Mittwoch, 22. April 2009

Wohlstandsrisiko SPD, Oracle/SUN, Bechtolsheim



Hatte keine Lust, in München ordentlich nach Plan Physik zu studieren: Bechtolsheim oder die perverse Lust auf Mikroelektronik

- "Wohlstandsrisiko SPD. Von Heike Göbel
20. April 2009 Die Debatte über das Wahlprogramm der SPD konzentriert sich verständlicherweise zunächst auf die berechenbaren Angebote, und damit auf die Steuerpolitik. Hier haben die Sozialdemokraten klare Festlegungen zu den Steuersätzen – niedriger unten, höher oben – und einem ergänzenden Steuerbonus von 300 Euro getroffen. Auch eine Börsenumsatzsteuer ist angekündigt: Sie wird von einem Umsatz von 1000 Euro an jeden Kauf und Verkauf von Wertpapieren belasten, mit Steuersätzen von einem halben und 1,5 Prozent. In dieser Steuerpolitik drückt sich der Wille der SPD aus, ein unmissverständliches Signal für mehr Umverteilung von oben nach unten zu setzen. Den Schaden, den die daraus sprechende Leistungsfeindlichkeit anrichten könnte, hält die Partei für nebensächlich. Die „Krise“ dient der Rechtfertigung einer Steuerwende, mit der die Partei ihrem Ziel „Wohlstand für alle auf hohem Niveau“ Glaubwürdigkeit verleihen will.
Dass sich hoher Wohlstand nicht allein aus Umverteilung erreichen lässt, verschweigen die Genossen lieber. Das Bemühen um andere Quellen wird im Programm nicht sichtbar. Um Wohlstand zu fördern, müsste die SPD bereit sein, sich die Wirtschaft zum Partner statt zum Gegner zu machen. Sie müsste bereit sein, dem Gewinn und dem Streben danach Gutes abzugewinnen und es zu fördern. Und sie müsste darauf hinarbeiten, das Mehr an Bildung, das sie richtigerweise in Aussicht stellt, nicht länger einseitig als staatliche Aufgabe zu begreifen. Ein Bildungssystem als öffentliches Gut, von dem jedermann nach Lust und Laune von der Wiege bis zur Bahre kostenlos und ohne Pflichten Gebrauch machen kann, ist auf immense Ressourcenverschwendung angelegt – und damit unbezahlbar. ..." FAZ 21.4.

- Oracle will SUN übernehmen, nachdem die Gespräche zwischen SUN und IBM gescheitert sind. Damit verliert ein Internetgründungsunternehmen (Stanford University Network) der ersten Stunde nach mehreren Verlustjahren seine Selbständigkeit.

- Wohlstandsgenerator, sozusagen von der deutschen Universitätsbürokratie vertrieben: Andreas von Bechtolsheim (* 1955 am Ammersee) ist ein deutscher, im Silicon Valley (USA) lebender, Informatiker und Unternehmer. Er war 1982 einer von vier Gründern von Sun Microsystems und 1998 einer der ersten Investoren bei Google. Nach dem Abitur begann Bechtolsheim mit Unterstützung der Studienstiftung des deutschen Volkes ein Studium der Elektrotechnik mit Schwerpunkt Datenverarbeitung an der Technischen Universität München. Dort konnte er sich aber nicht entfalten (!) und wechselte in die USA.

- Von der Base zum Funktionsbegriff: Vielleicht sollte man anmerken, daß LEBEN mit Basen und Nukleinsäuren handelt, BEWUßTSEIN auf Basis der Vernetzung von Proteinkonfigurationen vielleicht ein Zusammenschaltungsereignis darstellt. Metaphorisches und Metonymisches scheint es nur im Bewußtseinskode zu geben, dort wird keine OH-Gruppe an- oder abgehängt, sondern wohl nach einer bildhaften, zumindest deiktischen Logik verfahren. Begriffe könnten als Kondensat von Deixis und Bild verstanden werden. Die Eingängigkeit der Metapher verdankt sich der Kraft des Bildes, die Abstraktionsarbeit führt zum Begriff, der nie ganz vom Bild loskommt. Das schafft erst der Funktionsbegriff, weswegen er es immer schwer haben wird.

