Montag, 15. Juni 2009

Erkenntnisprobleme: Ackermann, Sarrazin, Ehrhardt



14-17°C

- Grossdemonstration der Opposition in Teheran
Mindestens ein Toter – Khamenei ordnet Überprüfung des Wahlresultats an

- Ackermann als IIF-Chef : "Finanzkrise. Ackermann warnt Politik vor Eingriffen
IIF-Chef Ackermann ruft dazu auf, "nach vorne zu schauen"
11. Juni 2009 Die Großbanken gehen wieder in die Offensive. Von Demut aufgrund ihrer Rolle in der Finanzkrise ist auf der Jahrestagung des Branchenverbandes Institute of International Finance (IIF) in Peking nichts zu spüren. „Wir müssen jetzt nach vorne schauen“, sagte Josef Ackermann, Vorsitzender des Direktoriums des IIF. Er warnte vor einer Überregulierung durch die Politik und einem Verfall der Chancengleichheit auf den Finanzmärkten durch staatliche Eingriffe. Eine Beeinflussung des Geschäftes und der Aufstellung der Banken lehnte der Verband am gestrigen Donnerstag kategorisch ab: „Lassen Sie mich unterstreichen, dass wir es als nicht hilfreich empfinden, Reformen etwa auf Themen wie die Größe einzelner Banken oder den Zweck ihres Geschäftes auszurichten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank in seiner Rolle als IIF-Chef.
Der Verband war 1983 als Antwort auf die internationale Schuldenkrise gegründet worden und zählt mehr als 370 Mitgliedsunternehmen. Seinem Anspruch, Krisen künftig verhindern zu können, wurde er indes nicht gerecht: „Niemand hat das vorhergesehen. Wir haben nicht geahnt, dass das Vertrauen in so kurzer Zeit zusammenbricht und Investoren in einen vollkommenen Streik treten würden“, sagte Ackermann mit Blick auf den Tiefpunkt der Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers Mitte September vergangenen Jahres. ..." FAZ // Auch die nächste Krise wird uns überraschen, denn Leben ist Krise. Aber die Krisen des Finanzkapitalismus sind vor allem Buchgeld-Krisen. Hat sich da ein Subsystem FINANZMÄRKTE ausdifferenziert? So sieht es aus.

