Acemoglu/Robinson, Warum Nationen scheitern, S. 145
Die Leibeigenschaft fesselt einen Großteil der Bevölkerung an Erben, das blockiert die Arbeitskraft einer Gesellschaft doppelt: einmal die Leibeigenen, die sich nicht frei bewegen und entfalten können entsprechend ihrer Begabung, und zusätzlich die Gesellschaft, die durch Grundeigentümer mit ihrer lähmenden, rückwärtsgewandten Erbeneinstellung belastet wird. Daher findet sich bei Acemoglu zurecht eine Karte der Leibeigenschaft in Europa um 1800. Die Einteilung ist aber sehr grob und etwas irreführend geraten. Zunächst dadurch, daß eine moderne Karte benutzt wird.
Griechenland und die Balkanstaaten sind Teile des Osmanischen Reiches und sind deswegen in ihrer Entwicklung extrem behindert, weswegen der Aussage zur Leibeigenschaft keine größere Bedeutung zukommt.
Polen gibt es nach den Teilungen zu dieser Zeit als Staat nicht, für die polnisch besiedelten Gebiete besitzt die Form der Leibeigenschaft allerdings größere Wichtigkeit.
Am drückendsten ist sie im Osten, weniger im Süden und noch weniger im Westen. 1772 verkündet Friedrich II. nämlich für Westpreußen die Bauernbefreiung. Auf den polnischen Adel brauchte er nämlich keine Rücksicht zu nehmen. Die Beschulung in polnischer Sprache im preußischen Teil setzt zudem ganz andere Entwicklungsakzente als die schärfste Leibeigenschaft im russischen Teil ohne Alphabetisierung.
Deutschland wiederum besteht im Jahre 1789 aus 1789 Territorial-Herrschaften - einige wenige, wie Preußen, sind Mittelmächte, die meisten sind so groß wie ein kleines Dorf. In den verschiedenen deutschen Ländern herrschten unterschiedliche Formen der Leibeigenschaft, und sie werden stückweise bis 1807 abgebaut. Auch durch die Aufnahme von hochqualifizierten französischen Calvinisten vor allem in Preußen, die zwar im katholischen Frankreich keine Leibeigenen, aber doch Verfolgte gewesen waren, was weit bedeutsamer ist als eine Erbuntertänigkeit. Für Frankreich war das eine bedeutende wirtschaftliche und kulturelle Schwächung, für Preußen aber (und Baden) eine Stärkung des Arbeitsmarkts und eine Schwächung der Leibeigenschaft, deren Abschaffung Friedrich II. bereits früh angedacht hatte.
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