- Zeichenrätsel: 'Wenn man aber sagt: „Wie soll ich wissen, was er meint,
ich sehe ja nur seine Zeichen“, so sage ich: „Wie soll er
wissen, was er meint, er hat ja auch nur seine Zeichen.“ '
(Ludwig Wittgenstein, PU 504)

8-15°C, kalter Ostwind

Dienstag, 21. April 2009

Max Weber, Wirtschaftswissenschaft, Strafrecht




Der junge Weber 1894

Maiwetter! Bis 18°C. Den vielen Birkenpollen kann man fast schaufeln (bestimmt wegen des Waldsterbens und der Klimaerwärmung). Erste flügge Amsel, die Mücken stechen wieder.

- Max Weber: 21. April 1864-1920: Einer der beiden nennenswerten deutschen Soziologen (der andere heißt Luhmann): Lesen! Als Einstieg vielleicht der Vortrag POLITIK ALS BERUF .

- H.-U. Wehler fordert im Focus 14/09 S. 38: "Wenn die Verantwortlichen für das Bankendesaster nicht zur Rechenschaft gezogen werden, ist das nicht mehr vermittelbar": Meint er wohl die Hypothekennehmer, die ihre Hypotheken nicht mehr bedient haben? Liest der Mann überhaupt den Wirtschaftsteil?

- "Die trostlose Wirtschaftswissenschaft ... Je raffinierter die Formeln wurden (der Autor erinnert sich an eine Formel zur Beschreibung des Gleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt des indischen Gliedstaats Uttar Pradesh, die eine ganze Seite füllte), desto mehr ging der zugrundeliegende ökonomische Sachverhalt verloren: Je genauer die Ergebnisse wurden, desto irrelevanter wurden sie zugleich. Die als unexakt angesehene Sprache erlaubt zudem, wie der Kölner Ökonom Hans Willgerodt schreibt, viele realistische Assoziationen über menschliches Verhalten, die in mathematischen Formeln fehlen und durch nackte, manchmal nur behauptete Exaktheit ersetzt werden. In der modernen Finanztheorie wird besonders viel gerechnet, aber übersehen, wie sehr diese Rechnungen auf Annahmen basieren, die vielleicht in ihrer Vereinfachung und im Durchschnitt stimmen mögen, aber oft nicht im konkreten Einzelfall. ... Technokratie ohne Sinn:
Der gegenwärtigen Wirtschaftskrise zugrunde liegt, viertens, auch eine Tendenz, die Ökonomie rein technokratisch zu betreiben. Dieses Verständnis geht fast immer einher mit einem falschen Glauben an permanent effiziente Märkte. Daraus kann sich ein ähnlich mechanistisches Denken entwickeln wie bei jenen, die die Wirtschaft mit einer Maschine verwechseln. Wer hingegen in der «österreichischen» Tradition steht, versteht Märkte als Entdeckungsverfahren. Sie sind dynamisch, evolutiv, nie im Gleichgewicht, permanent am Korrigieren früherer Fehler – also unberechenbar. Und gerade nicht die angeblichen Marktideologen, sondern vielmehr die ökonomischen Technokraten, die an wertfreie Objektivität glauben und die Wirtschaftswissenschaften als blutleeres Instrument verstehen, haben nie die Sinnfrage gestellt und sich um viele Gefahren und Nebenwirkungen ihres Tuns foutiert. Demgegenüber geht es dem auf einen schlanken, aber starken Staat setzenden Ordoliberalismus seit je um Werte, um die Verwirklichung einer menschengerechten, freiheitlichen Ordnung.
Die Krise der Wirtschaft ist deshalb auch die Krise einer zu eng verstandenen, zu sehr einem naturwissenschaftlichen Ideal nacheifernden, stark angelsächsisch geprägten neoklassischen Ökonomie. Zugleich hat sie einige Stärken sowohl der «österreichischen» Schule als auch des Ordoliberalismus wieder in den Vordergrund gerückt. Es würde nicht überraschen, wenn ein integraleres wirtschaftliches Denken, wie es diesen freiheitlichen Strömungen eigen ist, auch an den Universitäten in Zukunft wieder mehr Anerkennung fände. Sinnvoll wäre es in jedem Fall." NZZ 11.4.09 GS
Die Marktwirtschaft ist so ungeheuer produktiv, daß nicht nur die die durchschnittliche Sozialhilfeempfängerfamilie fünf Funktelefone besitzt, sondern auch viel Anlage- und Buchgeld entsteht, ebenfalls durch den Staat, der die Geldmenge wohlfahrtlich gestimmt aufbläht und die Zinsen unter den Stiefel tritt, so daß die Anleger Neue Anlagebereiche suchen müssen. Da sollten dann die Fondsmanager gut rechnen können, aber das reicht nicht, die persönliche Verantwortung muß den Kopf nüchtern halten. Daran hat es den Rechenkünstlern gefehlt, daran wird es ihnen immer fehlen, weil sie an Formeln und Modelle glauben, und die Subalternen diese Formeln und Modelle gar nicht mehr richtig begreifen, sondern nur noch anwenden in innigem Wunderglauben. Sie nehmen den Markt dann gar nicht mehr ernst, sie verhalten sich stattdessen in der Alltagsroutine wie mechanische Rechenknechte. Da hilft nur Zurückhaltung bei anmaßender Mathematik und die Rückbesinnung auf das Ornungsdenken von Mises und Hayek, Röpke und Erhard, Schüller und Vanberg.

