Samstag, 24. April 2021

Anna sieht das wie Usama

 “Die keltische Rasse ist … unabhängig, sie sucht keinen Rat und zieht nie geordnet oder nach den Regeln der Kriegskunst zu Felde, doch wann immer es zur Schlacht oder zum Krieg kommt, verspüren sie in ihren Herzen einen unbezähmbaren Drang und lassen sich nicht mehr zurückhalten. Nicht nur die einfachen Soldaten, sondern auch ihre Führer werfen sich unwiederstehlich ins Getümmel inmitten der feindlichen Reihen. … Das lateinische Volk ist äußerst habgierig, doch wenn sie sich vorgenommen haben, ein Land anzugreifen, sind sie zügellos und kennen keine Vernunft.”* 

So die byzantinische Kaisertochter und frühe Historikerin Anna Komnene. Und einen syrischen Kommentator zitiert Bartlett ebenfalls, den muslimischen Emir Usama ibn Munqid, der die Franken charakterisiert als “Bestien, die sich auszeichnen durch Mut und Tapferkeit im Kampf, aber durch nichts weiter.” 

Geschichtsschreibung ist auch heute nicht objektiv, wenn sich allerdings zwei sehr unterschiedliche Kommentatoren recht ähnlich äußern, dann dürften sie ein Stück Wirklichkeit beschreiben. Die fränkischen Kreuzfahrer, die Anna Komnene auch fälschlich Kelten nennt, waren sehr kriegerisch. Und dies war tatsächlich auch ihr Selbstbild, die Adelskrieger sahen sich als unwiderstehliche Kämpfer, “denen Gott den Sieg zum Lehen gegeben hat”. 


*Bartlett, “Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt”, S. 114f.  


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