Samstag, 31. Juli 2021

Im Fluß oder festgemauert?

Es gibt Menschen, die bleiben lebenslang Marxisten, wie mancher Journalist; andere bleiben lebenslang katholisch, wie mancher Theologe. Andere wechseln im Verlauf des Lebens. Ersteres ist ziemlich häufig und auch gut erklärbar: die immer gleichen Denkfiguren und Inhalte werden in den Denkstrom eingespeist.

Wie aber lassen sich Wechsel erklären? Ändert sich da etwas an der Identität? Häufig spielt sicher das Lebensalter eine Rolle, das durch Lebenserfahrung jugendliche Vorstellungen implodieren läßt, wie die Sowjetunion implodierte. Auch äußere Umstände - persönliche wie gesellschaftliche - können eine große Bedeutung erlangen, wie in diesem erstaunlichen Fall des Eduard Winters:


Eduard Winter, Sohn eines Schuhmachers und Kanzleiverwalters, besuchte die Volksschule in Sebastiansberg und das Obergymnasium in Böhmisch Leipa.

1915–1919 studierte er an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck und wurde 1919 zum römisch-katholischen Priester im Bistum Leitmeritz geweiht. Zu weiteren Studien ging er an die Deutsche Universität in Prag. Während seines dortigen Studiums wurde er 1919 Mitglied der KDStV Vandalia Prag.[1] 1921 wurde er hier zum Doktor promoviert.

Er habilitierte sich 1922 in Theologie sowie 1926 in Philosophie. Im Winter 1926/27 reiste er nach Rom; nach seiner Rückkehr erhielt er eine neu geschaffene außerordentliche Professur für Christliche Philosophie. Am 13. Juli 1934 wurde er Nachfolger August Naegles als Ordinarius für Kirchengeschichte und Patristik an der Theologischen Fakultät der Deutschen Universität zu Prag.

In den folgenden Jahren kam es zu einer Entfremdung Winters von der Kirche und einer Annäherung an sudetendeutsche Positionen und den Nationalsozialismus. Ab Mai 1939 war er Mitglied der NSDAP. 1940 heiratete er seine Mitarbeiterin Maria Kögl, im gleichen Jahr wurde ihr gemeinsames Kind geboren. Er bat um seine Entpflichtung; es kam zu einem Skandal und zu seiner Exkommunikation. Im Herbst 1941 wurde Winters bisheriger kirchengeschichtlicher Lehrstuhl auf die Philosophische Fakultät übertragen und in eine Forschungsprofessur für Europäische Geistesgeschichte umgewandelt. Winter blieb so der Universität erhalten. Seine Forschungsschwerpunkte wurden nun Reformkatholizismus, Aufklärung und Josephinismus – eine entschieden antirömische Tendenz, die er bis an sein Lebensende durchhielt.[2] Winter war Leiter des Instituts für osteuropäische Geistesgeschichte der Reinhard-Heydrich-Stiftung in Prag.[3] Winter war Mitglied der SS und arbeitete 1945 für den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS, SD.[4] Der Nationalsozialist Alfred Baeumler zeigte sich positiv beeindruckt von Winters Schrift Tausend Jahre Geisteskampf in der Ukraine. Byzanz und Rom im Ringen um den ostslawischen Raum, die ihm unter diesem ihrem ursprünglichen Titel bekannt war, später aber allein mit dem abgeänderten Untertitel publiziert wurde, aus dem das NS-Vokabular entfernt war. Baeumler empfahl Winter 1941 zur Arbeit im Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, ERR, einer Organisation des Kunst- und Bibliotheksraubs.

Ende Juli 1945 wurde Winter aus Prag vertrieben; er kam zunächst nach Wien, wo auch seine Familie lebte.

Winter wandte sich dem sozialistischen Internationalismus zu und wurde 1947 auf den Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg berufen. Im Oktober 1948 wurde er als Nachfolger Otto Eißfeldts ihr Rektor. Seine Antrittsrede kennzeichnet seinen neuen Forschungsschwerpunkt: Der Vatikan und das russisch-französische Bündnis (1894).[5] Auch in den folgenden Jahren bis 1951 blieb er Rektor. Von 1951 bis zu seiner Emeritierung 1966 lehrte er an der Humboldt-Universität zu Berlin und leitete dort das Institut für Geschichte der Völker der UdSSR. Er war ab 1955 ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, wo er von 1955 bis 1959 die Historische Abteilung des Instituts für Slawistik, von 1956 bis 1959 die Arbeitsgruppe Geschichte der slawischen Völker am Institut für Geschichte und von 1961 bis 1965 die Arbeitsstelle für deutsch-slawische Wissenschafts-Beziehungen leitete. Er wurde 1963 zunächst korrespondierendes und vier Jahre später ordentliches Mitglied der Académie internationale d’histoire des sciences in Paris.

Winter unterstützte die DDR ideologisch und publizistisch, behielt jedoch seine 1946 erworbene österreichische Staatsbürgerschaft und wohnte in Berlin, wie auch viele DDR-Künstler und Wissenschaftler, in der Straße 201.[6]” (Wikip.)

Die Hauptstationen dieses Lebens dürften so zutreffen, auch wenn die Wikipedia nicht durch Zuverlässigkeit und Nüchternheit glänzt. Haben diese Brüche und Knicke den Menschen Winter beschädigt, seine Identität ausgehöhlt? 

