Freitag, 2. April 2021

Auch eine Emanzipation

“In diesem Zusammenhang erscheint es wichtig, daß in der karolingischen Reichskirche und noch stärker in der Ottonenzeit hohe Geistliche wesentliche Träger der Ordnung waren. Die Rekrutierung der Spitzen dieser Reichskirche aus der königlichen Hofkapelle verweist übrigens aus anderer Perspektive auf die Rolle, die die Erziehung am Hof des Herren für dauerhafte Loyalitätsbindungen hatte. Auch bei diesen der königlichen Kapelle entstammenden Bischöfen handelt es sich strukturell um den Typus einer abgeschichteten Hausgefolgschaft.” *

Die Kirchenspitze wächst aus der weltlichen Macht heraus und gewinnt zunehmend an eigener Macht. Die Kirche wird zur Papstkirche. 

“Hans Küng hat die Entwicklung zur Papstkirche des Hochmittelalters durch fünf ‘Kennzeichen des römischen Systems’ charakterisiert, nämlich Zentralisierung, Juridisierung, Politisierung, Militarisierung und Klerikalisierung.”** 

So wurde der Investiturstreit unvermeidlich. Der Papst setzte symbolische Waffen ein (Exkommunikation) und gewann gegen den salischen Kaiser Heinrich IV. (1050-1106)

“Der klassische Fall einer solchen autonomen, mit der monarchischen Staatsgewalt konkurrierenden Institution mit selbstbewußtem eigenen Personal war die lateinische Kirche. In ihrer institutionellen Entwicklung war sie der monarchischen Staatsgewalt nicht nur voraus, sondern sie hat in mancher Hinsicht sogar das Vorbild für diese abgegeben, denn die römische Kirche war die erste absolute Monarchie und der erste Staat des Abendlandes.” ***


*Mitterauer, Warum Europa? S. 135

**Mitterauer, Warum Europa? S. 154

***Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, S. 210


Donnerstag, 1. April 2021

Klimaschau #24: Sahara-Solarfarmen verursachen Dürren im Amazonas-Regenwald

Die Störanfälligkeit der Solarbretter durch Abrieb und Verschmutzung wäre beträchtlich und die Verwundbarkeit durch Terror und Sabotage noch größer - Desertec ist eine grüne Schnapsidee!

Panzerreiter und Reichskirchensystem

Remota itaque justitia quid sunt regna nisi magna latrocinia. Was sind also Königreiche außer große Räuberbanden, wenn die Gerechtigkeit fehlt? Augustinus, Gottesstaat, IV, 4


“Europa hat den Staat erfunden. Der Staat ist keine ‘anthropologische Notwendigkeit’ (Ulrich Scheuner), er ist weder ‘uranfänglich’ (F.C. Dahlmann), noch ist ‘Der Staat an und für sich das sittliche Ganze, die Verwirklichung der Freiheit’ und damit das Ziel der Weltgeschichte (Hegel). Die politische Anthropologie hat so viele ‘Gesellschaften ohne Staat’ ausfindig gemacht, und der weltweite ‘Export’ des europäischen Staates durch den Kolonialismus hat so problematische Ergebnisse gezeitigt, daß dieser Staat inzwischen als weltgeschichtliche Ausnahme und nicht mehr als Regel gilt. … Das Problem liegt also nicht darin, warum so viele Gemeinwesen weltweit undemokratisch, gewalttätig und parasitär waren und sind, sondern warum die europäischen, die von Haus aus auch nicht anders aussahen, erstaunlicherweise Demokratie, Konsensfähigkeit und Gemeinwohldenken entwickelt haben.” (Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, S. 15) 


