Freitag, 15. Juli 2011

Die Sphinx und Archimedes in der Badewanne





Maria Picciones Eingangsbild aus Süditalien um 1500, Allegorie zur Nikom. Ethik, die junge Frau verkörpert die Weisheit (Athene) und befragt eine niedliche Sphinx auf ihrem Schoß
(Foto in modisch-künstlerischer Unschärfe a la Richter, die geniale Unschärfe der Kulturwissenschaften symbolisierend)




"In der Tat nehmen die Freunde die kapitalistische Dynamik ringsum unterschiedlich wahr: Troeltsch und die kulturprotestantisch fromme Marianne sehen durch entfremdet arbeitende Massen den "unendlichen Wert jeder Menschenseele" bedroht und leiden unter dem Schmutz, Lärm und Gestank in New York und Chicago, während Max sich für freien Markt, neue kapitalistische Fließbandproduktion und die kaum begrenzte Freiheit der Businessmen begeistert. Troeltsch fragt mit Sorge, wie sich die bunte "Sammlung der verschiedenen Völker" auf Dauer werde integrieren lassen. Weber hingegen stürmt erlebnishungrig überall voran, weil er in allem sozialen Chaos primär die großen Chancen ethisch verantworteter freier "Lebensführung" sieht."

So Fr. Wilh. Graf in seiner Rezension des jüngst erschienen Buches L.A. Scaffs "Max Weber in America" (FAZ 13.7.11).
Wie Marianne Weber und Ernst Troeltsch sahen auch die Juristen Isensee und Knütel das Amerika hundert Jahre später beim Symposium „Transkulturelles Erbe als Basis europäischer Integration“ am 13. Juli 2011 in der NRW Akademie der Wissenschaften. Als "geistige Größe" erschien ihnen Europa. So sahen es auch die Referenten Markus Hilgert (Heidelberg, Transkulturalität in den historischen Kulturwissenschaften ), Maria Piccione aus Turin (Tradierung antiker Wissensbestände via Byzanz) und Rolf Knütel (Bonn, Transkulturalität des Rechts in Europa). Sie bezogen sich aber auf die Rezeption orientalischer Inhalte im Okzident, namentlich Athen, Rom und Byzanz. An dieser Ausrichtung auf geistig-kulturelle Phänomene krankte die ganze Veranstaltung, denn nicht die Integration ägyptischer Figuren wie der Sphinx hat Europa vitalisiert, sondern Mechanik, Mathematik und Methode des Archimedes taten es, dessen Texte zwar über Byzanz weitgehend erhalten sind, die aber bei Maria Piccione keine Erwähnung fanden. Der Mann war kulturell einfach nicht bedeutend genug für eine Altphilologin. Die Römer fanden ihn aber ganz prima und verwendeten seine Kriegsmaschinen. Dadurch verbreitete sich auch das Römische Recht, das Knütel sehr lobte, sicher zu Recht. Ohne Rechtsstabilität kann sich auch kein Institut des individuellen Eigentums entwickeln, wie es Max Weber dann als Vitalkraft 1901 in Amerika am Werke sah, aber Marianne Weber und Troeltsch mit Befremden erfüllte. Wie die versammelten Geistesfreunde beim Düsseldorfer Akademie-Symposion.

Ja, da kann man nichts machen. Aber die Geschichte vom frühen Zweistromland bis zum modernen Washington, das Isensee zum 4. Rom erklärte, wurde weniger durch kulturelle Bilder als durch empirische Mechanik bewegt. Allzu kulturelle Autoren wie Aristoteles mußten erst durch Galilei im hydrostatischen Rückgriff auf Archimedes in ihren blockierenden Falschheiten überwunden werden. Erst dadurch wird die Produktivität der Moderne frei, wird die Industrialisierung und ihr Wohlstand möglich.
Man muß schon sehen, wo man etwas lernen kann. Aristoteles war eine Sackgasse (vgl. Blog v. 29. April 2011), der erst in der Renaissance wieder rezipierte Archimedes ein Tor in die Zukunft.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Zurück zu Athenes Vogel






Schicke antike Drachme




- “Am Schuldenwesen kann man genesen

Ein Blick in die Geschichte zeigt: Vor hundert Jahren flogen die Griechen schon einmal aus einer Währungsunion heraus. Von Wolfgang Burgdorf (lehrt frühe neuzeitliche Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München)

Warum wurde bei der Aufnahme Griechenlands in die Europäische Währungsunion nicht genauer hingesehen? Schließlich wurde Griechenland schon einmal zum Verlassen einer europäischen Währungsgemeinschaft, nämlich der Lateinischen Münzunion, gezwungen. Diese war 1865 gegründet worden und basierte auf dem gleichen Goldanteil der Standardmünzen der beteiligten Länder, nämlich Frankreichs, Belgiens, der Schweiz, Italiens und Griechenlands. Griechenland jedoch setzte heimlich den Edelmetallgehalt seiner Münzen herab. Dies führte 1908 zum Ausschluss des Landes. …” FAZ 13.7.11



- Das Problem sind die Schulden.
Woher kommen die?
Aus Wahlgeschenk-Stimmenkaufaktionen?

