophische Unterhaltung. Er leistet keinen Beitrag zur scharfsinnigen Analyse. Schade eigentlich.  

Donnerstag, 20. Juni 2013

Unter Philosophen




Hier noch ohne Email.




John Searle war da. In Köln. Hielt zwei Vorlesungen unter den Augen Alberts. Er wundere sich, wie man auch nur einen Satz Freuds habe ernstnehmen können, sagte er. Und sein Hund hätte mehr Alltagsverstand als die Batterien von Philosophen, die über unnützen Problemen klügelten. Sagte er. Ob sich Albertus Magnus da angesprochen fühlte?

Der Philosophenkollege Colin McGinn könnte darüber auch nachdenken. Dem Vernehmen nach hat er balzende Emails geschrieben nach Art eines geilen Hundes. Über Evolution und Handarbeit dachte er zuletzt nach. Das Kapitel Sex vor Verstand hatte er wohl unterschätzt. Eine alte Geschichte. Doch wem sie just passiert, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Mittwoch, 19. Juni 2013

Operette




Geht auch statt Bärenfellmütze
(Bild: W. Sauber / Wikip.)

Sollen sie sich doch in Island hinter dem Berg treffen, wenn dies nötig erscheint. Oder im Phantasialand, das ist schön eingezäunt und besitzt große Parkplätze. Diese Häuptlingstreffen mit schlimmer Verkehrsbehinderung, nutzloser Polizeibeschäftigung, blödem Posieren und geistlosem Herumschwadronieren - es erbaut nicht.
Und dann noch die “Begrüßung mit militärischen Ehren”! Dabei handelt es um einen Mißbrauch der Armee. Sie ist nötig zur Sicherung der Bürger, aber nicht als Bunt-Kulisse für Häuptlingsbesuche. Ein Amtsinhaber kann sich selbst ehren durch sein Handeln und seine Reden - wenn er es denn kann. Falls er sein Ego zusätzlich aufpolstern will, soll er eine Bärenfellmütze von den Horseguards erwerben.

Die Besucher sind zeitweilige Amtsinhaber, die Hälfte davon ziemlich ehrlos.  Alle aber sitzen auf ihrem Hintern, wie alle anderen auch. Entsprechend sollen sie sich auch benehmen. Das inszenierte Affentheater ist geeignet, Möchtegerne und Geltungssüchtige in die Ämter zu locken. Das sollte vermieden werden. Staatsdiener sollen sie sein, und wie Diener sollen sie sich auch benehmen.

Dienstag, 18. Juni 2013

Rachmaninow in der Sonne






Hier drängte sich wieder die Jugend vor, kaum daß die Alten über 30 noch einen Platz bekamen.




Das war doch schöner als die vielen polnischen Gehässigkeiten nach dem Diktat von Versailles 1918. (Vgl. Golo Mann, Dt. Geschichte, 10. Kap.) Aus Posen waren sie angereist, die jungen Damen des Klaviertrios, und spielten im schönen ehemaligen Haniel-Herrensitz “Maria in der Aue” im Bergischen Land nahe Köln. Das alte “Mitteleuropa” hat wieder den lang entbehrten Anschschluß nach Westen; der war verlorengegangen, nachdem sich die russischen Panzer bis zur Oder-Neiße vorgeschoben hatten, den “Ostblock” errichteten und durch den “Eisernen Vorhang” einschlossen. Die polnischen Kommunisten raubten einen Teil Mitteldeutschlands, darunter eben auch die alte deutsche Stadt Posen. Der Zusammenbruch der sozialistischen Systeme eröffnete seit 1989 neue Perspektiven und macht vielfachen und nicht nur musikalischen Austausch möglich.
Das Posener Klaviertrio spielte Beethoven op. 70 Nr. 1, Rachmaninow g-moll Nr. 1 und, natürlich, Chopin (g-moll op. 8). So richtig zu dem Sommerwetter und dem neobarocken Spielort paßte nur der Beethoven, wenn man den mittleren “Geister”-Satz nicht zu ernst nimmt. Das “Trio élégiaque” Rachmaninows kann dagegen zu jeder Trauerfeier im dunklen November gespielt werden; aber die Damen spielten es mit Hingabe und mit ausgefahrenem Gefühl. Dies traf auch für das Chopin-Trio g-moll zu, das ebenfalls, zumal mit der tief geführten Violine, auch nicht gerade ein c-dur-Jubelstück ist.
Man muß die Stücke und die Damen nehmen, wie sie kommen. Oder auch dialektisch betrachten: Rachmaninow, “eighty inches of Russian gloom”, so Strawinsky über den Kollegen, das ist die Vergangenheit, der Beginn des “Eisernen Vorhangs”, als Rachmaninow sich vor den Lenin’schen Barbarenhorden, “Sowjets” genannt, in Sicherheit bringen mußte. Er kehrte nie nach Rußland zurück und starb 1943 in Beverly Hills (sic!). Dieses blutrünstige 20. Jahrhundert der beiden Totalitarismen ist durchlitten und überwunden. Im 21. Jahrhundert darf ein polnisches Trio mal eben ins Auto steigen und den elegischen Rachmaninow in neobarockem Sonnenlicht spielen. Gute Dialektik.  

