Donnerstag, 28. Februar 2013

Hart im Raume stoßen sich die Sachen









Mathematik ist eine schöne Sache. Angewandte Mathematik ist noch schöner. Kein Zweifel. Aber sie ist eine Geisteswissenschaft. Es fehlen ihr beide Beine, dafür ist der Kopf etwas größer. Als die Römer Syrakus einnahmen, so erzählt die Legende, habe Archimedes gerade Geometrie im Sand betrieben und einen unfreundlichen Legionär aufgefordert, seine Kreise nicht zu stören. Offenbar besaß der militante Mann keinen Sinn für Geometrie und erschlug Archimedes. Luftig frei sind mathematische Konstruktionen, aber hart im Raume stoßen sich die Sachen, könnte man mit Schiller anmerken.

Da erging es Achilles Macris besser. Er entwarf aber nicht im Sandkasten geometrische Figuren, sondern komplexe Finanzprodukte bei Dresdner Kleinwort, wo ein großer Verlust im Kapitalmarktgeschäft des Investmentbankings entstand. Mitverantwortlich war Macris, “ein Finanzgenie, ein hochkarätiger mathematischer Fachmann, der komplexe strukturierte Produkte konzipieren konnte, vor allem Derivate”, so Kollegen über ihn. (FAZ 19.5.12) 
Die Allianz, zu der die Dresdner Kleinwort 2006 gehörte, reduzierte das Derivategeschäft, und der fixe Finanzmathematiker wechselte zu J.P. Morgan. Dort baute er eine Gesamtposition von 100 Mrd. USD auf, ja, und dann war so einiges los 2008, nämlich die von den famosen Finanzmathematikern nicht ganz richtig berechnete Finanzkrise, die immer noch nicht gänzlich überwunden ist. In den USA waren ebenfalls mutige Mathematiker tätig, die wunderbare Körbe von zweitrangigen Häuser-Krediten ausgeklügelt hatten. Alles sauber berechnet, sagten sie, und verwiesen auf ihre Mathe-Diplome.

Man könnte fast sagen, daß inzwischen das Doppelstudium Wirtschaft und Mathematik zur Regel geworden ist. Seit jeher leiden die Ökonomen daran, daß ihre Wissenschaft eine Weichwissenschaft ist, weil sie mit Menschen, Menschengruppen und deren Moden und unvorhersehbaren Entwicklungen zu tun hat. Immer gab es fünf Meinungen bei vier Ökonomen. Aber mit der Mathematik und ihrem Formelwerk glauben sie, einen besseren Eindruck machen zu können. Die Volkswirtschaft wurde vermathematisiert bis in die Socken. Bis zu Figuren wie Achilles Macris und der Subprimekrise. Vorsicht also, wenn die Mathematiker den Sandkasten verlassen und Ökonomie studieren. Rechnen können sie, aber vor lauter mathematischen Modellen sehen sie die Wirtschaft nicht mehr, den Raum, wo sich die Sachen hart stoßen.

Mittwoch, 27. Februar 2013

Ein Glückspilz oder per aspera ad astra









Statue Tarataglias in Rom (wo sie heute noch nicht rechnen können)
(Bild: http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Tartaglia.html)

Mit zwölf Jahren erlebte er ein fürchterliches Massaker französischer Truppen in seiner Heimatstadt Brescia (bei Venedig), er flüchtete in eine Kathedrale, wo ihm ein Soldat mit dem Schwert Unterkiefer und Gaumen spaltete. Für tot gehalten, überlebte er, und da die Familie arm war, der Vater wurde ermordet, bekam er keine medizinische Hilfe. 
Da die Ärzte in der guten alten Zeit zumeist kenntnislose Scharlatane waren, die zuletzt selbst Ludwig 14. mit seiner doppelten Pferdenatur durch Aderlässe umbrachten, überlebte er noch einmal. Und zum Dritten: ohne Antibiotika, ohne Schmerzmittel heilte diese schreckliche Wunde des jungen Nicolo. Man kann sich kaum die grauenhaften Schmerzen vorstellen, die dieser Knabe erlitten haben muß. Armer Nicolo, glücklicher Nicolo.
Für die Schule reichte das Geld auch nicht, schlechte Lehrer, lernunwillige und dreiste Mitschüler - das blieb dem jungen Tarataglia erspart, all das blöde Geseire, von dem schon Seneca in seinen Lucilius-Briefen handelt. Er nahm das Lernen selbst in die Hand, das Lesen und Schreiben und das Rechnen besonders!  
Keine dummköpfigen Mitschüler bremsten sein Lerntempo, keine begriffsstutzigen Lehrer. Das lief und lief und am Ende löste er kubische Gleichungen (x3 + ax = b) und übersetzte den Archimedes und den Euklid.

Zuletzt starb er doch, 1557, in Venedig. Schade.   

- Prima Lernklima:
"
Als Schülerin der damals 8. Klasse legte sie 2011 im Erdgeschoss des Gymnasiums in Ballenstedt zwei Brände. Anschließend ging sie mit einem Messer auf einen Mitschüler los." (FAZ 27.2,13) 

Jetzt, mit 15, knallte das lernfreudige Mädchen mit einer Schreckschußpistole einem Mitschüler ins Ohr und einem anderen ins Gesicht. So wünschen wir uns doch das neudeutsche Gymnasium!  Locker und nicht so stoffbezogen. Zur Belohnung bekommt sie sicher ein pädagogische Exkursion im Wert von 30.000 Euro.   