- Finanzkrise 08/09 Sarrazin Focus 1.11.08
" Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wundert sich über die deutschen Banker und warnt vor einer dauerhaften Staatsbeteiligung.
Focus: Wer ist schuld an der Finanzkrise?
Sarrazin: Letztlich die Bankmanager. Wer sonst?
Focus: Was haben die falsch gemacht?
Sarrazin: Sie haben Risiken falsch eingeschätzt. Die Amerikaner haben ein jährliches Leistungsbilanzdefizit von 500 bis 600 Milliarden Dollar, das sich über die Jahre auf Billionen Dollar summierte. Über dieses Geld, das sie nicht selbst erwirtschaftet haben, konnten sie zusätzlich verfügen. Finanziert hat ihnen das vor allem China, aber auch das Exportland Deutschland.
Dieses Geld drängte in die Vermögensanlage. Das hat die Aktienmärkte, die Immobilienpreise und den Handel mit Kreditforderungen angeheizt.
Focus: ... und jede kaufmännische Vorsicht ausgeschaltet?
Sarrazin: Das ging so lange gut, wie die Risiken eines Ausfalls unverbunden, also vereinzelt blieben. Einem einzelnen 80-Jährigen kann keine Bank einen Kredit mit sieben Jahren Laufzeit geben. Aber 1000 80-Jährigen kann ich einen Kredit über sieben Jahre geben, wenn die 1000 eine durchschnittliche Lebenserwartung von weiteren acht Jahren haben. Wenn aber die Hälfte der 80-Jährigen auf einmal an der lebensgefährlichen Hongkong-Grippe erkrankt, habe ich als Bank plötzlich ein verbundenes Risiko und damit ein Problem.
„Je dümmer einer ist, umso mehr wächst das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten“
Focus: Dann ist die Finanzkrise eine Art Naturkatastrophe, die man nicht vorhersehen konnte?
Sarrazin: Das Ganze hat schon etwas Einmaliges. Der ehemalige Dresdner-Bank-Vorstand Leonhard Fischer sagte mir kürzlich, noch nie seien auf allen US-Regionalmärkten gleichzeitig die Preise derart eingebrochen. Bislang waren immer nur Teilmärkte betroffen. Das hat keiner erkannt, geschweige denn geglaubt.
Focus: Und plötzlich waren all die schönen AAA-Ratings Makulatur.
Sarrazin: Exakt. Weil es keine Käufer mehr gab, waren auch die tollen Papiere, die sich einzelne Landesbanken auf Pump für ihre Zweckgesellschaften in Irland angeschafft hatten, nichts mehr wert. Gleichzeitig brach auch die kurzfristige Refinanzierung weg. Diese Kombination ungünstiger Umstände hat niemand vorausgesehen.
Focus: Vielleicht wollte es ja keiner sehen, weil alle gut damit verdienten.
Sarrazin: Die Selbstgewissheit der Verantwortlichen war in der Tat sehr groß, wenn wir es nicht Arroganz nennen wollen.
Focus: Besonders risikofreudig waren ausgerechnet die Vorstände öffentlich-rechtlicher Banken.
Sarrazin: Wenn die kleine SachsenLB riskante Papiere für 20 Milliarden Euro in einer Zweckgesellschaft in Dublin parkt und mit diesem gewaltigen Brocken selbst in guten Zeiten jährlich nur 20 Millionen Euro Überschuss macht, ist das eine lächerliche Rendite. Trotzdem hat von diesen Produkten weltweit niemand so viel gekauft wie deutsche Landesbanken.
Focus: Warum?
Sarrazin: Diese Leute haben offenbar nicht verstanden, was sie da machen. Und sie haben nicht verstanden, dass sie es nicht verstanden haben. Der Dummheitskoeffizient scheint leider in deutschen Banken besonders hoch zu sein. Generell gilt ja die Regel: Je dümmer einer ist, umso mehr wächst das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das Ganze ist systemisch im öffentlich-rechtlichen Bankenbereich, obwohl beispielsweise die Landesbank Baden-Württemberg das offenbar ganz gut überstanden hat.
Focus: Hat da die Kontrolle versagt?
Sarrazin: Ja. Und zwar sämtliche Kontrollinstanzen – die Aufsichtsräte, die Wirtschaftsprüfer, die staatliche Bankenaufsicht, die Rating-Agenturen. Auf Betreiben der Amerikaner galt ja noch kein Basel II, das schärfere Bilanz- und Eigenkapitalrichtlinien vorsieht.
Focus: Was lernen wir daraus?
Sarrazin: Alle Banken brauchen mehr Eigenkapital. Eine Quote von mindestens zehn Prozent. Und alle Bankgeschäfte gehören in die Bilanz. Wenn eine Bank Risiken weitergibt, muss sie außerdem einen spürbaren Teil des Risikos in den eigenen Büchern behalten. Diese Regeln müssten allerdings weltweit gelten, sonst wandert das Geschäft dahin, wo es am wenigsten reguliert wird.
Focus: Wenn Sie eine Eigenkapitalquote von zehn Prozent verlangen, müssten die deutschen Banken beim Staat Schlange stehen. Denn viele weisen deutlich weniger auf.
Sarrazin: Die Briten und Amerikaner geben diesen sinnvollen Standard vor. Deshalb können sich deutsche Banken solchen Anforderungen nicht entziehen. Die zehn Prozent sind ein Muss. Das bedeutet: Deutlich mehr Banken als bisher bekannt werden beim Staat Kapital aufnehmen müssen.
Focus: Ist es ein Fehler, den Banken die Entscheidung freizustellen?
Sarrazin: Ja. Weil es damit für die Bank zu einer Prestigefrage wird, das Geld zu nehmen. Es ist aber auch eine Überlebensfrage. Wer das Geld nimmt, wird am Markt sofort mit Misstrauen abgestraft. In Amerika und England hat man das besser gelöst. Dort mussten die Banken das Geld nehmen.
Focus: Den deutschen Bankern würde die Entscheidung vielleicht leichter fallen, wenn sie nicht mit Gehaltskürzungen und Einmischung des Staates in ihre Geschäftspolitik rechnen müssten.
Sarrazin: Die Wut unter der Bevölkerung ist nicht nur in den USA quer durch alle politischen Lager groß. Deshalb muss man das staatliche Rettungspaket ein bisschen populistisch abfedern. Obergrenzen für Vorstandsgehälter bringen in der Sache nichts. Sie erhöhen aber die Akzeptanz für die Hilfsaktion in der Bevölkerung.
Focus: Wann werden wir wissen, wie viel die Rettungsaktion die Steuerzahler kostet?
Sarrazin: In den nächsten ein bis zwei Jahren wird der Anteil des Staates an den Banken hierzulande auf 30 bis 35 Prozent steigen. Verkaufen kann der Staat diese Beteiligungen erst, wenn sich die Banken spürbar von der Krise erholt haben und wieder Gewinne machen. Die Platzierung dieser Anteile, die der Staat jetzt übernimmt, wird kaum vor 2013 möglich sein und muss marktverträglich erfolgen. Erst muss die gegenwärtige Rezession vorbeigehen, und die Bankgewinne müssen wieder aufblühen. Der Staat wird also eine Weile Aktionär bleiben müssen, weil niemand so schnell wieder in Bankaktien investieren will. Außer vielleicht Staatsfonds, an die man wiederum nicht verkaufen will.
Focus: Wie lange kann sich der Westen seine Vorbehalte gegenüber den Staatsfonds aus Nah- oder Fernost noch leisten?
Sarrazin: Ich weise auf das Risiko hin. Die meisten Staatsfonds sind nicht in der Hand demokratisch legitimierter Regierungen. Sie werden auch für politische Zwecke eingesetzt.
Focus: Könnte sich der Westen verheben, wenn er die eigene Rettung allein versucht und die Staatsverschuldung irrwitzig steigt?
Sarrazin: Wenn der Staat mit den vorhandenen Instrumenten die Finanzmarktkrise abwendet, wird ihn die ganze Operation unter dem Strich wenig bis gar nichts kosten. Wenn man aber wie in Frankreich sein Heil in der dauerhaften Reverstaatlichung sucht, dann wird das ein Rückmarsch in die 50er-Jahre. Nur weil Teile der privaten Wirtschaft versagt haben, sind die Repräsentanten des Staates ja nicht über Nacht kompetenter geworden. Der Staat ist nur das letzte Mittel. Hinter ihm beginnt das Chaos.
Focus: Was bedeutet die drohende Rezession für die öffentlichen Haushalte?
Sarrazin: Für die der Länder kurzfristig noch gar nichts. Konjunkturprogramme sind wenn dann Sache des Bundes. Er muss sie deshalb auch allein bezahlen. " (Focus 1.11.08)
-
Thilo Sarrazin, 63, saniert Berlins Schuldenhaushalt. Der promovierte Volkswirt verantwortete 1990 im Bundesfinanzministerium die Durchführung der deutsch-deutschen Währungsunion. Als Finanzsenator im Berliner rot-roten Senat setzt er seit 2002 in der mit 60 Milliarden Euro verschuldeten Bundeshauptstadt einen rigiden Sparkurs durch. Er wechselt demnächst zur Bundesbank.
- - So kann man es sehen. Wenn die Aufsichtsräte, die Wirtschaftsprüfer, die staatliche Bankenaufsicht, die Rating-Agenturen die Probleme nicht gesehen haben, nicht in der angemessenen Dimension, dann stellt sich eben die Frage, ob man es überhaupt voraussehen konnte. Ich denke, man konnte es in der Masse nicht. Individuell konnte man alarmiert sein, wenn man die Praxis der freien Kreditvermittler in Kalifornien, in Florida kannte, wenn man wußte, wie die Fannies damit umgingen, aber daß sich ein vergleichsweise kleines Problem so auswirken würde, das war offenbar nicht vorhersehbar. Diese Massenreaktion mußte ja auch nicht erfolgen, sie ist nichts anderes als die altbekannte Reaktion der Herde, in diesem Fall einer riesigen, weltweiten Buchgeld-Herde. Die Verunsicherung dauert an, auch, weil man die Maßnahmen der Fed und der Regierung Obama für falsch halten kann (Zerstörung der Geld- und Fiskalpolitik vgl. "Nur Ölaktien und die Börsen der Schwellenländer drängen sich auf
Jens Ehrhardt hält Staatsanleihen für zu teuer. hbe. FRANKFURT, 5. Juni 09. Viele Gewissheiten scheinen sich in den Turbulenzen einer in dieser Form nie dagewesenen Krise aufzulösen und lassen ... Was wir derzeit sehen, ist einmalig, das hat keiner von uns so schon jemals erlebt ... ")
- - Übrigens hat der Dax seit Jahresbeginn 35% zugelegt.