- "Strafrecht: Milde führt zu mehr Kriminalität. Von Philip Plickert FAZ 26.3.09
Das Strafrecht wirkt nicht mehr abschreckend, weil immer mehr Straftäter in Deutschland ohne gerichtliche Verurteilung davonkommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine statistische Untersuchung der Wirkung der Strafrechtsreform von 1969, die Hannes Spengler, Professor für Quantitative Methoden und Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Mainz, und der Ökonom und Kriminologe Horst Entorf von der Frankfurter Goethe-Universität vorgelegt haben. Die Studie ist jüngst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung veröffentlicht worden. Ihr Tenor ist, dass zu milde Strafverfolgung mitverantwortlich ist für steigende Kriminalität.
Besonders die Zahl der Gewaltdelikte hat stark zugenommen: Sie hat sich seit den sechziger Jahren bis zum Jahr 2007 von rund 80 auf 272 Fälle je 100000 Einwohner mehr als verdreifacht, wobei vor allem Raub und Körperverletzungen zugenommen haben. Die Zahl der Diebstähle liegt mit 3107 Fällen je 100000 Einwohner zwar unter dem Rekord in den frühen neunziger Jahren, aber fast doppelt so hoch wie in den sechziger Jahren.
Erhebliche regionale Unterschiede
Zugleich ist der Anteil der gerichtlich verurteilten Straftäter stark gesunken, seit 1981 von 64 auf 43 Prozent. Immer mehr Verfahren, vor allem bei leichten und mittleren Delikten, werden eingestellt - mit oder ohne Auflagen - oder außergerichtlich geregelt. Bei schweren Diebstählen landen nur noch 35 Prozent der Tatverdächtigen vor Gericht, bei Körperverletzungen nur noch 30 Prozent. Die Entscheidung, ob ein Verfahren eingestellt wird, treffen meist die Staatsanwaltschaften. Dabei gibt es nach der Studie regional erhebliche Unterschiede: Die norddeutschen Bundesländer wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Bremen stehen für eine weiche Haltung in der Strafverfolgung; Bayern und Baden-Württemberg hingegen blieben auch nach der Reform bei einer harten Linie. Die Aufklärungs- und Verurteilungsquoten sind dort erheblich höher. ..." //
Den Autoren der Studie ist zu danken, ebenso dem Berichterstatter darüber. Die Strafseite erscheint angemessen behandelt, die Resozialisierung weniger. Konrad Lorenz weist darauf hin, daß Strafe wirksam ist bei unerwünschtem Verhalten, nicht jedoch bei der Herbeiführung positiven Verhaltens. Der Straftäter lernt durch die Strafe und wird abgeschreckt. Er braucht aber zusätzlich das Lernen und Einüben positiven Verhaltens durch Belohnung. Dazu Hans J. Eysenck: " Es gibt ... eine hervorzuhebende Entwicklung, nämlich die praktische Anwendung der hier besprochenen Theorien zum Zweck der Prophylaxe und Rehabilitation. Meine ursprüngliche Annahme, dass sowohl Neurose als auch Kriminalität als konditionierende Prinzipien verstanden werden können – wobei Neurotiker Angst- und Furchtreaktionen auf früher neutrale Situationen zu rasch und zu stark konditionieren, während Kriminelle nicht hinreichend die sozial adäquaten Reaktionen zu konditionieren vermögen ...“. ( H.J. Eysenck, Kriminalität und Persönlichkeit, Vorwort S. 12f., Wien 1976 ) Eysenck schlägt für die Haft ein belohnendes Lernsystem vor, das er bereits in einigen US-Haftanstalten als ein Token-System erfolgreich arbeiten sah. Hier sollten Spengler und Entorf weiter forschen, denn nicht nur unterscheiden sich die US-Einzelstaaten recht stark voneinander, auch bei den Counties verhält es sich ähnlich, wie wir von Sheriff Joe Arpaios Maricopa County-Jail wissen (www.mcso.org/).