Dienstag, 26. Februar 2013

Sisyphos





Nichts Neues aus Italien - die Arbeitsmarktreform, die die Gewerkschaften seit 40 Jahren bekämpfen, bleibt weiter unerledigt. Gewerkschaftsfreund Bersani steht dafür.

Wenn Sozialstaaten einen Schuldenberg aufgetürmt haben, wartet eine Jahrhundertaufgabe.


(Bild: Franz Stuck, Wiki.)

Montag, 25. Februar 2013

Mit 14 Jahren unverdorben aus Schuldenklitsche profitablen Großbetrieb gemacht: Alfred Krupp



Alison Wolf , Does Education Matter?, S. 8

Von 200.000 auf 1.200.000 Lehrer - so sieht die Entwicklung in allen Industrieländern aus, nachdem Volksschüler wie die Krupps , Harkorts und Darbys enorme Werte geschaffen hatten, begann der Ausbau des Schulwesens. 

Man vergleiche einmal hinsichtlich Inhalt und Form die alten Briefe der volksschulgebildeten Großeltern mit Schul-Aushängen von Gymnasiallehrern heute, dann erhält man einen Eindruck, wohin die Entwicklung gegangen ist. 

Was soll ein Lehrer dem Schulabbrecher Justus Liebig gesagt haben? „Du bist ein Schafskopf! Bei Dir reicht es nicht mal zum Apothekenlehrling.“ (Wiki.) Ähnliches könnte man heute den meisten Lehrern sagen. Sie sind die Nutznießer dieser immensen Stellenvermehrung.

Sonntag, 24. Februar 2013

Von Zeit zu Zeit les’ ich den Alten gern









Schopenhauer haßte Hegel, nannte seinen Pudel aber trotzdem “Mensch”




“Daß die Weltgeschichte dieser Entwickelungsgang und das wirkliche Werden des Geistes ist, unter dem wechselnden Schauspiele ihrer Geschichten, - dies ist die wahrhafte Theodicee, die Rechtfertigung Gottes in der Geschichte. Nur die Einsicht kann den Geist mit der Weltgeschichte und der Wirklichkeit versöhnen, daß das, was geschehen ist und alle Tage geschieht, nicht nur nicht ohne Gott, sondern wesentlich das Werk seiner selbst ist.”
Meint Hegel am Ende seiner “Philosophie der Geschichte”.
Er wollte es eben so sehen und hat sein Geschichtsbild danach konstruiert. Da ist er in massenhafter Gesellschaft.

Treffender formuliert er über Luther und die Reformation:
“Luther hatte die geistige Freiheit und die concrete Versöhnung erworben: er hat siegreich festgestellt, was die ewige Bestimmung des Menschen sey, müsse in ihm selber vorgehen.
In Deutschland war in Ansehung der Weltlichkeit schon Alles durch die Reformation gebessert worden, jene verderblichen Institute der Ehelosigkeit, der Armuth und Faulheit waren schon abgeschafft, es war kein todter Reichtum der Kirche und kein Zwang gegen das Sittliche, welcher die Quelle und Veranlassung von Lastern ist, nicht jenes unsägliche Unrecht, das aus der Einmischung der geistlichen Gewalt in das weltliche Recht entsteht, noch jenes andre der gesalbten Legitimität der Könige, d. i. einer Willkür der Fürsten, die als solche, weil sie Willkür der Gesalbten ist, göttlich, heilig seyn soll; sondern ihr Wille wird nur für ehrwürdig gehalten, soweit er mit Weisheit das Recht, die Gerechtigkeit und das Wohl des Ganzen will.” (Hegel, ed. Glockner, Bd. 11, S. 552ff.)  

Die Stärkung der Subjektivität durch die Reformation durch Innerlichkeit und Rechtlichkeit kommt hier zum Ausdruck, und das war es eben, was klügere Köpfe und aktivere Menschen und die Bürger der Städte für die Reformation gewann, was auch wieder ein Gewinn für die Reformation war. Der tätige, intelligente Mensch interessierte sich nicht unbedingt für die Details der Theologie, der Ekel gegenüber den katholischen Schranzen stieß ihn von der alten Kirche ab und führte ihn der Reformation zu. Der Faule und Dumme blieb Katholik. Natürlich hatte das auch seine ökonomischen Folgen. Siehe Max Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen.  

Samstag, 23. Februar 2013

Wie gebildet mußten die Mönche sein, um Archimedes nicht zur Kenntnis zu nehmen?











Unter Hegelfreunden 

   


... wieder interessant, Ihr Text zur jüdischen Intelligenz.

Mit Wößmann anzufangen:
Dieser abgefeimte Schulideologe will die ganze Welt in eine totale Schule verwandeln! Ekelhaft. 

