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Donnerstag, 1. Januar 2015

Trau keinem Fachmann nicht, es sei denn, es wäre der Klempner













Mich deucht, auf dem Foto fehlen ein paar polemogene Hauptfiguren, beispielsweise Grey und Poincare



Christopher Clarks “Schlafwandler” liest man mit großem Gewinn. Das Buch läßt sich auch als Einführung in die Politik als auch in die Außenpolitik verwenden. Und wirft nebenbei interessante Schlaglichter auf Milieus. So berichtet der Makler und Manager in französisch-russischen Unternehmen, Maurice de Verneuil, von Petersburg nach Paris:


“Es ist etwas wirklich Fantastisches in Vorbereitung, dessen Symptome selbst den Verstand der kundigsten Beobachter verblüffen werden. Ich habe den sehr klaren Eindruck, daß wir in den kommenden dreißig Jahren in Rußland ein erstaunliches Wirtschaftswachstum erleben werden, das der kolossalen Bewegung gleichkommen wird (wenn es sie nicht gar übertrifft), die sich im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten abgespielt hatte.”
(Clark, Schlafwandler, Teil II, Kap. 5, S. 405)


Dieses Zitat läßt sich der Vorlesung “Die Lesbarkeit der Welt” voranstellen. Ein erfahrener leitender Angestellter mit politischen Verbindungen zum französischen Außenminister Pichon gibt ein Urteil ab, das enthüllt, daß er von den treibenden Kräften einer Wirtschaft absolut nichts versteht, daß er sich aber eine Prognosekompetenz anmaßt, die wiederum den Staatspräsidenten Poincare beeindruckt.

Diese Blauäugigkeit gibt es auch heute noch, nicht nur bei “Wirtschaftsfachleuten”. Neben ihrer engen Organisations- oder anderen Fachkompetenz verstehen sie nichts mehr.

Donnerstag, 4. September 2014

Unter dem Schutz der russischen Waffen




Drei Stadien der russischen Eroberungen seit 1500-1700, die Krim und Ostpreußen kommen später, nach der Devise Alexanders des Groben: Wir erobern uns noch ein paar Länder (gekennzeichnet durch drei Grünvarianten; Quelle: Wikipedia) 



Sie lassen die Ebola-Toten einfach auf der Straße liegen, klagte eine medizinische Hilfsorganisation. Das ist eben die Naturauffassung in solchen Gesellschaften, es hänge, so die magische Vorstellung, alles miteinander zusammen, die Bäume, der Wind, die Dämonen und die Hexen, die hinter manchem Unheil stecken. Es gibt keine distinkte und differenzierte Betrachtung von Phänomenen, nur ein pan-optisches Narrativ. Es gibt keinen zersetzenden Geist, keine Anatomie, die alles zerschneidet. Glückliche Gesellschaft des Heilen, Ganzen – unglückliche Gesellschaft, die nicht differenzieren und wissenschaftlich denken kann.

Jede Gesellschaft bildet über lange Zeit hinweg Denkungsweisen und Institutionen aus, die ihre Weltsicht repräsentierent und ihre Weltsicht formen und immer die Sozialisation der neuen, heranwachsenden Gesellschaftsmitglieder bestimmt. Hier bildet sich Heimat im weiteren Sinn. 

Bei den ganzheitlichen, nachhaltigen Vergesellungen handelt es sich meistenteils um kleine Gemeinschaften von Familienverbänden und Stämmen. Größere Gebilde werden von Kriegsherren gebildet, denen Vasallen dienen, die wiederum kleine Gemeinschaften beherrschen. Der Weg zur Nation dauert sehr lange und gelingt nur unter günstigen Voraussetzungen, zu denen eine gemeinsame Sprache und eine Dominanzkultur gehören. Nur militärisch beherrschte Räume zerfallen schnell wieder. Das zeigen die flüchtigen mongolischen Eroberungen im Unterschied zum langlebigen Römischen Reich.
Beim russischen Kolonialreich gibt es zwar die militärisch gestützte Dominanzkultur, doch fehlt die gemeinsame Sprache und die asiatischen Subkulturen weisen sehr große Unterschiede zur Moskauer orthodoxen Kultur auf. Die Neubelebung des russischen Nationalismus schärft diese Unterschiede und fördert die Abspaltung vor allem der mohammedanischen Kolonien.

Der nationalistische russische Komponist Borodin (1833-87) huldigte den zaristischen Eroberungen musikalisch in der „Steppenskizze aus Mittelasien für Orchester“ und schrieb dazu:

„In der einförmigen Steppe Mittel-Asiens erklingen die bisher fremden Töne eines friedlichen russischen Liedes. Aus der Ferne vernimmt man das Getrappel von Pferden und Kamelen und den eigentümlichen Klang einer morgenländischen Weise. Eine einheimische Karawane nähert sich. Unter dem Schutz der russischen Waffen zieht sie sicher und sorglos ihren weiten Weg durch die unermessliche Wüste. Weiter und weiter entfernt sie sich. Das Lied der Russen und die Weise der Asiaten verbinden sich zu einer gemeinsamen Harmonie, deren Widerhall sich nach und nach in den Lüften der Steppe verliert.“ (Wikipedia)


Ob die Kaukasus-Stämme für neue Töne dieser Art empfänglich sein werden?