Montag, 20. April 2009

Goldman, Wells Fargo, Citigroup und BoAmerica mit guten Zahlen



August Sander (1876-20.4.1964), eines seiner stets strengen, eindrücklichen Porträts

- USA: die Umweltbehörde erklärt das Kohlendioxid, das alle Pflanzen lebensnotwendig brauchen, ein Gas, ohne das es also kein Leben auf der Erde gäbe, weil es am Beginn der Nahrungskette steht, zum umweltschädlichen Gas ! !

- Goldman, Wells Fargo, Citigroup und BoAmerica mit guten Zahlen, Sony und Arcandor mit schlechten und GE mit gemischten; Woolworth Deutschland pleite.

- Alles so hübsch belanglos hier. Modigliani: Ein Leben voller Liebe, Suff und romantischer Tragik, sagt der Ausstellungstext. Ich würde hinzufügen: ein bißchen wenig Inhalt für ein ganzes Leben.

- Mit 15: Schüler erschlägt Mutter eines Kleinkindes : "Tatverdächtiger hatte Grube ausgehoben.
BAD BUCHAU, 19. April (dpa). Das Verbrechen im baden-württembergischen Bad Buchau, bei der eine 26 Jahre alte Frau getötet wurde, war möglicherweise detailliert vorbereitet. Zumindest hat der 15 Jahre alte Tatverdächtige schon vor dem Einbruch bei seiner Nachbarin im Garten der Eltern eine etwa ein mal einen Meter große Grube ausgegraben, wie die Ravensburger Staatsanwaltschaft am Wochenende mitteilte. "Diese hatte offensichtlich den Sinn, eine Leiche darin verschwinden zu lassen", sagte ein Behördensprecher. Die Entdeckung steht im Widerspruch zu den bisherigen Aussagen des Tatverdächtigen. "Die Grube spricht gegen die geschilderte Kurzschlussreaktion", sagte der Sprecher. Die Behörde ermittelt gegen zwei 15 und 16 Jahre alte Jugendliche wegen Mordes. Der Jüngere soll am vergangenen Mittwoch bei seiner Nachbarin eingebrochen sein und sie umgebracht haben. Laut Staatsanwaltschaft hat der Fünfzehnjährige gestanden, die Frau getötet zu haben, weil sie ihn bei seinem Einbruch trotz Maskierung erkannt hatte. Darum habe er sie gefesselt und mit einem Brecheisen erschlagen. Der Nachbarjunge soll ihm dabei geholfen haben, die Tote zu verstecken. Auch bei der Tat sei er dabei gewesen und habe den Fünfzehnjährigen zumindest nicht davon abgehalten, die Frau zu töten." FAZ 20.4.

- "Weg mit Deutschland, her mit dem schönen Leben! Für die soziale Revolution!" Aus einem Flugblatt in Unterstützung von Erfurter Hausbesetzerkriminellen. (S.a. pyranha.blogsport.de/ )

Sonntag, 19. April 2009

Illusion zentralen Verstehens, Wirtschaftslektüre


Das Schleierkraut hat wenig Schleierhaftes an sich. Erste Schwalben.