Michael Mittauer sieht einen frühen Faktor im Reichskirchensystem, in dem Lehen an Bischöfe und Äbte vergeben wurden. “In der Geschichte des Lehenswesens wird vielfach zu wenig bedacht, daß die militärische Vormachtstellung der karolingischen und später der deutschen Könige in Europa weitgehend auf dem Aufgebot der kirchlichen Vasallen beruhte, das zeitweise bis zu zwei Drittel oder gar drei Viertel des Heeres ausmachte. Ohne diese Indienstnahme der Reichskirche wäre der Aufbau von Panzerreiterheeren in einem solchen Umfang nicht möglich gewesen. In Byzanz gab es keine vergleichbare Möglichkeit des Zugriffs auf Ressourcen der Kirche für militärische Zwecke. Im Frankenreich setzt diese Inanspruchnahme des Kirchenguts schon mit den so genannten ‘Säkularisationen’ Karl Martells ein.” (Mitterauer, Warum Europa? S. 121)

Mittwoch, 31. März 2021

Descartes 31.3.1596-1650

Er hat sich bemüht, aber weit ist er nicht gekommen. Sich als Soldat bei einem calvinistischen niederländischen General gegen die katholischen spanischen Besatzer zu verdingen, mag noch verständlich sein, verrät allerdings keinen Forschergeist. Der spätere Wechsel im 30jährigen Gemetzel auf die katholische Seite verwundert dann doch sehr, ebenso seine Pilgerfahrt zur sog. Madonna von Loreto als Dank für deren phantasierte geistige Unterstützung. Er hat sich bemüht, aber weit ist er nicht gekommen.

Von Descartes stammt der Satz “Ich denke, also bin ich”; er war ein tumber Tor in Sachen Psychologie und Anthropologie, wie es die meisten Philosophen sind.

Der Neurologe Antonio Damasio benannte daher eines seiner Bücher “Descartes Irrtum” (1994). Sein Buch von 1999 trägt den Titel “Ich fühle, also bin ich”, darin findet sich:

“Mehr noch, ich denke, daß die Mechanismen, die der Emotion zugrunde liegen, kein Bewußtsein verlangen, selbst wenn sie sich manchmal seiner doch bedienen: Sie können die Kaskade von Prozessen, die zum emotionalen Ausdruck führen, in Gang setzen, ohne sich des emotionalen Auslösers bewußt zu sein, von den Zwischenschritten ganz zu schweigen. Tatsächlich kann ein Gefühl im begrenzten Zeitausschnitt des Hier und Jetzt auftreten, ohne daß der Organismus tatsächlich etwas von seinem Vorkommen weiß.” (A.a.O., S. 58)

Dienstag, 30. März 2021

Kaspar und der WDR



“Schon mit meinem ersten Satz bin ich in die Falle gegangen.”


So Handkes Kaspar am Ende des Stücks. Es bezieht sich auf das zunächst sprachlose Findelkind Kaspar Hauser (1812-1833).

Handke blendet die Bereicherung durch den Spracherwerb völlig aus und zeigt an seinem Kaspar, wie der Mensch durch Sprache zum willenlosen Untertanen gemacht wird.

Richtig daran ist, daß mit der Sprache auch Traditionen und Weltbilder vermittelt werden. Die politische Einflußnahme durch die politische Sprache und die Bewußtseinsindustrie der Massenmedien stellt ein Grundproblem der Gesellschaft dar, das heute so gigantisch ist wie die umgeschlagenen Milliardensummen. 

Der Fürstbischof von Köln war vor 500 Jahren eine mächtige Figur in Stadt und Reich, aber gegen den Kölner WDR heute nimmt er sich vergleichsweise schwach und unbedeutend aus. Der WDR und die hundert anderen Massenmedien und Vormünder senden von morgens bis abends eine endlose Kette von Einreden und Einflüsterungen. Eine gewaltige Macht mit ständigem Zugang zu den Köpfen der Bürger. Und wahrlich wahlentscheidend, weswegen die Politiker meist nur noch Mitspieler sind im massenmedialpolitischen Komplex.  

Wir sehen heute das Stück “Die Bewußtseinsindustrie wäscht das Gehirn so sauber und auf so unterhaltsame Weise wie nie”.