Sonntag, 16. Februar 2014

Varianten "Abendmahl": abent-ezzen, jüngest maz, abent spise - Niederdeutsch, Mitteldeutsch, Alemannisch, Bayrisch



Die religiöse Schrift “Interrogatio St. Anselmi de Passione Domini”, Fragen an Maria zum Leiden des Herrn, fand im 14. und 15. Jahrhundert eine besondere Verbreitung, vor allem in Frauenklöstern. Am stärksten verbreitet war die Schrift, deren ursprünglicher Autor unbekannt ist, in der niederdeutschen Fassung mit 65 bekannten Abschriften.

Interessanter als der Inhalt dieser Erbauungsschrift ist die sprachliche Seite, die eine Station der deutsche Sprachgeschichte belegt.
Die Dialektverbreitungskarte vermittelt einen Eindruck, wie lang der Weg zur hochdeutschen Einheitssprache und zu einem deutschen Nationalbewußtsein war. Noch weit schwieriger stellt sich die heutige Situation in Europa mit seiner Sprachenvielfalt dar. Englisch ist nur für einen Teil der Bürger verfügbar, und einstweilen fällt die Vorstellung schwer, daß dereinst Englisch die neue Einheitssprache sein wird.

Samstag, 15. Februar 2014

Wie Papst Urban 8. einmal einem guten Bekannten unentgeltlich zu einem besseren Buchtitel verhalf




Der Schwabe aus dem Raum Stuttgart und protestantische Theologe Johannes Kepler (1571-1630) trieb es mit den Zahlen halb erleuchtet, halb okkult. Die Astronomie war zugleich Astrologie und beides diente in der Sicht der katholischen wie der protestantischen Theologen dem Glauben.

(Bild: Wiki.)




"Dialog über Ebbe und Flut" sollte der Titel sein, aber Urban 8. verhinderte das. Sonst wäre Galilei (15.2.1564-1642) mit einem großen Irrtum bekannt geworden. Unterschiedliche Erdumlaufgeschwindigkeiten machte er für die Gezeiten verantwortlich, obwohl der Zeitgenosse und Korrespondenzpartner Kepler zutreffend den Mond für die Meeresbewegung identifiziert hatte. Einen Narziß wie Galilei konnte das aber nicht irritieren, denn er sah sich als den Größten an. Seine Gezeitentheorie sollte als Beweis für die Heliozentrik dienen. So entstand der neue Titel "Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische", mit dem Galilei der Nachwelt im Gedächtnis blieb, obwohl dort die Kreisbewegung der Planeten behauptet wurde, die ebenfalls Kepler als elliptisch geklärt hatte nach den Berechnungen Tycho Brahes. Erare humanum est, wie die Schwaben sagen.

Vgl. Ms.Gal.72 / Florentiner Nationalbibliothek oder gleich:
Thomas de Padova, "Das Weltgeheimnis - Kepler, Galilei und die Vermessung des Himmels" (Piper Verlag, 352 S., 19,95 Euro)





War kein hemmungsloser Schwätzer wie Aristoteles, muß aber trotzdem vor der Aristoteles-Uni in Thessaloniki stehen: 

Aristarchos von Samos, der Entdecker der Heliozentrik (310-230 vor Seneca)

(Foto: Manuel/Wiki.)


Freitag, 14. Februar 2014

Haarig







“”Haare zum Beispiel sind immer wieder wichtig. Sie sollen mit dem Kopftuch bedeckt werden - sie werden aber auch nach dem Kämmen von der schweigenden Bibicha wie eine Opfergabe in den Ästen eines Baumes abgelegt.
"Meine Großmutter sagte: Dein Haar ist dein Glück, deshalb musst du besonders darauf aufpassen. Wenn wir unser Haar ausbürsten, werfen wir es zum Beispiel nie in den Müll. Haar spielt deshalb eine zentrale Rolle im Film, und als ich eine Hauptdarstellerin suchte, musste sie vor allem das richtige Haar haben."” (Film “Chilla, 40 Tage” von der Usbekin Saodat Ismailova / DLF “Von Tag zu Tag”, 14.2.14)
Desmond Morris behauptet in seinem Buch “Körpersignale” (1985/6), daß Unterschiede in der Haarlänge bei Männern und Frauen “ausschließlich kulturell bedingt” seien (S. 21). Daß dem nicht so ist, dafür gibt es zahllose transethnische Beispiele. Besonders interessant ist der nahezu kultische Status des langen weiblichen Haars, der in dem obigen Zitat aus Usbekistan aufscheint.
Natürlich spielen bei der Haarlänge auch andere Faktoren eine Rolle, bei Männern wie bei Frauen, als da sind Moden und Kopfbetonung (wie bei männlichen Löwen). Doch blieben weibliche Kurzhaartrachten - wenn nicht physiologisch bedingt - nur Randerscheinungen.
Es hat also wohl eine lange Selektion in der Stammesgeschichte des homo sapiens gegeben, in der vermehrt von Männern auch nach dem Sexualzeichen Langhaar gewählt wurde, diese Frauen also mehr Nachkommen besaßen, und so heute die Neigung zu Langhaar, aktiv bei Frauen und passiv bei Männern, genetisch kodiert sein dürfte. Der individuelle Wille dürfte sich dem in der Regel unterordnen.