- Illusion zentralen Verstehens: Die Informations- und Wirkungsketten sind lang und unüberschaubar geworden und stecken voller Überraschungen. Wer kann in Frankfurt wissen, daß in Kalifornien und Florida Häuserkredite vergeben werden wie der Weihnachtsmann Geschenke verteilt? Und daß sich viele Hypothekennehmer auch verhalten haben wie kleine Kinder? Und die staatsnahen, riesigen Hypothekenfinanzierer Freddie und Fannie Mac gerechnet haben wie Freddie und Fannie um die Ecke? Die Unübersichtlichkeit ist global geworden, Zentralen und Regierungen haben weiter an Wissen und Bedeutung verloren, posieren aber als Retter, obwohl ihre künstliche Niedrigzinspolitik den Banken einen Teil ihrer traditionellen Betätigungsfelder verdarb. Ideologen wie Krugman ficht so etwas nicht an. Man müßte dem verschwätzten Nobelpreisträger mal den Erhard-Klassiker "Wohlstand für alle" schenken.- Krisen sind nicht zu vermeiden. Aber je mehr der Staat herumfummelt mit Steuern, Zinsen und Subventionen, desto schlimmer fallen sie aus.

- "Kaum irgendwo Wirtschaftslektüre in den Regalen.
Nahezu immer gut gemacht sind die Montags-Rezensionen im Wirtschaftsteil; solch spezielle Lektüre wird selten genug öffentlich behandelt. Ein Buch über die Österreichische Schule und der Rückblick auf Ludwig Erhards "Wohlstand für alle" wurden passend eingebettet in einen auch in Ihrer Zeitung geführten Streit zwischen ordnungspolitisch und mathematisch orientierten Ökonomen (F.A.Z.-Wirtschaftsteil vom 30. März).
Dies alles hat viel mit dem Vermitteln von Wirtschaftswissen zu tun. Ich vermute, dass die zum Beispiel auch bei Schülern zu beobachtenden Wissensdefizite in Sachen Wirtschaft über das Medium Buch kaum zu beheben sind. Mein Versuch, den Erhard-Klassiker über Buchhandel und Großhandel kurzfristig zu beschaffen, schlug fehl, während sich das verfügbare Standard-Sortiment des Händlers auf dem Boulevard zwischen "Was eine Chefsekretärin alles im Aufzug erfährt", "Mein Chef ist ein Arschloch" und "Reich werden in 30 Tagen" bewegt. Aktuelle Beimengungen unter den Stichworten "Crash", "Krise" und "Abzocke" runden das Angebot zwischen Lexika und Rechts- und Casting-Ratgebern ab. Ein Einzelhändler wird weder Keynes noch Marx in sein Regal stellen, aber mit Dale-Carnegie-Variationen, Heldensagen und Räubermärchen aus der Wirtschaft anzutreten, wirft doch Fragen auf, was das Agieren und das Interesse von Verlagen und Lesern anbelangt.
Wirtschaftslektüre findet sich im Übrigen auch kaum in den Regalen von Studenten, die an einer mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät das Fach Wirtschaftsmathematik studieren, auch hier dominiert die mathematische Methode das Fach. Als in den neunziger Jahren der erste deutsche Ökonomie-Nobelpreisträger, der Mathematiker und Volkswirt Reinhard Selten aus Bonn, den politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern der Republik sein Instrumentarium erklären wollte, gingen die erschöpft und ohne Erkenntnisgewinn nach Hause."
Hans-Peter Büttgenbach, Langenfeld, LB F.A.Z., 18.04.09, S. 38

- Pop-Blüten und Luhmann: "Terror-Mädchen drohen "Tokio Hotel". Eine Gruppe Stalkerinnen verfolgt die Band wohl seit sechs Monaten. "
// Kann man Warhol und Kaulitz anders als systemtheoretisch begreifen? Es handelt von marginalen, aber nicht schwächlichen Bewußtseinszuständen, die recht unbeeinflußt von vitalen Systemen walten. Mit wechselseitigen Anschlußpunkten.