Montag, 17. Juni 2013

Brecht und Bienek











“Im Berliner Ensemble gab es eine Protest-Versammlung
(wie ich später erfuhr) Proteste.
Auch Brecht wollte etwas sagen.
Als sie zu ihm gingen,
hatte er sich in seinem Zimmer
eingeschlossen.” ...
“es war abends gegen acht Uhr,
Wir haben einen Eilbrief für Bienek, sagten sie,
und als ich heraustrat,
rissen sie meine Arme nach vorn
und legten mir Handschellen an.
Es dauert nicht lang.
Und dann: Eintausendvierhundertzweiunddreißig Tage
hat es gedauert.”

Bis Adenauer Ende 1955 nach Moskau kam und viele deutsche Kriegs- und Zivilgefangene durch Verhandlungen freibekam.
Auch den jungen Autor und Brechts Dramaturg Horst Bienek, der unberechtigt der Spionage bezichtigt und 1951 zu 20 Jahren Gulag in Workuta verurteilt wurde. Er hatte Glück, er überlebte, auch den Streik von 1953, der blutig zusammengeschossen wurde, und kam durch Adenauer nach nur (!) vier Jahren Sklavenarbeit, Kälte und Hunger vorzeitig frei. In dem Langgedicht “Flucht, vergeblich”, aus dem die obigen Zitate stammen, behandelt er diese Heimsuchung durch den Ostberliner Geheimdienst und die russische Militärverwaltung.   
“Brecht hatte bei der Verhaftung seines Schülers geschwiegen, und Helene Weigel soll gesagt haben: ‘Vielleicht war der Bienek doch ein amerikanischer Spion. Man verhaftet doch bei uns nicht so einfach unschuldige Leute.’”
(F.A.Z. 10.06.2013, Die geheimen Hauptstädte der Welt)  
Brecht und Weigel hielten auch im Juni 1953 den Mund, als vor der Tür ihres Theaters die Arbeiter streikten und Proteste gegen die SED-Diktatur überall in der Sowjetisch besetzten Zone aufflammten. Auch als die russischen Panzer den Aufstand niederwalzten, schwiegen Genosse Bertolt Brecht und seine Lieben. Auch von Genosse Ernst Bloch hörte man nichts. Vernahm jemand den Protest des Walter Jens?


Aus dem Nachlaß Bieneks erschien jetzt:

Horst Bienek „Workuta“, mit einem Nachwort von Michael Krüger, Wallstein-Verlag, Göttingen 2013, 80 Seiten, 14.90 Euro 
“Flucht, vergeblich” in H.B., Gleiwitzer Kindheit, 1978, S. 84ff.

Sonntag, 16. Juni 2013

Macht Sinn




“Verspielt nicht eure Zukunft!“, ruft uns die Stimme. Ja, wer wollte das schon. Aber wie macht man das am besten? Es müßte ganz einfach sein, denn es liegen schon abertausend Vorschläge auf dem Tisch. Vom “Zurück ins islamische Mittelalter” über “Mehr Moral bitte” bis “Vorwärts ins grüne Mittelalter” ist alles dabei. Das erschwert natürlich die Entscheidungsfindung beträchtlich. Deswegen hat ein Autor sich noch einmal zu Wort gemeldet, der den Sinn schon im Namen trägt. Und tatsächlich hat der Promi-Ökonom 8 sinnvolle Vorschläge unterbreitet. Bei Nr. 7 bleibt mir der Sinn allerdings einstweilen noch verborgen: Kinderwahlrecht für Eltern, um mehr Langfristperspektive in das Denken zu bringen. Wer hätte denn da die meisten Stimmen und wie wäre die Auswirkung?

