Dienstag, 11. September 2018

Afghanische Tradition


“Der junge Winston Churchill diente als britischer Offizier in Indien. 1897 nahm er an einem Feldzug im Grenzgebiet zu Afghanistan teil. Über die dort lebenden Paschtunen schreibt er: Inmitten einer Berglandschaft »von großartiger Wildheit lebt eine Bevölkerung, deren Wesen mit ihrer Umgebung übereinstimmt. Ausgenommen zur Erntezeit, wenn das Gebot der Selbsterhaltung zu zeitweiligem Waffenstillstand zwingt, leben die Pathan-Stämme ständig im Krieg von Mann zu Mann oder Gemeinschaft zu Gemeinschaft. Jeder einzelne ist Krieger, Politiker und Theologe. Jedes größere Haus ist eine Festung für sich, hergestellt zwar nur aus getrocknetem Lehm, aber vollständig ausgebaut mit Zinnen, Türmchen, Schießscharten, Flankierungsgewehren, Zugbrücken usw. Jedes Dorf hat seine Verschanzung. Jede Familie unterhält ihre Vendetta, jeder Clan seine Feinde. Alle die zahlreichen Stämme und Gruppen von Stämmen haben Rechnungen miteinander zu begleichen. Nichts wird vergessen, und höchst selten einmal bleibt eine Schuld unbezahlt. (…) In diese glückliche Welt brachte das neunzehnte Jahrhundert zwei Neuerungen: das Hinterladergewehr und die britische Regierung. Das erste bedeutete einen großen Fortschritt und Segen, das zweite eine Erzplage. (…) Überall längs der Wege verlangte man von der Bevölkerung, sie sollte sich ruhig verhalten, nicht mehr aufeinander schießen und – was das schlimmste war – auch nicht mehr die Reisenden auf diesen Straßen überfallen. Das war zu viel gefordert; und aus dieser Quelle entsprang eine lange Reihe von Zwisten.«

Sarrazin, Thilo. Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht (German Edition) (Kindle-Positionen1986-1997). FinanzBuch Verlag. Kindle-Version.













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