- Auch Selbsttötung macht Spaß: Wenn es den Buben zu langweilig wird: "Absichtliche HIV-Infektionen. Eine Art von Todessehnsucht.
Homosexualität, Leichtsinn und mehr - ein schwer erklärbares Phänomen. Doch es existiert.
18. April 2009 „Endlich!“, dachte Richard, als er im Sommer 2006 erfuhr, dass er sich mit HIV angesteckt hatte. „Ich war froh, erleichtert, glücklich, euphorisch“, erinnert er sich an den Moment nach der Diagnose. Jahrelang hatte er russisches Roulett gespielt, bewusst versucht, sich anzustecken. Er schlief ohne Kondom mit Männern, die er flüchtig über das Internet kannte. Von denen er wusste, dass sie positiv waren. Von denen er hoffte, dass sie ihm das Virus geben würden. Er tat es erst aus Fatalismus und weil die Todesgefahr reizte. Und schließlich aus unendlicher Liebe.
„Bug chaser“ nennen sich Suchende wie Richard (Name geändert), die sich absichtlich mit HIV infizieren wollen. „The gift“, das Geschenk, heißt das Virus in der Szene zynisch – und wer es absichtlich weitergibt, adelt sich zum „gift giver“. In Deutschland nennen sich diese Leute auch „Pozzer“ von „pozzen“ – jemanden „positiv machen“. Eine bizarre Sprache hat sich da in einer Nische innerhalb der Schwulenszene entwickelt, von der umstritten ist, ob sie groß genug ist, um überhaupt als Szene zu gelten: Es gibt kaum belastbare Statistiken, obwohl sich Sexualforscher und Soziologen damit beschäftigen. Nur in einem sind sie sich einig: Das Phänomen existiert – und mit dem Internet breitete es sich aus. ..." FAZ

Samstag, 18. April 2009

Schamloses Stimmenkaufprogramm, Antarktisches Eis wächst, Friedrich Wilhelm I.


Das antarktische Eis nimmt zu.

In O. wieder eine kalte Woche - heute 9-10°C .

ICE is expanding in much of Antarctica, contrary to the widespread public belief that global warming is melting the continental ice cap." http://wattsupwiththat.com/2009/04/17/revealed-antarctic-ice-growing-not-shrinking/

- KORRUPTION: Schamloses Stimmenkaufprogramm: "SPD verteidigt Steuerbonus. Reiche belasten, auch ohne Vermögensteuer.
Die SPD will Geringverdiener steuerlich entlasten und Wohlhabende höher besteuern." // Wohlhabende sind bei der SPD alle ab Facharbeiter.

- Gerhard Prause: T wie Tabakskollegium:
Rauchen um besser Zeitung zu lesen.