Da gibt es diese halb schwachsinnigen Frauen, die 8 Kinder von 10 verschiedenen Männern haben. Das ergäbe schon ein ordentliches Stimmenpaket. Da sie von Wahlen und auch sonst nichts wissen, blieben die Stimmen wertlos, es sei denn, jemand würde sie für die Wahl bezahlen. Sieht nicht nach mehr langfristigem Denken aus. Schon weil das Denken wegfällt in diesem Fall.

So viele Stimmen bekäme der Katholik im Sauerland nicht zusammen, obwohl die katholische Familie mehr Kinder auf die Stimm-Waage bringen würde als die protestantische in Bremen. Aber 5 Stimmen könnten drin sein. Wofür würden die abgegeben? Mehr Einfluß für Papst, Bischof und den Pfarrer vor Ort? Diese Leute lassen sich aus der Kirchensteuer bezahlen und sind einer alten Ideologie verpflichtet, die das Rad nicht erfunden hat, auch nicht die Sonntagsöffnung von Geschäften.
Was würde der orthodoxe Jude tun? In Israel wird das Problem gerade debattiert. Die Orthodoxen gehen nicht arbeiten, haben aber viermal so viele Kinder wie die zivilisierten Israelis. Irgenwie auch nicht sehr zukunftsträchtig.
Der türkische Gentleman in Esslingen mit den drei Frauen und fünfzehn Kindern bekäme einiges Gewicht. Da alle 19 Familienmitglieder von der Sozialhilfe leben, wie weiland der “Kalif von Köln”, Metin Kaplan (150.000 Euro), wäre er natürlich für die Erhöhung der Sozialhilfe und würde seine 19 Stimmen Rotgrün geben, weil Rotgrün gerne die Sozialhilfe erhöht. Ob das die Zukunft sichern würde?

Herr Sinn, Vorschlag Nr. 7 erinnert mich an den Vorwurf gegenüber Keynes, sein wirtschaftliches Denken sei kurzfristig orientiert, weil er homosexuell sei und entsprechend keine Kinder habe. Ich halte das für Unsinn. Man kann behaupten, daß die kurzen Legislaturperioden das längerfristige Denken in den Parteien nicht fördere. Trotzdem gibt es in den Parteien unterschiedliche Köpfe. Solche wie Helmut Schmidt, die die Staatsschulden hemmungslos hochfahren und dann darüber hinwegschwadronieren. Oder solche wie Konrad Adenauer, die das Rentenumlagesystem einführen, weil er davon ausging, daß es zukunftsstabil sei, denn er meinte, “Kinder kriegen die Leute immer”. Das war vor der Einführung der “Pille”. Es kann eben niemand in die Zukunft sehen. Deswegen hat Ludwig Erhard rechtbehalten, der vor der Umlage-Rente warnte. Die schwäche die individuelle Verantwortung und persönliche Vorsorgebereitschaft.

Man braucht die Zukunft nicht zu kennen, um zu wissen, daß dies das einzige zukunftsfeste Handlungs-Prinzip ist. Bei den Eltern und bei den Kinderlosen. Bei Eichhörnchen und bei Homosexuellen.

Samstag, 15. Juni 2013

Die ewige Wiederkehr des Gleichen

Und so wechselt man die Zündkerzen am Thunderbird - die Präsidentengattin Lady Bird Johnson besucht 1966 eine HEAD-START-Klasse und liest vor. Die beiden Jungs im Vordergrund bersten vor Interesse.  
(Bild: Wiki.)  


