Samstag, 11. April 2015

Anker werfen und geankert werden





Was soll das Häuschen denn kosten? Die Haustür ist sehr hübsch, beste Tischlerarbeit. Gehört der BMW dazu?


Je weiter von den Basis-Trieben entfernt eine Orientierung erfolgt, desto schwerer fällt sie. Die Unsicherheit wird dann durch Anker, kognitive Anhaltspunkte, bewältigt. Zum Beispiel einfach durch Nachahmung, wie schon durch Gabriel Tarde beschrieben. Das Verhalten der Eltern wird kopiert, die Kinder erlernen die Berufe der Eltern oder anderer Familienmitglieder. Im Gehirn erfolgt durch die Wahrnehmung eine Vorbahnung (Priming), die sich durch Wiederholung verstärkt und stabilisiert. Je weniger Vorbahnung durch Erfahrung vorhanden ist, desto wirksamer sind gesetzte Anker. Bei Preisen wird inzwischen gewohnheitsmäßig ein höherer Preis durchgestrichen und ein niedrigerer Preis ausgewiesen. Das funktioniert auch bei Sachverständigen, jedenfalls bei komplexen Gütern wie Immobilien. Jedenfalls ist das ein Ergebnis bei Kahneman:
“Jeder Makler äußerte seine Meinung über einen angemessenen Preis für das Haus und den niedrigsten Preis, zu dem er das Haus verkaufen würde, wenn er der Eigentümer wäre. … Der Ankereffekt betrug 41%. Tatsächlich waren die fachkundigen Praktiker fast genau so anfällig für Ankereffekte wie BWL-Studenten ohne Immobilienerfahrung, deren Ankerungsindex 48% betrug.” (Daniel Kahneman, Denken, S. 158)
Dieses Ergebnis überrascht, und als Makler würde ich einem Psychologen nicht mehr Glaubwürdigkeit zubilligen als einem Juristen o.ä. 


Das Beispiel erinnert mich an zwei mäßig begabte Nachhilfeschüler während meiner Studienzeit, die, Vorbahnungseffekt!, in die Schuhe des Vaters aus dem Baufach schlüpften und sich, ohne einschlägiges Studium, auf die gewinnträchtige Sanierung von Altbauten spezialisierten und mit ihren Kaufangeboten an Altbaubesitzer ganz erfolgreich waren bzw. sind. Immobilienpreise sind keine einfach zu bestimmenden Preise, die Praxis dürfte eine große Rolle spielen bei der erfolgreichen Preiseinschätzung, und das müßte sich gegenüber unbedarften BWL-Studenten ohne diese Erfahrung stärker bemerkbar machen als im Unterschied von nur 7% Ankerungseffekt. Möglicherweise war der Test schlecht konstruiert, so daß der Erfahrungsaspekt minimiert wurde. Das aber würde wenig Sinn machen, denn die Kenntnis des sich stets verändernden Marktes macht den Makler wertvoll.  


















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