" Wößmann: Unser zentraler Befund ist, dass der wirtschaftliche Unterschied zwischen Protestanten und Katholiken komplett verschwindet, wenn wir die ökonomischen Effekte der Bildung herausrechnen." (DIE ZEIT, 23.12.2008)  

Das ist doch grauenhaft. Der Mann bildet sich ein, er könnte die ökonomischen Effekte der Bildung berechnen. Soll dieser Schuljünger doch mal den Einfluß der Erfindung der Brille auf die längere Schaffenszeit der norditalienischen Mechaniker berechnen. 
Bei den Juden stellt sich mir die Frage, ob nicht die langandauernde Wettbewerbssituation in der Diaspora diesen arabischen Stamm nach dem römischen Sieg zu einer lernfähigen Population gemacht hat. Ohne die römische Intervention wären die Juden wohl heute so intelligent wie die anderen Semiten, die Saudis und Syrer etc. Der starke Wettbewerbsdruck steigerte sich zudem auch immer wieder zu Pogromen, denen vermutlich mehr untüchtige Juden zum Opfer fielen als tüchtige, die Tüchtigen hinterließen also mehr Nachkommen. 

Die Hochschätzung von Thora-Textarbeit macht wohl nicht unbedingt dümmer, wie man bei den Orthodoxen in Jerusalem den Eindruck haben kann, aber sie führt auch nicht zur Erfindung des Räderpflugs und anderer zukunftsträchtiger Instrumente, wie sie in Oberitalien des Mittelalters gelangen. Ich könnte mir vorstellen, daß die Juden ähnlich stark von den Westeuropäern gelernt haben wie heute die Chinesen von den USA lernen. Bis zu einer eigenständigen Erfinderkultur dauert es aber vielleicht noch 1000 Jahre, Intelligenz hin oder her. Denn auf Individualismus und wettbewerbliche Marktwirtschaft kommt es an. Und auf verläßliche Rechtssysteme.  

Wenn man die "Bildung" isoliert betrachtet, dann muß man auch ihre destruktiven Seiten veranschlagen: 
Lange scholastische Disputationen über Engel auf der Nadelspitze, Geschichtsblödsinn bei Hegel, Marxens Megakontamination der europäischen Gehirne bis heute, die Verwirrung armer Seelen durch Freud, die Sexverderberapostelei seines Schülers Wilhelm Reich, die andauernde neomarxistische Ideengeberei durch Adorno, Horkheimer und Marcuse etc. 
Nur mal so angemerkt.
Wößmann sollte man 100mal Alison Wolf abschreiben lassen: DOES EDUCATION MATTER?
Myths about Education and Economic Growth» (Penguin Books 2002) . 

Freitag, 22. Februar 2013

Savoire vivre









Die Sprache macht's, besonders nach der Erfindung des Herrn Gutenberg






“Papa, Mama!”, zu solchen Verlautbarungen bringen es die anderen Tiere nicht. Zoologisch ist der Mensch nichts Besonderes, aber wenn es um die Sprache geht, dann könnte man glatt meinen, daß der Mensch gar kein großer Affe sei. Welcher Schimpanse hätte schon einmal gedichtet wie Heine:

" Und als ich die deutsche Sprache vernahm,
Da ward mir seltsam zumute:
Ich meinte nicht anders, als ob das Herz
Recht angenehm verblute. "

Keiner! Man darf getrost die Hypothese wagen, daß erst die Sprache den Menschen ausmache, ja, ihn vermutlich erst hervorgebracht habe. Alles Wichtige wurde in den Sprachspeicher gepackt und konnte dann den Jungspunden mitgeteilt werden, die dadurch schneller lernen konnten, wie man dem Mammut den Schneid abkauft. Und daraus einen ordentlichen Braten macht. Das Sprachsystem wuchs so rasant wie der Kopfinhalt, und umgekehrt, jedenfalls entstand eine sprachlich-kulturelle Evolution, die heute die genetische Evolution stark beeinflußt.
Erstaunlich ist, wie viele Muttersprachen entstanden, weswegen man den Menschen besser nach seiner Sprachbefähigung benannt hätte, statt nach seiner Weisheit (sapientia, homo sapiens). Gesellschaften bestehen daher typischerweise aus muttersprachlichen Kommunikationsgemeinschaften. Verstößt die Politik dagegen, wie im Falle Belgiens, dann gibt es große Probleme. Wallonen und Flamen sprechen verschiedene Sprachen und sie sprechen auch über verschiedene Dinge, ihre Mentalität ist unterschiedlich.
“Sie haben eine Stunde für ihre Pausen und das Mittagessen, unterhalten sich drei Stunden und arbeiten drei Stunden”, schrieb Maurice Taylor als Titan-Reifen-Chef an den französischen Industrieminister Montebourg, der ihn überreden wollte, ein Werk in Amiens zu übernehmen. (“Glauben Sie, daß wir so blöd sind?”, FAZ 21.2.13)

Die Lebensprioritäten stellen sich in den verschiedenen Sprachgemeinschaften verschieden dar. Das soll jede Gesellschaft für sich regeln und bezahlen. Und dafür haften. Und nicht andere dafür bezahlen und haften lassen. Sagt das mal jemand dem alten Mann in seinem Schloß Bellevue? Der Mann redet gern, ein typischer homo linguosus.

Donnerstag, 21. Februar 2013

Hat's was genutzt?



Nach dem Tode wird gewogen - daher haben die Christen das: Gerichts-Waage aus einem Totenbuch 

(Bild: Wiki.)


