Sonntag, 27. Oktober 2013

Unsere Zeit läuft ab






“VOM UNENDLICHEN FORTSCHRITT BIS ZUR NANOSEKUNDE. Wissenschaftliche Betrachtungen unserer Zeit” 
war der ‘Forschungstag’ des Jungen Kollegs an der Akademie der Wissenschaften NRW benann.
Der Titel scheint vom Wissenschafts-ministerium eingeflüstert worden zu sein, das die Finanzierung des Jungen Kollegs übernimmt. Wie nicht anders zu erwarten, wurde es ein bunter Strauß unverbundener Teilhinsichten. Kaum etwas verbindet die “Zeitwahrnehmung aus Sicht der Hirnforschung” (Svenja Caspers) mit der physikalischen Kurzzeitmessung (Alex Greilich).
Den wichtigsten Gegenwartsbezug besaß der Vortrag des Mechanikers Roger Sauer, der die “Vorhersagbarkeit von Natur und Technik” auf sehr einfache Umstände beschränkt sah (s. facebook.com/wolf.doleys , 26.10.13).
Dem Fortschrittsdenken in der Gesellschaft galt der Vortrag Rüdiger Grafs: “Die Langlebigkeit des Fortschrittsdenkens im 19. und 20. Jahrhundert”. Graf zeichnete kurz die Entwicklung der Positionen von der industriellen Revolution mit ihrer Beschleunigungswirkung nach bis zu ihrem gegenwärtigen Interpreten Hartmut Rosa. Die großen gesellschaftlichen Fortschrittsillusionen eines Walter Rathenau und anderer erfüllten sich nicht, Zeifel kehrten ein bei so unterschiedlichen Autoren wie Horkheimer und Hayek. Trotzdem lebte der Fortschrittsgedanke weiter, es gab sogar einen Fortschrittseuphemismus bis in die siebziger Jahre hinein, den dann das Öl-Embargo und der Club of Rome beendeten.

Konzeptionell hätte man dieses Thema in den Mittelpunkt stellen sollen, um von dort aus den Begriff des Fortschritts näher zu erkunden in der Geschichte, der Geschichtsbetrachtung, der Anthropologie und der Psychologie. Die Zeit als solche interessiert wenig, mehr bedeuten die Veränderungen, die sich für den Menschen im Ablauf der Zeit ergeben und das Denken darüber.
Als ein zentraler Text hätte sich Norbert Elias’ “Über den Prozeß der Zivilisation” angeboten.

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