Auch der Volkswirt James J. Heckman (Uni Chikago) plädiert für mehr Gleichheit. In den USA. In seinem Buch “Giving kids a fair chance” plädiert er für eine großflächige frühkindliche Förderung bei Problemgruppen wie alleinerziehenden Müttern und bildungsfernen Familien.
Das ist eine alte Debatte. Die “Headstartprogramme” der sechziger Jahre haben nicht die Ergebnisse hervorgebracht, die man sich erhoffte. Manche afroamerikanischen Milieus verblieben bis heute problematisch, während asiatische Milieus diese Probleme nicht aufweisen. Offenbar kommen Koreaner, Japaner, Chinesen, Vietnamesen etc. mit der amerikanischen Gesellschaft und dem amerikanischen Bildungssystem weit besser zurecht als die alteingesessenen Afroamerikaner. Ähnliches lehrt ja auch der Blick nach Afrika. Es wäre also zu fragen, ob nicht andere Schulformen mit großen praktischen Anteilen und eine Verkürzung der Schulzeit mit anschließender dualer Ausbildung zielführender wären. Heckmann ist Nobelpreisträger. Da sollte man doch etwas mehr erwarten als das Wiederkäuen des alten Krams.  

Zu HEADSTART-Programmen s. Eysenck S. 153ff.

Freitag, 14. Juni 2013

Revolution ist das Opium der Intellektuellen









Auf die Frage eines Schülers nach dem Existenzialismus Sartres:
Jeder Mensch weiß, wie er sich für sich fühlt, schon als Säugling fühlt er sich existent. Kierkegaard hat diesem Existenzgefühl philosophisch Ausdruck gegeben und alles andere, bei ihm den Christenglauben (“Essenz”), daran angeknüpft.
Sartre verbindet das Existenzgefühl mit politischen Phänomenen. In "Das Spiel ist Aus" geht es aber eher um existenzielle Routinen, Pfadabhängigkeiten und alltägliche Zwangsläufigkeiten; die Evolutionsbiologen würden vom stammesgeschichtlichen Erbe sprechen.
Wie Camus sieht Sartre aus der Monadenhaftigkeit der Existenz einen Ausweg im gesellschaftlichen Handeln, Sartre wird Marxist und findet dann auch Stalin und Mao prima. Zuviel denken kann eben auch dumm machen.
“Der existierende Mensch kann von einem Ideensystem nicht verschlungen werden; denn was immer man auch über das Leid sagen und denken mag, es entzieht sich doch dem Wissen genau in dem Maße, in dem es an sich und für sich erlitten wird und das Wissen es nicht abzuändern vermag. ... Diese Innerlichkeit, die sich aller philosophischen Bemühung gegenüber in ihrer Beschränktheit und in ihrer unendlichen Tiefe zu behaupten sucht, diese jenseits des sprachlichen Ausdrucks - als persönliches Wagnis jedes einzelnen gegenüber den anderen und Gott - liegende Subjektivität, genau das hat Kierkegaard EXISTENZ genannt.”
Sartre, Marxismus und Existenzialismus, 1964, S. 12f.
Ich finde, Kierkegaard wird bei Sartre gut erfaßt. Diese Kierkegaard’sche Existenzdimension fehle im umlaufenden Marxismus, den er einem mechanischen Determinismus huldigen sieht, so Sartre. Der sei aber bei Marx selbst nicht angelegt: “Und doch enthielt … der eigentlich Marx’sche Marxismus mit der Hervorhebung des dialektischen Gegensatzes von Erkennen und Sein die unausgesprochene Forderung auf eine existenzielle Grundlegung der Theorie.”
Das war leider nur Philosophenunsinn, aber immerhin sah er dieses Problem und er versuchte eine Lösung. Gelungen ist ihm das nicht. Sartre wurde Parteigänger der KP, distanzierte sich aber von den rollenden Sowjet-Panzern in Budapest 1956. Traurig für seine Statur war 1974 der Besuch des miesen kleinen Killers Andreas Baader in Stammheim, den er allerdings hinterher ein „trou du cul“ genannt haben soll.

Würde Sartre, wenn er von einer ‚Direktion’, wie in seinem Stück „Das Spiel ist aus“ von 1947, eine erneute Lebenschance bekäme, aus dem Sumpf der theologisch gelagerten Philosophie herausfinden und den marxistischen Blödsinn vermeiden können?