Himba-Mädchen mit langen Haaren, verlegen, flirtend, Südwestafrika, Filmaufnahme Eibl-Eibesfeldt.

Donnerstag, 13. Februar 2014

Destruktive Natur







Das Leben ist nicht fair, sagte die junge Bettlerin mit dem amputierten Unterschenkel. So ist es. Deswegen fehlt dem Wort ‘Gerechtigkeit’ das Fundament und eignet sich gut für Demagogie.

Der Ötzi wurde gemeuchelt, was sicher nicht fair war. Wäre der Jungsteinzeitler nicht durch den Pfeilschuß in den Rücken getötet worden, hätte er aber trotzdem keine guten Chancen auf ein längeres Leben gehabt, meint der Tübinger Humangenetiker Carsten Pusch, der Proben des 5000 Jahre alten Südtirolers entnahm und untersuchte. Der stämmige Naturbursche habe eine Gefäßverkalkung aufgewiesen wie ein fetter Couchpotato. Er sei genetisch so stark belastet gewesen, daß er wohl einen frühen Herz-Kreislauf-Tod erlitten hätte.

Das Leben ist nicht fair, und die Genetik noch weniger. Damit muß man leben. Und sterben. Tutanchamun starb im jungen Alter von 18 bis 20 Jahren. Seine Eltern waren Vollgeschwister nach dem Glauben, daß königliche Blut am besten rein bleibe. Diese falsche Vorstellung von Genetik habe noch den Habsburgern übel mitgespielt, so Pusch.

Besonders schlimm fällt es aus, wenn schon Kinder und Jugendliche sterben müssen, weil sie tödlich belastet sind. In Belgien wird heute über ein Gesetz zur Sterbehilfe für Kinder und Jugendliche debattiert. Es soll das schmerzensreiche Leiden junger Moribunder durch Freitod ermöglichen.
Das Leben kann sehr unfair sein.

Mittwoch, 12. Februar 2014

Sport ist gesund und macht uns stark




Pythagoras muß für jeden Unsinn herhalten, und wahrscheinlich ist er daran nicht unschuldig. Nicht einmal der “Satz des Pythagoras” stammt von ihm, dem mutmaßlichen Schamanen. (Vgl. Walter Burkert: Weisheit und Wissenschaft. Studien zu Pythagoras, Philolaos und Platon.)  

Ein Kalender aus Athen schreibt ihm zu: “Keiner ist frei, der nicht Herr seiner selbst ist.” Das stammt jedoch von Epiktet und Epikur, ist aber als Gemeinplatz der gesamten STOA zu betrachten, ja, der Antike überhaupt. Epikur schreibt in der “Spruchsammlung”:


“77. Der größte Lohn der Selbstgenügsamkeit ist die Freiheit.”
Und zuvor:
“71. An alle Begierden soll man die Frage stellen: Was wird mir geschehen, wenn erfüllt wird, was die Begierde sucht, und was, wenn es nicht erfüllt wird?”


Im Fall der Gewinnbegierdengroßparty in Sotschi gibt es schon manch klare Antwort:
"Olympia und die vielen Stürze: Heute hat es bei der Abfahrt der Damen die Italienerin Alexandra Coletti erwischt.Ihre schrillen Schmerzensschreie ließen eine schwere Verletzung vermuten.Sie war mit hoher Geschwindigkeit in den Fangzaun gerast. In Sotschi gab es leider schon einige Abstürze, Patzer und Pannen."  
FOCUS online 12.2.14