Die teuren Toten bekamen im alten Ägypten ein Totenbuch zugesteckt zur Orientierung nach dem Tode. 20 Jahre finanzierte die Akademie der Wissenschaften NRW die Erforschung und Dokumentation dieses Brauchs. Zum Abschluß präsentierten die Mitarbeiter ihre Arbeit.
In der Einleitung skizzierte der Gräcist Lebek die Geschichte der Ägyptologie, die er mit Herodot, dem Vater der Geschichtsschreibung,  beginnen ließ. Um 450 vuZ hatte Herodot Ägypten bereist und in seinen “Historien” von dem Land Kunde gegeben, dem die Griechen einigen Respekt zollten. Nach dem Ägyptenfeldzug Napoleons 1798/99 mit seinem wissenschaftlichen Troß begründete Richard Lepsius (1810-84), der einen Beitrag zur Entzifferung der Hieroglyphen leistete, die Ägyptologie für den deutschsprachigen Raum. Lepsius hatte bei seinen Ägyptenreisen freie Hand, denn die arabischen Ägypter interessierten sich nicht für die vorarabischen großen Vorgänger.
Damit endete leiderschon der geistreiche Teil der Veranstaltung, es folgten mehr buchhalterisch gefaßte Vorträge, die sich immer mehr ins Spezielle verloren, wo man sich inhaltliche Darstellung gewünscht hätte. Nicht ein einziger Totenbuch-Spruch wurde vorgeführt. Schade um die Zeit. Nach der Einleitung hätte man besser zu Jan Assmanns Tod und Jenseits im alten Ägypten. gegriffen.
  

Mittwoch, 20. Februar 2013

Und dann macht ein Deppi die Million





L.L. Thurstones Primärfähigkeiten und die Korrelationen untereinander und mit der generellen Intelligenz g

Tabelle aus: Hans Jürgen Eysenck, Die Ungleichheit der Menschen, Ist Intelligenz erlernbar?, dt. 1989, 
S. 75





Ich bin nicht so sicher, ob die Ökonomen rechnen können, sagte der Flugzeugbauer nach einem ökonomischen Vortrag. Ich weiß nicht, ob die Ingenieure noch etwas anderes können, außer Rechnen, hätte der Ökonom vielleicht erwidert. Und käme noch ein Künstler dazu, so wären Ingenieur, Ökonom und Jurist sich wahrscheinlich einig, daß sich die Kunst auf einem ganz anderen Kontinent befände.  

Alle drei und andere Fach-Vertreter mehr könnten sich aber im IQ-Test in der Nachfolge C. Spearmans in der gleichen Punktklasse wiederfinden, ihr genereller Intelligenzfaktor "g" wäre möglicherweise ähnlich. Das hat seine Richtigkeit, doch ist der Aussagewert von "g" nicht sehr groß. Der Flugzeugbauer wird den Ökonomen weiterhin für etwas "doof" halten, der Ökonom den Ingenieur für "engstirnig". Bei Kindern allerdings dürfte  "g" als Hilfsmittel am interessantesten sein, um eine Beurteilung abzurunden. 
Vielleicht war es das Zusammentreffen mit anderen Fachvertretern, die L.L. Thurstone zur Ausfaltung des Generalfaktors in "Primärfähigkeiten" anregte. Er unterschied Rechengewandtheit, Wortflüssigkeit, Sprachbeherrschung, Raumvorstellung, Mechanisches Gedächtnis und Schlußfolgerndes Denken und untersuchte den Zusammenhang mit "g". Der war am höchsten beim Schlußfolgernden Denken (0,84 von max. 1), am geringsten beim räumlichen Vorstellungsvermögen (0,34) und dem Mechanischen Gedächtnis (0,47). Insgesamt gab es einen positiven Zusammenhang mit dem Generalfaktor. 

 Eine weitere Differenzierung kam mit der Annahme einer multimodularen Intelligenz ins Spiel. In dem Buch ABSCHIED VOM IQ (1985/91) postulierte der Harvard-Psychologe Howard Gardner, daß jeder Mensch mehrere ‚Intelligenzen’ entwickeln könne, die von Tests gar nicht erfaßt werden könnten. So unterscheidet er:

Sprachliche Intelligenz, logisch-mathematische, musikalische, körperlich-kinästhetische, räumliche, interpersonale und intrapersonale, naturkundliche Intelligenz und Lebensintelligenz.