- - "Die vertrackte Psychologie des Subprime-Debakels. Um die Beantwortung der Frage, was die wichtigsten Ursachen der Finanzkrise sind, herrscht schon seit einiger Zeit ein intellektueller Wettlauf. Jüngst haben mit George Akerlof und Robert Shiller zwei Schwergewichte der Wirtschaftswissenschaften argumentiert, dass die Psychologie der Menschen eine bisher weit unterschätzte Rolle gespielt habe. So seien gerade im US-Subprime-Markt viele Entscheidungen nicht so vernünftig gefallen, wie es Ökonomen meist annehmen. Im Gegenteil: Millionen von Subprime-Schuldnern hätten sich Hypotheken aufschwatzen lassen, die sie sich längerfristig niemals leisten konnten. Berüchtigt waren vor allem die «adjustable-rate mortgages», die häufig am Anfang tiefe Lockvogel-Zinsen boten, über die Zeit aber für viele zu teuer wurden. Doch die Psychologie des Subprime-Debakels ist etwas komplizierter, wie Nachforschungen von Stephan Meier (Columbia University) und Lorenz Götte (Universität Genf) ergeben haben. In einer Umfrage ermittelten sie, wie gut sich US-Hausbesitzer in Finanzdingen auskannten. Es zeigte sich, dass Personen mit niedrigem Finanzwissen nicht häufiger «adjustable-rate mortgages» erhielten als die in finanziellen Dingen besser Beschlagenen. Es scheint also nicht so zu sein, dass vor allem den «Dummen» Hypotheken angedreht wurden. Doch gleichzeitig zeigte sich auch, dass die Finanz-Unkundigen meist gar nicht wussten, dass sie wohl auf einer Problem-Hypothek sassen. Die möglichen psychologischen Ursachen der Subprime-Krise scheinen demnach einiges komplexer zu sein, als sich manche das vorstellen." NZZ 6.6.09

- Bestimmte Tonfolgen scheinen einen direkten Aschluß an das Belohnungs- / Limbische System zu besitzen

Keine Kommentare: