Sonntag, 21. Juni 2015

Pommern Januar 1945 - Gabi Köpp









„Ruth weint unablässig. Doch Tränen erweichen die Herzen der Rotarmisten schon gar nicht. Auch ich spüre tiefe Angst - Tränen aber habe ich keine. Und helfen täten sie ohnehin nicht. … Tief in mir eine verzweifelte Stimme: ‚Weshalb hilft mir denn keiner - ich kann das nicht mehr lange ertragen.‘“ So die 16jährige Gabi Köpp in ihrem (Tage-) Buch „Warum war ich nur ein Mädchen?“ (Herbig 2010, S. 80) Darin beschreibt sie die Leiden ihrer Flucht im kalten Januar 1945 aus Pommern. 
„In maßloser Wut fällt diese Bestie über mich her. Sollte ich geglaubt haben, die Grenzen meiner Verzweiflung bereits erreicht zu haben, erkenne ich in diesem verwüsteten Zimmer meinen Irrtum. ‚Warum muß mir das auch alles passieren! Ich kann nicht mehr. Jetzt fange ich doch an zu weinen‘ - Worte, die bis zum heutigen Tage Gültigkeit haben. Denn noch heute, über sechs Jahrzehnte nach dem grausamen Geschehen, sehe ich den Leutnant überscharf vor mir.“ (S. 83) 
Nach einem Feuerüberfall der Russen auf den Flüchtlingszug getrennt von Mutter und Schwester findet Gabi Köpp einen kleinen Schutz bei dem gleichaltrigen Ewald Kuske, der etwas Russisch kann und dolmetscht, dafür jedoch einfach - ohne jeden Anlaß und Grund - erschossen wird.
Es ist kaum glaublich, was die Frauen und Mädchen auf der Flucht ertragen müssen. Sexuelle Gewalt kommt in allen Armeen vor. Sie kam vor bei Engländern, Franzosen und Amerikanern. Bei der russischen Armee aber wurde sie massenhaft ausgeübt und durch Flugblätter des Haßpropagandisten Ilja Ehrenburg noch zusätzlich geschürt. Kritiker wie Solschenizyn und Kopelew kamen ins KZ. 

   Berichte aus Tschetschenien (Politkowskaja) deuten darauf hin, daß sich am barbarischen Status der russischen Armee offenbar wenig geändert hat.

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