Der deutsche Intelligenzforscher Detlev Rost findet das feulletonistisch. Daran ist soviel richtig, daß sich diese Dimensionen schwer in einem handlichen Testapparat messen lassen. Aber lehrt nicht die Lebenserfahrung, daß es hier erst richtig interessant wird? Das entwertet allerdings die "Generalintelligenz" nicht. Die behält ihre Bedeutung. Aber sinnvoll ist es, früh die Vielfalt der Intelligenzen und die große Ungleichheit der Menschen kennenzulernen. Daß jemand körperlich-kinästhetisch begabt ist, fällt leicht festzustellen. Wo die speziellen Begabungen aber liegen, bedürfte schon einer eingehenderen Untersuchung. Die kann man sich in diesem Bereich sparen, weil das Ergebnis nur dem Stumpfsinn des Leistungssports dient. Aber in den anderen Bereichen läge schon daran, um Begabungsdefiziten entgegenzuarbeiten und die passende Berufsrolle zu finden und konstruktiv zu begleiten. Es bedarf der Arbeit, aus einem intelligenten Verkäufer einen guten Verkäufer, aus einem intelligenten Abteilungsleiter einen guten Abteilungsleiter zu machen. Dazu gehört immer die intrapersonale Intelligenz. Das ist ein alter Hut, aber der Grad der Selbsterkenntnis ist nicht einfach zu messen. Ob meßbar oder nicht, die Arbeit daran ist unabweisbar. Schon, um eine hohe Lebenszufriedenheit zu erreichen und Schaden zu vermeiden. Das gilt für alle Dimensionen Gardners, wobei ich innerhalb der Lebensintelligenz noch die Abteilung "Prioritätenintelligenz" einrichten würde. Denn nicht nur gibt es Zeitfenster für verschiedene Lernziele, die Zeit insgesamt läuft ab. Wer Jahre mit Leistungssport vertut, kann sie nicht für seine mentale Gesamtentwicklung nutzbar machen. Auch im situativen Handeln ist es wichtig, das Wichtige schnell zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten. 
Ein Abschied vom Spearman-IQ ist dafür aber weder nötig noch wünschbar. 

Dienstag, 19. Februar 2013

My home is my castle




Steuer auf das Häuschen?

Monti, der Ex-EU-Kommissar, hat's als italienischer Ministerpräsident gemacht. 
Das ist nicht nur unverschämt, sondern auch freiheitsfeindlich.


Montag, 18. Februar 2013

Her mit dem Geld




Goldesel - die Perspektive der Merkel


(Bild: Meffo/Wiki.)



Die Banken sollen sich nachträglich beteiligen an ihrer Rettung durch den Staat, sagt Merkel. Durch die von 11 EU-Ländern beschlossene Finanzsteuer auf Aktien- und Anleihenkäufe und -verkäufe. 
Warum sollte die Deutsche Bank, die ordentlich gewirtschaftet hat und keinerlei Staatshilfe brauchte, für die Politikerbanken Nord-LB, WestLB, BayernLB etc. etwas zahlen? Das leuchtet nicht ein. Ohnehin sind die Banken mit den erhöhten Eigenkapitalanforderungen in einer angespannten Lage. Wer nicht solide wirtschaftet, soll haften und ausscheiden bzw. für Überbrückungshilfen zahlen. Das tut beispielsweise die Commerzbank. Für die Staatshilfe zahlt sie Zinsen. Das soll so sein. 
Und wer zahlt die Finanzsteuer? Wer hat denn die 3% Mehrwertsteuererhöhung gezahlt, als Merkel mit Steinbrück als Finanzminister an die Macht kam? Die auf 19% erhöhte Mehrwertsteuer zahlen natürlich die Kunden. Das weiß Merkel. So wird es selbstverständlich auch bei der Finanzsteuer sein. Steuern zahlen die Kunden, die kaufen und verkaufen. Das weiß Merkel. Sie sagt etwas anderes. Das ist dreist. Die Frau ist unwählbar. 

Sonntag, 17. Februar 2013

Amerikanistisch







Hat nicht mal Buchhandel gelernt - Jeff Bezos, Gründer von amazon


(Bild: J.D. Davidson, Wiki.)



Ach, amazon, wie lieb’ ich dich! Bücher, CDs, Digitalradios lieferst du mir und viele Besprechungen dazu. Auch antiquarisch. Zuverlässig. Eine große Chance für Kleinanbieter in deinem Hinterzimmer. Ebenso für unbekannte Autoren mit kleinen Auflagen. Wer in jungen Jahren in einer Buchhandlung arbeitete, kann dich besonders schätzen. Alles bigotte Gequatsche entfällt. Keine linke Propaganda. Sachdienliche Hinweise dagegen. Und ohne großen Aufwand erreichbar.
Wenn auch keine teutonische Erfindung. Mit immer neuen Schulden finanziert. Sehr unsolide. Und gar nicht gemütlich. Auf englische Titel konnte man sich früher vierzehn Tage freuen. Vorbei. Seelenlos schnelle Lieferung. Elektronisch vermittelt, ohne warmes Herzblut. Bei der “Absolutheit des Absoluten”, der “absolvent sich absolvierenden Absolution” (1), da hast du nichts zu bieten. Da west nichts. Heidegger würde abraten.


(1) M. Heidegger, Hegels Begriff der Erfahrung, 1937, in: Heidegger, HOLZWEGE, 1980, S. 134

Samstag, 16. Februar 2013

Besser ist das



Dževad Karahasan würdigte in der FAZ v. 14.2.13 Josef Ratzinger: "Menschen vom Schlag Benedikts braucht die Welt". Der bosnische Autor und Mohammedaner schätzt Ratzinger als einen Mann des Dialogischen und der Gelehrsamkeit. Letzteres gefällt mir ebenfalls, obwohl ich die Dinge aus ganz anderer Perspektive sehe. Man kann der Welt nicht mit Gelehrsamkeit kommen. Aber man kann aus dem Zirkus aussteigen, was Ratzinger zum Monatsende tun wird. Mit 85 Jahren darf man zurückschalten und die verbleibenden Jahre so gestalten, wie es einem erstrebenswert erscheint. Ratzinger will sich nicht mehr an die Öffentlichkeit wenden und in ein Kloster gehen.  

