Remota itaque justitia quid sunt regna nisi magna latrocinia. Was sind also Königreiche außer große Räuberbanden, wenn die Gerechtigkeit fehlt? Augustinus, Gottesstaat, IV, 4
“Europa hat den Staat erfunden. Der Staat ist keine ‘anthropologische Notwendigkeit’ (Ulrich Scheuner), er ist weder ‘uranfänglich’ (F.C. Dahlmann), noch ist ‘Der Staat an und für sich das sittliche Ganze, die Verwirklichung der Freiheit’ und damit das Ziel der Weltgeschichte (Hegel). Die politische Anthropologie hat so viele ‘Gesellschaften ohne Staat’ ausfindig gemacht, und der weltweite ‘Export’ des europäischen Staates durch den Kolonialismus hat so problematische Ergebnisse gezeitigt, daß dieser Staat inzwischen als weltgeschichtliche Ausnahme und nicht mehr als Regel gilt. … Das Problem liegt also nicht darin, warum so viele Gemeinwesen weltweit undemokratisch, gewalttätig und parasitär waren und sind, sondern warum die europäischen, die von Haus aus auch nicht anders aussahen, erstaunlicherweise Demokratie, Konsensfähigkeit und Gemeinwohldenken entwickelt haben.” (Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, S. 15)
Michael Mittauer sieht einen frühen Faktor im Reichskirchensystem, in dem Lehen an Bischöfe und Äbte vergeben wurden. “In der Geschichte des Lehenswesens wird vielfach zu wenig bedacht, daß die militärische Vormachtstellung der karolingischen und später der deutschen Könige in Europa weitgehend auf dem Aufgebot der kirchlichen Vasallen beruhte, das zeitweise bis zu zwei Drittel oder gar drei Viertel des Heeres ausmachte. Ohne diese Indienstnahme der Reichskirche wäre der Aufbau von Panzerreiterheeren in einem solchen Umfang nicht möglich gewesen. In Byzanz gab es keine vergleichbare Möglichkeit des Zugriffs auf Ressourcen der Kirche für militärische Zwecke. Im Frankenreich setzt diese Inanspruchnahme des Kirchenguts schon mit den so genannten ‘Säkularisationen’ Karl Martells ein.” (Mitterauer, Warum Europa? S. 121)
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