Vom „Soldatenkönig“, Friedrich Wilhelm I. von Preußen, haben sich im allgemeinen Bewusstsein vor allem Narreteien erhalten. Zum Beispiel des Königs übertriebene Leidenschaft für die Langen Kerls. Oder seine angeblich so aberwitzigen Erziehungsmethoden: „Lieben sollt ihr mich, Kanaillen!“ soll er seinen Landeskindern zugerufen haben, während er sie mit dem Stock traktieren ließ.
Oder sein Jähzorn, der ihn auch die eigene Familie tyrannisieren, die Kinder brutal prügeln und ihnen – wie Tochter Wilhelmine in ihren verlogenen Memoiren behauptete – ins Essen speien ließ.
Oder seine Freßsucht, die er aber nur mit Hammelfleisch und Kohl zu befriedigen wußte, weil es ihm eben in jeder Beziehung an gutem Geschmack gefehlt habe.
Und nicht zuletzt – wovon hier die Rede sein soll – sein berühmt-berüchtigtes Tabakskollegium, in dem er seine Gäste gezwungen habe, mit ihm maßlos zu rauchen und zu trinken, Abend für Abend bis tief in die Nacht oder gar in den Morgen hinein – immer nur zu seinem eigenen Amüsement.
Vor allem in Biographien des ruhmvollen Sohnes, die den Vater nur allzu gern als tyrannischen Narren zeigen, wird das Tabakskollegium immer wider als eine Arena für die Groben Possen des Königs und seiner ungebildeten Offiziersfreunde geschildert. Da wurden – hei es – Stühle angesägt, damit Ehrengäste mit ihnen zusammenbrächen; da machte der König aus lauter Schabernack Leute sinnlos betrunken. Und vor allem habe er seinen Sohn Fritz gequält, indem er den ohnehin durch zu hartes Exerzieren körperlich überforderten Knaben zu den Pfeifenrauchern befahl, obwohl Fritzchen den Qualm nicht ausstehen konnte. Einen „Hasenfuß“ habe Friedrich Wilhelm seinen Sohn geschimpft, der „an männlichen Vergnügungen keinen Geschmack“ finde (während Fritz erzählte, die Kollegiumsteilnehmer husteten in ihrem eigenen Qualm „wie eine Herde von Märzschafen“).
Dies und das mag wirklich vorgekommen sein, denn freilich wurde da geraucht und getrunken, aber in Wahrheit war das Tabakskollegium eine für damalige Verhältnisse, im Zeitalter des Absolutismus, einzigartige und höchst fortschrittliche Einrichtung.
Worum es Friedrich Wilhelm dabei eigentlich ging (und was noch heute ausgesprochen modern anmutet), war die tägliche Presseschau. Am späten Nachmittag zwischen fünf und sechs (nur sonntags nie) setzte sich der König – ganz gleich, ob er sich in Berlin in Potsdam oder während des Sommers in Wusterhausen aufhielt – mit ein paar Generälen und Obersten, mit Ministern und einigen der ausländischen Gesandten ganz unförmlich in einer der nur sparsam möblierten Tabakstuben zusammen, um gemeinsam Zeitungen zu lesen, beziehungsweise sich aus Zeltungen vorlesen zu lassen und dann darüber zu diskutieren.
Vorleser oder vielmehr Referierender, zugleich Übersetzer und Erläuterer, eine Art Pressechef also, war der hochgelehrte, hochgepriesene und allerdings vom König auch vielgefoppte Professor Freiherr Jakob Paul v. Gundling, Geheimer Rat, Oberzeremonienmeister, seit 1718 (als Nachfolger von Leibniz Präsident der Akademie der Wissenschaften, außerdem noch königlicher Historiograph und schließlich Kammerherr.
Besonderes in seiner Eigenschaft als ‚Pressereferent war Gundling, der den König fast ständig begleitete und ihm oft auch schon mittags während des Essens aus Zeitungen vorlesen mußte, ein wichtiger Mann. Graf Seckendorf, der kaiserliche Gesandte am preußischen Hof, der (obwohl Nichtraucher) fast ständig am Tabakskollegium teilnahm (weil er da gut informiert wurde) schrieb nach Wien an den Prinzen Eugen, dem Geheimen Rat Gundling werde „geglaubet als einem Orakel in publicis“, und deswegen schlug Seckendorf der Wiener Regierung vor, den preußischen Pressereferenten mit einer kaiserlichen Medaille und (vor allem) mit „etlichen hundert Gulden“ auszuzeichnen, ihn also zu korrumpieren (was Eugen dann sogleich in die Wege leitete).
Die für das Tabakskollegium gehaltenen Zeitungen waren die Berliner, die Hamburger, die Leipziger, die Breslauer, die Wiener die Frankfurter Blätter, außerdem noch französische und holländische. Friedrich Wilhelm war überzeugt, dass der Genuß von Tabak die Konzentrationsfähigkeit verbessere und folglich ein leichteres Verständnis der vorgetragenen Artikel bewirke.

Diese tägliche Pressebesprechung, während der sich die Teilnehmer an einer Art kalten Büfetts mit Brot und aufgeschnittenem Braten sowie Ducksteiner Bier selbst versorgen konnten (auf Bedienung wurde verzichtet), ging meistens bis neun Uhr, manchmal aber auch bis Mitternacht. Jeder der Teilnehmer, zu denen oft auch auswärtige Besucher zählten durfte in diesem Kreis frei seine Meinung sagen.
Aus: Gerhard Prause, Tratschkes Lexikon für Besserwisser, 1984, S. 142f.

- In China geht das BIP auf +6% zurück, aber starke Autokäufe (+29) im Februar; VW setzt im März +9% mehr Autos in China ab und wird größter Autobauer weltweit.