Dienstag, 4. März 2008

Steuerkritiker Franz Konz im Gespräch

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Steuerpolitik
Steuerkritiker Franz Konz im Gespräch
„Der Staat beraubt seine Bürger“

Bestseller: Franz Konz' Steuertricks
03. März 2008 Im Buchhandel findet sich eine Palette von Ratgebern zum Thema Steuernsparen. Seit der Steueraffäre hat dieser Begriff freilich einen faden Beigeschmack erhalten. Franz Konz ficht das nicht an. Seine „legalen Steuertricks“ gehören seit zwei Jahrzehnten mit einer Auflange von inzwischen rund acht Millionen Stück zu den Bestsellern des Genres. Der 81 Jahre alte frühere Steuerinspektor schreibt unverdrossen gegen die - nach seiner Ansicht - „Raffgier“ des Staates an. Im Interview mit FAZ.NET sagt er, warum Steuerhinterziehung ein verständliches Vergehen ist und was die Steuerfahndung um sechs Uhr frühmorgens bei ihm angerichtet hat.

Herr Konz, mit dem Bestseller „1000 ganz legale Steuertricks“ empfehlen Sie sich den Deutschen seit 20 Jahren als Cheftrickser in Sachen Steuern. Haben Sie nicht Sorge, dass die Steuerfahnder einmal vor Ihrer Tür stehen könnten?

Die waren schon da, und das nicht nur einmal, sondern gleich dreimal.

Wie lief das ab? Mit einem Klingeln um sieben Uhr morgens wie bei Klaus Zumwinkel?

Die kamen nicht um sieben, sondern schon um sechs. Und verhielten sich nicht so vornehm wie in der Villa Zumwinkel. Vielmehr haben sie wie wahnsinnig gegen die Tür gepoltert und geschrieen: „Steuerfahndung, öffnen Sie sofort!“

Was Sie auch umgehend taten?

Ich schlafe nackt, musste mich also erst mal anziehen, während mir der Schreck noch in den Gliedern steckte. Dann stürmten zwei Polizeibeamte und drei Steuerfahnder nach oben, nahmen die Schränke auseinander, die ganze Wäsche fiel heraus, und sie warfen alles, was sie fanden, auf einen Haufen. Zwischendurch klopften sie ihre Zigaretten darauf ab – da kann man hundertmal sagen, bitte, ich bin Nichtraucher.

Solche Methoden sind doch wohl eher die Ausnahme.

In Bayern sind die Methoden noch rabiater: In einem Fall, der mir bekannt ist, stemmten Fahnder den Holzdielenboden mit einem Brecheisen auf. Es könnte sich darunter ja eine versteckte Buchführung befinden.

Der Autor Konz bekam dreimal Besuch von Steuerfahndern
Was sucht die Steuerfahndung bei Ihnen? Hinweise auf Liechtensteiner Stiftungen?

Ich werde als Steuerzahler hierzulande verfolgt wie kein anderer. Der Staat sieht mich als Staatsfeind Nummer eins an – obwohl ich die Steuertricks auch für die Beamten schreibe. Die können sich auch was verdienen. Bei mir stört sich der Fiskus vor allem daran, dass ich vor Jahren einen Verein gegründet habe, den „Bund für Gesundheit“ mit inzwischen 10.000 Mitgliedern. Mit diesem Bund will ich die Naturheilkunde und die Gesundheit der Menschen fördern. Damit ist der Verein ganz klar gemeinnützig und von der Steuer befreit.

Das Finanzamt sieht das anders?

Der Staat, in diesem Fall das Finanzamt Bergisch Gladbach, kommt ständig mit anderen Argumentationen, um meinem Verein die Gemeinnützigkeit zu versagen. Ich wundere mich schon selber, dass ich noch immer gute Laune habe.

Sie verdienen Ihr Geld mit Steuertricks. Ist das nach Zumwinkel noch politisch korrekt?

Politisch korrekt? Das interessiert mich nicht, bei dem, was sich Politiker heute leisten. Tatsache ist doch inzwischen: Der Staat schürt Angst. Der Staat trickst. Und der Staat vergeht sich an seinen eigenen Gesetzen.

Inwiefern?

Schauen Sie sich den Fall Zumwinkel an. Grundsätzlich muss das Steuergeheimnis gewahrt bleiben. Wenn nicht, verstößt das gegen die Abgabenordnung, Paragraph 30. Und der Staat verstößt gegen das Strafgesetzbuch, indem er eine verdienstvolle Persönlichkeit an den Pranger stellt und vorverurteilt – bevor überhaupt ein deutsches Gericht diesen Mann verurteilt hat. Da nimmt der Staat keine Rücksicht. Nur mit dem Ziel, von anderen Bürgern noch mehr Geld herauszupressen, weil die ein schlechtes Gewissen haben. Dabei sollte das schlechte Gewissen auf Seiten des Staates sein. Die Regierungspartei CDU vergisst, dass sie jahrzehntelang mit Hilfe liechtensteinischer Banken ihre Schwarzgelder weißgewaschen hat. Jetzt geht man hin und will Liechtenstein erpressen, einen kleinen demokratischen Staat . . .

. . . dem nicht nur Deutschland unfairen Steuerwettbewerb vorwirft . . .

. . . wo wir alle froh sein sollten, dass es noch einen Staat gibt, der so wirtschaftet, dass er den Nachkommen keinen Schuldenberg aufbürdet. Auf der anderen Seite nimmt sich Deutschland eines Diebes und Verräters an und bezahlt für dessen Vermögenslisten ein paar Millionen. Das ist Hehlerei und eines Staates unwürdig. Wie heißt es doch: Der größte Lump im ganzen Land – das ist der Denunziant.