Woher kommt die Spekulation? Pensionsfonds, Versicherungen, Bürger legen ihr Geld an in verschiedenen Anlageinstrumenten. Für Rente, Kinder, Enkel etc.

Wie senkt man die Schulden? Durch weniger Ausgaben.
Wie bereinigt man eine Insolvenz? Durch ein Insolvenzverfahren.

Wie lassen sich produktive Unterschiede ausgleichen? Durch eine eigene, flexible Währung.

Übrigens: Griechenland hat eine orthodox-christliche Tradition, Portugal, Italien und Spanien haben eine katholische.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Wahlbestechung

“Teure Wahlgeschenke in Thailand
Kostenlose PCs, Kreditkarten für Bauern und höhere Löhne
che. SINGAPUR, 4. Juli. Nach dem Wahlsieg der Puea-Thai-Partei unter Führung von Yingluck Shinawatra in Thailand machen sich Zweifel an deren …” 5.7.11 FAZ

Bei der Demokratie ist die Wahlkorruption eingebaut, daher stellte schon Platon in der POLITEIA eine Selbstzerstörungstendenz der Demokratie fest.
Wozu Wahlgeschenke, also Wahlbestechung, Wahlkorruption führen, liegt auf der Hand: zur Verschuldung, zur Staatsverschuldung. Das ist auch der Kern der EU-Finanzkrise: die Wahlbestechung über Jahrzehnte hinweg hat einen Schuldenberg angehäuft, der in einigen katholischen und orthodoxen Ländern zum Problem geworden ist, besonders dort, wo orientalische Vetternwirtschaft durch lange türkische Besetzung eine verstärkende Rolle spielt.
Gefählich wird die Verschuldung dann, wenn die Aktivität der Menschen erlahmt, wenn die Wirtschaftstätigkeit gelähmt wird. Daher der elende Status Griechenlands, aber der vergleichsweise starke Stand Japans, obwohl die japanische Staatsverschuldung höher ist als die Griechenlands.

Dienstag, 12. Juli 2011

Geh'mer Kindergärten abfackeln im Park







Stimmt bestimmt - aber nicht bei freudianischen Onkels. Dort wird die Neurose lange Jahre gepflegt und gepäppelt.
(Vgl. Dieter E. Zimmer, Tiefenschwindel u.a.)





Mit nur 26 Jahren verstarb die Schauspielerin Maria Kwiatkowsky. Vor ein paar Jahren war sie zu 2 Jahren Jugendstrafe verurteilt worden und zu 400.000€ Schadensersatz, weil sie nachts in einem Kindergarten aus "Frustration" Feuer gelegt hatte. Ein psychiatrischer Fall also.
Ein Fall, theoretisch, auch für :
Prof. Dr. Martin Brüne. Er studierte Humanmedizin an der Universität Münster. 1989 promovierte er. Nach der Ausbildung
zum Facharzt für Neurologie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie
folgte 2000 die Habilitation „Evolutionsbiologische Aspekte
psychotischer Störungen am Beispiel der Erotomanie“. Seit 1998 arbeitet
er am Universitätsklinikum Bochum. Seine Forschungsschwerpunkte
liegen u.a. in der Evolutionären Psychologie und der Psychopathologie.
Der nette Herr Brüne hielt gerade einen Vortrag zum Thema *Evolutionstheoretische Überlegungen zum Verständnis psychischer
Erkrankungen*.
Seine Ausführungen waren nicht uninteressant, hatten aber mit dem Thema weiter nichts zu tun und es fehlte ihnen insgesamt "das geistige Band", was er durch viele Folien in seinem Präsentationprogramm überspielte. (Wie mag der promoviert haben?)
Von weit kam kurz das Thema in Sicht durch Zitierung des bekannten Dobzhansky-Ausspruchs, daß nichts in der Biologie Sinn mache, wenn nicht aus evolutionärer Perspektive betrachtet. Da läßt sich natürlich fragen, welchen Sinn solche Generalaussprüche erzeugen. Wäre Edward Jenner bei den Pocken weitergekommen, wenn er sich mit solchem Kakao abgegeben hätte? Oder Semmelweis beim Kindbettfieber etc. Die Medizin macht den für den Menschen interessantesten Bereich der Biologie aus. Es gibt einen Grad von Abstraktheit, der sich gut in Vorworten verwenden läßt, aber sonst nicht viel taugt, außer für theoretische Überlegungen von Theoretikern.
Aber auch das funktioniert nicht, wie Brüne demonstrierte.
Man kann sich also nur den Dingen konkret zuwenden, empirisch. Darin liegt der Grund, warum Forscher forschen und Hypothesen bilden, aber sich nicht von einem expliziten Theorierahmen leiten lassen.
Im Falle der Kwiatkowsky hätte keine Diagnose aus einer evolutionären Perspektive gestellt werden können, ob überhaupt in der vom Gericht verordneten Psychotherapie ein sinnvolle Diagnose gestellt wurde, wäre zu überprüfen. Schauspielern könnte man eine Neigung zu freudianischem Käse unterstellen.
Aber auch für ernsthafte, naturwissenschaftlich orientierte Psychiater bleibt eine konkrete Diagnose schwierig im großen Formenkreis der Psychosen. Daß die alle etwas mit dem vergleichsweise großen Gehirn des Menschen zu tun haben, das wiederum ein Produkt der Säugetierentwicklung darstellt, das ist eine triviale Feststellung und keine fruchtbare evolutionäre Perspektive.
Ja, die Psychiater haben es schwer, schwerer etwa als die Orthopäden. Das liegt an der undurchschauten Komplexität des Gehirns. Man muß ihnen da Kredit geben. Sie sollten es aber vermeiden, sich durch wirre Vorträge auch noch zu blamieren.

