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Montag, 23. Mai 2022

LOB DER SKEPSIS

Eine runde Darstellung Marquards mit einem launigen Schlußakkord! Er hat keine „süßen Weltanschauungen“ zugesteckt, sondern Bürgerlichkeit, Pluralismus, Gewaltenteilung, Tradition und Realismus profund gewürdigt. 

Sonntag, 22. Mai 2022

Revolutionen verbieten sich

 “Wir können unsere Herkunft nicht in beliebigem Umfang loswerden, aber wir dürfen sie auch nicht in beliebigem Umfang loswerden: Kein Mensch – das Leben ist zu kurz dafür – kann alles, was ihn lebensmäßig betrifft, von Grund aus neu regeln; das ist stets zuviel für ein Wesen, dessen ​Bewältigungskapazität deswegen begrenzt ist, weil es immer allzu bald stirbt. Darum ist Herkömmlichkeit für die Menschen nicht nur eine Last, sondern – und vielleicht mehr noch – ein Schutz. Den Menschen kann also nicht beliebig viel Änderung zugemutet werden; Zukunft braucht Herkunft: Es muss in jeder durch Änderung erzeugten Zukunft ein – das Änderungsquantum stets weit übersteigendes – Minimum an Herkunft erhalten bleiben: sonst misslingt die Änderung, und es werden die zerstört, derentwegen man ändern wollte: die Menschen."

Marquard, Odo. Frage nach der Frage, auf die die Hermeneutik die Antwort ist, in: Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays, (S.80f.). Reclam Verlag. Kindle-Version.

Donnerstag, 5. Mai 2022

Lob des Polytheismus

„… was meinen die wohl, warum ich ein Skeptiker bin? I like fallacy. Hier stehe ich und kann auch immer noch anders: Ich erzähle – als eine Art Scheherazade, die freilich anerzählen muss jetzt gegen die eigene Tödlichkeit – ich erzähle, also bin ich noch; und so – just so – erzähle ich denn: Geschichten und spekulative Kurzgeschichten und andere Philosophiegeschichten und Philosophie als Geschichten und weitere Geschichten und wo es den Mythos betrifft – Geschichten über Geschichten; und wenn ich nicht gestorben bin, dann lebe ich noch heute.“


Marquard, Odo. Lob des Polytheismus. Über Monomythie und Polymythie, in: Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays, S.67). Reclam Verlag. Kindle-Version. 


Das mag nun vielen etwas zu locker und launig sein - aber als Saldo der bisherigen Geschichte und Geschichten gibt das eine zu bedenkende Kontrastfolie ab.


Mittwoch, 4. Mai 2022

Prinzipien

 In „Zukunft braucht Herkunft“ verabschiedet Odo Marquard eingangs das prinzipielle Denken. „Abschied vom Prinzipiellen“ hat er den ersten, autobiographisch unterfütterten Essay genannt. Damit verabschiedet er sich auch von eine Philosophie, die Prinzipien erkennen und aufstellen will, wie die Seminargötter Platon und Aristoteles. Das entwerte die philosophische Bemühung nicht, sondern knüpfe an die skeptische Tradition an, für die Namen wie Pyrrhon, Montaigne, Charron, Bayle, Hume, Schulze-Aenesidem, Plessner, Burckhardt und Löwith stehen. Marquards zusammenfassendes Argument: 

„Wir müssen unsere Kontingenz ertragen: Gerade die Skepsis – und auch das in dieser Einleitung Ausgeführte – ist keine absolute Mitteilung, weil jede Philosophie in ein Leben verwickelt bleibt, das stets zu schwierig und zu kurz ist, um absolute Klarheit über sich selber zu erreichen.“


Marquard, Odo. Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays: (S.27). Reclam Verlag. Kindle-Version.