Herr Konz, verstehen wir das richtig, dass Sie Steuerhinterziehung billigen?

Wenn Steuerzahlen ein Gesetz ist, muss man sich daran halten – sonst geht’s drunter und drüber. Man muss ebenfalls Zumwinkel vorwerfen, dass er sich als Mann der Öffentlichkeit daran nicht gehalten hat. Aber wir müssen auch sehen, dass im Gegensatz zu anderen Gesetzen die Steuergesetze keine sittliche Basis besitzen.

Keine sittliche Basis?

Es sind Gesetze, die früher die Raubritter aufgestellt haben, um gut leben zu können. Fürsten und Könige mussten ihre Mätressen und Gelage bezahlen. Und taten das mit dem Geld der Untertanen.

Noch mal: Ist Steuerhinterziehung also gut?

Es ist ein Vergehen, aber ein sehr verständliches. Es ist ein Schutz gegen die Beraubung durch den Staat. Der Staat besteuert nicht, er beraubt seine Bürger. Früher galt der Grundsatz: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Das waren 10 Prozent. Heute nimmt der Staat bis zu 42 Prozent Einkommensteuer und dazu noch den Solidaritätszuschlag. Und zusätzlich kommt für jeden Bürger die Umsatzsteuer von 19 Prozent obendrauf. Der Staat nimmt von den Bürgern mehr, als sie selbst einnehmen, und langt dabei zweimal bei den Zinsen zu. Das ist eine unglaubliche Ungerechtigkeit.

Wollen Sie die Steuern abschaffen? Wer bezahlt dann Straßen, Schulen, Sozialhilfe?

Nein, aber es ist doch eine Frage der Höhe. Würde der Staat zehn Prozent des Einkommens fordern, würde gewiss jeder sagen, die bezahl ich gern. Da bin ich dabei und ein Partner des Staates.

Das reicht doch aber nicht für alle Ausgaben.

Es reicht deshalb nicht, weil das Geld nicht ordentlich verwaltet wird und die Steuerverschwendung riesig ist. Der Bundesrechnungshof ermittelt Jahr für Jahr um die 20 Milliarden, die von Beamten und Politikern rausgeworfen werden. Dafür wird keiner bestraft. Da sollte man erst mal anfangen. Außerdem habe ich schon vor Jahren in den „Steuertricks“ dargestellt, dass ein deutlich niedrigerer Steuersatz zu machen wäre. Vielleicht nicht zehn Prozent, aber 20 Prozent sind möglich.

Passt Ihr Steuermodell etwa auch auf einen Bierdeckel?

Ohne Problem. Alle werden gleich besteuert. Steuervergünstigungen und Subventionen werden gestrichen. Dafür müssen auch Großfirmen und Großkopfete Steuern zahlen, zudem Kirchen und Gewerkschaften, die bislang keinen Cent entrichten.

Gestern war Steuersparen Volkssport – auch angeheizt von Ihnen und Ihren Ratgebern. Heute, im Zeitalter der Selbstanzeigen und Moraldebatten, scheint man sich nicht mehr so recht zu trauen. Ändert sich das Steuerklima?

Das Klima ändert sich nicht. Das ist jetzt eine kleine Aufwallung. Ausgelöst von Neidhammeln und missgünstigen Menschen, die anderen keinen Erfolg gönnen, weil sie selbst erfolglos geblieben sind. Und da sind unsere Beamten, die den Fleißigen Knüppel zwischen die Beine werfen. Diese Leute haben jetzt Oberwasser. Aber es sind alles Heuchler.

Wirklich? Sie pflegen ein pessimistisches Menschenbild.

Ach wo. Jeder würde, wenn er die Gelegenheit hätte, sein Kapital nach Liechtenstein bringen oder in die Schweiz. Jeder wünscht sich doch ein Ferienhaus am Meer. Alle streben danach, vorwärts zu kommen. Und wenn der Staat das Geld verschwendet, sagt jeder: Da tu ich lieber was dafür, dass er nicht so viel verschwenden kann. Ich habe dem kleinen Steuerzahler in meinen Büchern gezeigt: Du kannst dabei an die Grenze gehen. Das ist nur legitim. Schließlich geht der Staat über die Grenze der eigenen Gesetze und der Moralität.

Ihre „Steuertricks“ haben inzwischen eine Auflage von acht Millionen Stück erreicht. Eigentlich müssten Sie froh sein über unser kompliziertes Steuersystem, das Sie reich gemacht hat.

Richtig, ich bin dadurch reich geworden, ich habe ein Bio-Haus bauen können, den „Bund für Gesundheit“ gegründet und Hunderttausende in dieses Projekt gesteckt. Ich habe das Geld in gutem Sinne verbraucht. Das tun die meisten Reichen. Sie geben die meisten Spenden und verhalten sich sehr sozial.

Der Vorschlag, alle Steuervergünstigen zu streichen, würde ihre Buchverkäufe einbrechen lassen. „Steuertricks“ braucht man dann ja nicht mehr.

Darum geht es nicht. Es geht darum, dass wir gerechte Verhältnisse bekommen. Und dass jeder gerne seine Steuern zahlt.

Das Gespräch führte Thiemo Heeg.
Text: F.A.Z., FAZ.NET 3.3.08

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