Es ist so, wie schon Epikur, der Platon-Verächter, es sah: das politische Handeln macht nicht glücklich. Für die katholische Kirche, für die Kirchenpolitik gilt das gleiche wie für jede andere bürokratische Organisation. Sie sind alle Intrigantenstadel, wobei intrigierende Kirchenfunktionäre ihre Leute sogar nahe am Papst selbst plaziert hatten. Wenn man den Kammerdiener vom Schreibtisch des Chefs stehlen läßt, dann zeigt das die Dreistigkeit der frommen Drahtzieher. Wer will sich den Lebensabend mit solchem Pack verdüstern? Ratzinger will es nicht, und er hatte auch keine Lust, sich die Finger schmutzig zu machen durch Disziplinarmaßnahmen. Ratzinger ist kein Machtmensch, wie es Platon (Politeia, Dionysios II.) sein wollte. Ratzinger ödeten offenbar die Machtspielereien an. Ich finde das sympathisch.  
  
Benn 
ANEMONE 

Erschütterer  -:  Anemone, 
die  Erde  ist  kalt,  ist  Nichts, 
da  murmelt  deine  Krone 
ein  Wort  des  Glaubens,  des  Lichts. 
Die  Erde  ohne  Güte, 
der  nur  die  Macht  gerät, 
ward  deine  leise  Blüte 
so  schweigend  hingesät. 
Erschütterer  -:  Anemone, 
du  trägst  den  Glauben,  das  Licht, 
den  einst  der  Sommer  als  Krone 
aus  grossen  Blüten  flicht. 

Gilt auch für Schneeglöckchen 
Bild 

Freitag, 15. Februar 2013

Testosteron-Östrogen-Dialektik








Der Trainer schaut so mürrisch drein, muß nach dem Wettkampf gewesen sein - Schwimmen schont Bänder und Gelenke und vergrößert Herz und Gefäße






Eine Juristin, jetzt tot, die vor allem als Modell ihr Geld verdiente, ließ sich mit dem Spitzensportler P. mit Gendefekt ein. Da liegt die Vermutung nahe, daß hier üppiger Östrogenspiegel auf erhöhten Testosteronspiegel traf. 

Ein Hochleistungssportler wie Pistorius muß einen erhöhten Testosteronspiegel besitzen für seinen Muskelaufbau und die nötige Trainingsaggressivität. Für beides nehmen auch Frauen gerne Testosteronpräparate (Anabolika). Bei den olympischen Spielen vor einem halben Jahr war P. aggressiv aufgefallen, auch in einem Interview.

Wer viel trainiert, kann schon aus Zeitgründen wenig(er) für seine geistige Entwicklung sorgen. Er verrät auch sonst viel Unklugheit, verschwendet er doch kostbare Jugendjahre an Zirkusblödsinn, der zudem in fast allen Sportarten dauerhaft den Körper schädigen kann. Hochleistungssport ist sehr oft Raubbau an der Gesundheit.  

Auch andere Sportkanonen griffen schon zu Messer und Pistole und töteten: Boxer Scholz und die Footballer Jovan Belcher und O.S. Simpson.     

Sich mit Sportidioten einzulassen, kann sogar tödlich sein.

Pistorius schoß mit eine großkalibrigen 9mm-Pistole, die Wirkung des ersten Treffers wirft einen Menschen sofort um. Die Juristin erhielt Schüsse in Kopf, Brust, Becken, Arm und Hand - mehrere Schüsse müssen also auf die am Boden liegende Person abgegeben worden sein.


Warum tat sich eine Juristin mit einem Sportidioten zusammen?

Testosteron-Östrogen-Dialektik. Die Signale auf diesen archaischen, vorpersonalen “Dschungel”-Kanälen wiegen schwer, meist viel  schwerer als rationale Überlegungungen in der dünnen Großhirnrinde. Thomas Mann schrieb mit “Tod in Venedig” eine Studie dazu.

Donnerstag, 14. Februar 2013

Darf's etwas mehr sein?







    

Nicht fallenlassen, Herr Meyer!