Montag, 11. Juli 2011

"Diese beiden Lumpen!"




Karl Popper - kritischer Rationalist

(Bild LSE / Wiki.)


“ Grossherzige Remigranten.
Über jüdische Philosophen in der frühen Bundesrepublik. Eine persönliche Erinnerung. Von Jürgen Habermas

Ich kann keinen Beitrag zur Exilforschung leisten, sondern nur aus der unsicheren Perspektive des Zeitzeugen einige Erinnerungen sortieren. Jüdische Emigranten sind nach der Rückkehr in die Heimat, die sie verstossen hatte, für eine jüngere Generation zu unersetzlichen Lehrern geworden. …” 2. Juli 2011, Neue Zürcher Zeitung

In einem Radiogespräch wurde Golo Mann nach Horkheimer und Adorno befragt, die seine Berufung an die Universität Frankfurt, zuletzt auch mit Hinweis auf Golo Manns Homosexualität, massiv hintertrieben hatten:
' Diese beiden Lumpen!" Es brach aus ihm heraus. Er wisse, was er sage, ergänzte Golo Mann seine Beleidigung, die er 1989 in einem Fernsehinterview gegen die damals schon verstorbenen Begründer der Frankfurter Schule, Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, vorbrachte. ' FAZ 28. März 2009

Habermas hat vor allem zwei Remigranten im Auge, die beiden nämlich, deren abstrusen Neomarxismus er übernommen und gepflegt hat: Horkheimer und Adorno.
Diese beiden kehrten unter anderem zurück, um ihren Einfluß auszuüben und andersdenkende Gelehrte auszugrenzen, wie eben Golo Mann in Frankfurt.
Die Frankfurter Schule der Adorno und Horkheimer hat immensen geistigen Schaden in Deutschland gestiftet, der bis heute anhält.
Auch der Remigrant Popper gehört im weitesten Sinne zu ihren Opfern, da seine nüchterne Philosophie von den Neomarxisten als “Positivismus” diffamiert und in den Seminaren bis aufs Messer bekämpft wurde.
“Grossherzige Remigranten”? Machtgeile, illiberale Ideologen waren sie! Von Habermas hätte man doch gerne erfahren, welche Rolle er bei den ekelhaften Intrigen seiner Chefs gegen Golo Mann gespielt hat.

PS: Emigrant Thomas Mann war auf seinen Emigrantennachbarn in Kalifornien nach dem DOKTOR FAUSTUS nicht mehr gut zu sprechen. Seine Frau Katja sprach von Adorno als dem Herrn, der sich einbildete, den DOKTOR FAUSTUS geschrieben zu haben, weil Th. Mann seinen musikologischen Rat eingeholt hatte.

PPS: “1957 beginnt der erste Akt der "Frankfurter Affäre" um Golo Mann, die in Teilen, mit vielen Widersprüchen behaftet, immer wieder in den vergangenen Jahren öffentlich zum Thema wurde. Der Historiker Otto Vossler setzte sich für ein Extraordinariat für Golo Mann ein, ließ aber von seinem Vorhaben bald ab. Er habe gemerkt, schrieb er Mann, "dass Sie hier Kollegen haben, mit denen zusammenzuleben ich Ihnen wirklich nicht zumuten möchte. Ich habe keineswegs insistiert und glaubte damit in Ihrem Sinne zu handeln." 1960 geht es weiter. Der hessische Kultusminister Ernst Schütte, ein begeisterter Leser der "Deutschen Geschichte" Manns, hätte ihn gern nach Frankfurt berufen. …”
FAZ 28.3.09