Donnerstag, 14. September 2017

Theodor Storm (14.9.1817-1888)



Abseits

Es ist so still; die Heide liegt
Im warmen Mittagssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühn; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft.

Laufkäfer hasten durchs Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen;
Die Vögel schwirren aus dem Kraut -
Die Luft ist voller Lerchenlaut.

Ein halb verfallen niedrig Haus
Steht einsam hier und sonnbeschienen;
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen;
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.

Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten;
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
- Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.  

Ein Bild sommerlicher Entrücktheit in der Heide, in der nur die Insekten, die Bienen und Käfer im Kleinen für Bewegung sorgen. Wie Dürer bei der Grasstudie zeigt Storm eine Nahaufnahme - die große Welt und ihre Ereignisse liegen weit entfernt.

Die Dynamik der Gegenwart mit ihren weltweiten Echtzeit-Kommunikationen und umstürzenden Änderungen und Wandlungen hätte Storm sich kaum vorstellen können.


















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