Frauen wollen nur das Beste, meint mancher, und Wilfried Meyer auch. Er denkt da allerdings vor allem an 1a Sperma. Für Frauen, die gerne Mutter werden wollen. In der Intelligenz-Unterschicht, von der SPD und ihren Zeitungen "Prekariat" genannt, werde der prekäre Status erblich, weil sich Dumme immer wieder mit Dummen paarten. Und Intelligenz sei eben zu einem großen Teil erblich. 1a Sperma für junge dumme Frauen, die der Schule und der Berufstätigkeit durch Schwangerschaft entfliehen wollen, was immer häufiger vorkomme, das wäre also Gratis-Sperma von hochintelligenten Männern, bezogen von der Exzellenz-Samenbank. So gezeugte Kinder würden intelligenter als die vom Saufnachbarn nebenan, und hätten dadurch viel bessere Aufstiegschancen. Das wäre in der Tat zu erwarten. Denn nicht nur die Intelligenz, auch das Verhalten und die physiologische Ausstattung sind erblich, wenn auch nicht unbedingt in direkter Weise von der Elterngeneration auf das Kind. 
Meyer stellt sich ein solches Prekariatsintelligenzhebungsprogramm in großem, staatlichen Rahmen vor mit erhöhtem Kindergeld - schon das mutet ein bißchen utopisch an. Darüberhinaus entwirft er auch eine professionelle Mutterrolle begabter Frauen zwischen den alten Beginen und den Müttern der SOS-Kinderdörfer. 
Meyers EUGENIK IST WEIBLICH enthält viel Material und interessante Anregungen. Die regierende Sozialdemokratie wird aber dafür nicht erreichbar sein, weil sie strikt an ihrer neomarxistischen Milieutheorie festhält und zudem die weibliche Berufsrolle propagiert. Die Mütter sollen ihre Kinder nebenbei aufziehen. Man könnte sich jedoch vorstellen, daß sich Stifter für solche Projekte erwärmen könnten. Am zu erwartenden Erfolg kommen dann auch die Ideologen nicht mehr so einfach vorbei.
Also, laßt dann mal tausend Blumen blühen!  

PS: Meyer ist Pädagoge. In seiner langen Schullaufbahn hat er viel gesehen und erlebt. In seinen vorherigen Schriften zur Schule hat er gezeigt, daß er keinem Schulaberglauben huldigt wie die amtierenden Kultusminister. Dennoch sieht er alles ein wenig aus der Schul- und Intelligenzperspektive. Er glaubt tatsächlich, daß PISA aussagekräftig sei: " Für die Ergebnisse in Mathematik, die am deutlichsten mit Intelligenz korreliert sind, hat PISA 2009 die folgende absteigende Reihenfolge ermittelt ..." (S. 21) Es folgen dann Shanghai, Singapur und Hongkong an der Spitze, Deutschland, Estland und Island noch über dem Durchschnitt, Tschechien, Frankreich und Großbritannien sind Mittelmaß, und USA, Israel und Rußland liegen unter Mittelmaß. Deutschland kann damit halbwegs zufrieden sein. Suggerieren die PISA-Statistik-Gaukler. Komisch nur, daß man dauernd von Mathematikern und Ingenieuren im Hochschuldienst hört, daß die Mathematikkompetenz der Ingenieurstudenten enorm gesunken sei. Die hohe Abbrecherquote scheint das zu unterstreichen. 

Zum anderen operiert Meyer mit einem engen, monolithischen Intelligenzbegriff, wo die Rede von verschiedenen Intelligenzen und Intelligenzmodulen sein müßte. Was nützen intelligente Entwicklungen wie das MP3-Format, wenn sich keine Unternehmer in Deutschland finden, die genug Marktintelligenz aufbringen, daraus ein marktgängiges Produkt zu entwickeln? Die Informatiker können so etwas nur ausnahmsweise. Sie sind meist beschränkt auf ihre mathematische Intelligenz. Oder wer verfügt über die wirtschaftshermeneutische Intelligenz in Deutschland zu sehen, daß die riesigen Banker-Boni der Wall Street das Silicon Valley und seine Erfolge finanzieren? Auf 50 Gründungen kommen 48 Pleiten, man weiß nur vorher nicht, wer groß herauskommen wird. Dafür wird viel Spielgeld gebraucht, "Wagniskapital" genannt, das nur "unsolide" Großverdiener investieren. Ein solider, hochintelligenter Buchhalter wie Warren Buffett, phantasie- und mutlos bis auf die weißen Unterhosen, investiert in Eisenbahn, Versicherung, Coca Cola und HEINZ-Ketchup. Solche Langweiler-Typen muß es auch geben, aber von denen kommt kein Fortschritt, kommen keine MICROSOFT, SUN, CISCO und APPLE. 

In Meyers Literaturverzeichnis fehlt denn auch eine besonders wichtige Schrift, die der Bildungsforscherin Alison Wolf (King's College, London: DOES EDUCATION MATTER? Myths about Education and Economic Growth» (Penguin Books 2002) (s. auch www.la-articles.org.uk/eoe.htm/  )

Mittwoch, 13. Februar 2013

Erfolgreiche Biomasse









Expedition gelungen!



Erich Kästner

Die Entwicklung der Menschheit

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur dreißigsten Etage.

Das ist natürlich sehr undifferenziert und ungebildet betrachtet! Insbesondere verkennt Kästner völlig die prinzipielle Gleichartigkeit des Gefühlslebens der Primaten, ob jetzt Schimpanse oder Mensch. Von “böser Visage” kann keine Rede sein, die Schimpansen sind grundsätzlich nicht kriegerischer und brutaler als Menschen. Sie sind es in gleichem Maße. Die Fähigkeit zu friedlicher Freundlichkeit besitzen alle Primaten. 
Aber die 30. Etage macht dem Menschen kein Gorilla nach!   

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon.
Und es herrscht noch genau derselbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

Auch das ist zu dünn. Die kultivierte Freundlichkeit hat einen großen Aufschwung genommen. Ein Abteilungsleiter verprügelt nur noch selten seine Angestellten, was in der Schimpansengruppe dauernd vorkommt. Er bespringt auch nicht täglich seine weiblichen Mitarbeiter wie ein Bonobo. 

