Samstag, 6. September 2014

Vernunft wird Unsinn




Achtstundentagtransparent in Melbourne 1856
(Quelle: Wikip./Ulanwp)


"Alle große politische Aktion besteht in dem Aussprechen dessen, was ist. (...) Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist."
So Lassalle, der am 31.8.1864 starb. Wenn man es bescheidener ausdrückt, wird es gültiger: Verschweigen und Bemänteln sind meist keine sinnvollen Verhaltensweisen. Ausnahmen gibt es bei allem.
Lassalle liebte das opernhafte Auftreten, und zumindest ist das bei der Gründung von Organisationen oft hilfreich, weil viele Leute dadurch angeregt werden, der Organisation beizutreten. In diesem Fall dem von Ferdinand Lassalle gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV), dem Vorgänger der SPD.
Fontane stand den Sozialdemokraten skeptisch gegenüber, zurecht, aber es kann auch nicht bezweifelt werden, daß der ADAV das politische Leben dynamisierte, und dies ist eigentlich fast schon ein Wert an sich. Nachhaltigkeit bedeutet Stillstand und Erstarrung. Dynamisierung gibt den schlummernden Möglichkeiten Raum. Jahrhundertelang hatten Adel und Klerus Entwicklungen gehemmt, wo sie nur konnten. Die industrielle Revolution brachte alles in Bewegung, von unten, lockerte die Standesfesseln und die Zunfterstarrung, verlangte Gewerbefreiheit und Vertragsfreiheit. Bürger und Arbeiter übernahmen tragende Rollen, und hier hatte auch der ADAV seine Verdienste. Er verschwieg und bemäntelte nichts und sorgte damit für Reformen. Der Achtstundentag, schon von dem walisischen Unternehmer Robert Owen 1830 postuliert, und das Streikrecht wurden gefordert.


Das sind heute Selbstverständlichkeiten. Gestern streikten die vielverdienenden Piloten für Rente ab 55, heute tun es die gutversorgten Lokführer und Zugbegleiter für mehr Geld. Die Kunden nehmen sie dafür gewissermaßen als Geisel.
Soll man verschweigen, daß das Streikrecht längst entgleist ist? Soll man bemänteln, daß den Unternehmen alle wirksamen Gegenmaßnahmen genommen wurden? Herr Lassalle, sagen Sie mal was dazu.    
Goethe hat sich  schon dazu geäußert:
„Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage;
Weh dir, daß du ein Enkel bist!“
FAUST I, Studierzimmer II, V. 1976f.   












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