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

Gilt natürlich nur für den Westen und Fernost!

Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
und bleiben zwei Wochen oben.

Was ihre Verdauung übrigläßt,
das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
daß Cäsar Plattfüße hatte.

Prima. Da zeigt das menschliche Großhirn beeindruckend, was es kann! Unerreichbar für Orangs und die anderen Primaten.

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.

Das kann gar nicht anders sein, der Mensch ist eine Hervorbringung der Natur, ein Säugetier, ein Primat. 
Aber was für einer! Er hat sich eine kulturelle Welt erschaffen, die die archaische Schicht animalischen Verhaltens überwölbt. Die physiologischen Grundfunktionen sind natürlich die gleichen geblieben wie bei den anderen Primaten. Der Nahrungs- und Geschlechtstrieb dominiert die anderen Bedürfnissen. Aber neben den rohen und primitiven Formen des Verhaltens, die nach wie vor möglich sind und vorkommen, herrschen doch vielfach großartige Veredelungsformen vor. Darauf kann der Mensch durchaus stolz sein und sich auf die Schulter klopfen. Wenn er nicht vergißt, daß der Prozeß der Zivilisation langwierig und mühsam war und ständig neue Anstrengungen erfordert zu seiner Aufrechterhaltung.

Was William Golding in seinem Roman "Herr der Fliegen" beschreibt, den Absturz in die Barbarei, droht dem alten Primaten Mensch stets und immer und überall.  

Dienstag, 12. Februar 2013

Schwarze Milch der Frühe II






"Silberrücken" ohne Damen

(Bild: Brocken Inaglory / Wiki.)






Wie muß man man sich die hominide Frühzeit vorstellen? 
(s. Blog v. 10.2.13)

Vermutlich wie bei Löwenrudeln und Gorillagruppen. Die Gruppen bestehen aus bis zu dreißig Tieren, vorwiegend weiblichen, die von einem männlichen Alphatier geführt werden. Verliert dieses an Kraft, wird es von einem Konkurrenten verdrängt, der dann die Gruppe in Gänze übernimmt. Bei Löwen und Gorillas tötet der neue Führer die Jungen seines Vorgängers. Eine weibliche Wahl findet nicht statt. In der Entwicklung zu Familienverbänden, Clans und Stämmen beim Menschen ähnelt das Modell wohl mehr der großen Schimpansengruppe mit seiner Hierarchie. Dem Alphatier, nennen wir ihn Mao, gehören alle Weibchen, aber bei starker Promiskuität kommen auch andere hochrangige Männchen zum Zuge, nur die nachrangigen sind von der Reproduktion weitgehend ausgeschlossen, wie Mägde und Knechte bis zur Bauernbefreiung. Eine weibliche Partnerwahl findet nicht statt. Sowenig wie in der alten Adelsgesellschaft oder im sunnitischen Anatolien. 
Erst im Mittelalter und nur in Europa mit der langsamen Herausbildung des Individualismus bilden sich Vorformen individualisierter Partnerbeziehungen, zunächst in Spielformen wie der des "Minnedienstes". 
Aber es dominiert lange das Modell Heinrich 8., der seine Partnerinnen wählt und dann verstößt bzw. sogar enthauptet.

Für eine stärkere Veränderung des Genoms werden von Genetikern Zeiträume von rund 30.000 Jahren angenommen, das heißt, Kästner, Wuketits und Sommer haben grundsätzlich recht, wenn sie behaupten, wir seien "die alten Affen".
Kästner erwähnte in seinem Gedicht nicht ausdrücklich die Äffinnen, aber die müssen mitgedacht werden, denn die alten Affen gibt es nur mit den alten Äffinnen. Bei der sehr langen Dominanz der männlichen Zuchtwahl hatten die Hominidinnen die meisten Nachkommen, die am besten zu der männlichen Zuchtwahl paßten. Also solche, die sich besonders empfängnisbereit für rohe, starke, vitale Alphaaffen zeigten. Die feinsinnigen Hominidinnen mit Abitur machten sich, wenn der große Großajatollah nahte, schnell davon und hatten deswegen bedeutend weniger Nachkommen.
Noch heute mitten in Hamburg vermehren sich die Friseusen mit Sinn für tätowierte Muskeln wesentlich stärker als Studienrätinnen mit Lateinkenntnissen. 
Die weibliche Partnerwahl ist ein spätes Produkt in der Geschichte, aufgrund der langen Wahldominanz durch vitale und brutale Alphamänner überwiegen auch in Europa bei weitem die Frauen mit einem Genom, das kaum weibliche Partnerwahl aktiv zuläßt, sondern auf Testosteronstinkerei geeicht ist. Genetisch. Die Frauen, die nicht, gewissermaßen "sklavisch", auf große, starke Stinker reagieren, sind in der Minderzahl und haben oft keinen Nachwuchs. 
Nach wie vor herrschen in der Welt kollektivistische Kulturen vor, in denen die Väter oder Großväter die Töchter verheiraten, oft schon vor der Pubertät. Und in denen Frauen auch per Religionsbuch der minderwertige Status ohne Wahlmöglichkeit schriftlich mitgeteilt wird, etwa in der Sure 4.    

Was kann man da machen?