Bei Foerster findet sich ein dynamische Selbst- und Identitätsvorstellung:

“Das Selbst erscheint nicht als etwas Statisches und Festes, sondern wird permanent und immer wieder erzeugt. … Das Selbst ändert sich, so meine ich, in jedem Moment, in jeder einzigen Sekunde.”* Den Psychologen wirft er vor, daß “sie an so etwas wie Identität überhaupt glauben.”*


Im Kern kann man ihm nur zustimmen, denn der Mensch besitzt ein großes Anpassungsvermögen, besonders im Bereich der Theorien und Ideologien. Nicht zuletzt hat das die Kanzlerin aus der sozialistischen Pfarrersfamilie vorgeführt, die heute in Bayreuth verkehrt. Begrenzungen in der Anpassungsfähigkeit sind in den Großen Fünf der Psychologie zu sehen: Extraversion, Neurotizismus, Offenheit, Verträglichkeit und Sorgfältigkeit. Da stehen die Fundamente relativ fest, weil mit dem Nervensystem verbunden. Sie haben aber nichts mit der Identitätsmode zu tun.  

*H.v. Foerster, B. Pörksen, Wahrheit, S. 94f.


Freitag, 30. Juli 2021

Hören und verstehen: Ignatius in Chicago bei Heinz und das kulturell gefärbte Verständnis


“Meine Frau und ich haben einmal einen Studenten in unser Haus eingeladen, der aus einem kleinen afrikanischen Dorf kam; … auf seinem Schreibtisch sah ich eines Tages eine Schwarzweißfotografie des Stammeshäuptlings. Und da Ignatius selbst gern fotografierte, schenkten wir ihm zu Weihnachten eine kleine Kamera. … Als er die ersten Fotos abgeholt hatte, kam er aufgeregt zu mir und sagte:” Man hat mich betrogen. Ich habe das Bild unseres Häuptlings … mit einem Farbfilm fotografiert. Und die Bilder … sind schwarzweiß. Man hat mich betrogen. Ich sagte Ignatius, daß dies keineswegs der Fall sei, da ja die Fotografie auf seinem Schreibtisch schwarzweiß sei. Er meinte, er verstehe das alles sehr gut, aber man habe ihn betrogen, da es sich um einen Farbfilm handele. Mein Sohn Tommy, der Physiker ist, … gab Ignatius eine schwierige quantenmechanische Erklärung. … Und wieder hatte die physikalische Erklärung kein Verständnis erzeugt. … der in Nigeria als Lehrer gearbeitet hatte. … stellte sich dieser junge Lehrer vor den Ignatius hin, schaute ihn durchdringend an und sagte laut: ‘Es funktioniert nicht!’ Darauf sagte Ignatius: ‘Aha, jetzt verstehe ich!’*

Wie immer es gewesen sein mag, ich verstehe es nicht, ich kann es mir nur zusammenreimen. 

Man bekommt aber einen Eindruck davon, wie schwierig verstehen ist, und wieviel schwieriger es wird, wenn es nicht um banale Physik, sondern um kulturelle Phänomene geht. 


*H.v. Foerster, B. Pörksen, Wahrheit, S. 99f.  

 


Donnerstag, 29. Juli 2021

Maschinen, solche und solche

Heinz von Foerster differenziert nach trivialen und nichttrivialen Machinen, und zu den letzteren zählt er Schüler und Menschen überhaupt, weil sie kein festes Programm besitzen. Diese Unterscheidung ist nicht grundstürzend, der Mensch ist das nicht festgestellte Tier, der Mensch besitzt Handlungsfreiheiten, das sind alte Einsichten. Aber gehandelt wurde nicht danach, besonders nicht in der Schule. Die alte Pädagogik war ganz dem Trichter-Modell verhaftet: der Lehrer gießt sein Wissen in den Kopf des Schülers. Die Koranschulen lernen gar nur etwas auswendig, ein Verstehen wird noch nicht einmal angestrebt. Aber auch im zeitgenössischen Gymnasium mit seinen für jede Stunde definierten und operationalisierten Lernzielen befindet eine übergeordnete Kultusbürokratie, was in den Kopf von Schülern hineinsoll und dann abgeprüft wird. Ebenso verfahren die Hochschulen, die allerdings größere Freiheiten einräumen. Gegen diese Trichterpädagogik gab es immer das Aufbegehren von Reformschulen, die eigene Lehrinhalte vermitteln wollten. Der alte Foerster vom Geburtsjahrgang 1905 steht noch ganz unter dem Eindruck der alten Schule mit ihren rigiden Vorgaben und starren Lehrern, (es gab immer auch andere!). Er übertreibt daher diese Perspektive. Der schulische Spielraum ist so groß wie nie. Dennoch bleibt die Schule eine Massenveranstaltung, in der die Schwachbegabten und die Hochbegabten zwangsläufig Probleme haben. Und die Auswahl der Lehrinhalte wird nie unstrittig sein. Die Schwelle zur Gehirnwäsche - wie bei Stalin und Hitler - ist niedrig. In vielen Schulen wird indoktriniert von dogmatischen Lehrern. Und das Gendersternchen verlangt bei Strafe verschlechterter Noten.


Mittwoch, 28. Juli 2021

Klimaschau #53: Aktivistengeld aus dunklen Quellen

Der weltbeste Motorenbauer dämpft die Elektroauto-Euphorie

Niklaus Ramseyer / 27.07.2021 infosperber Mario Illien zeigt auf: Elektroantrieb ist eher eine elitäre Sackgasse als die Lösung für die exorbitante menschliche Mobilität. … «Die ganze Effizienz eines Systems ist wichtig, und nicht nur ein Teilgebiet, um das Image zu pflegen und das Gewissen zu beruhigen.» Und noch in den oft betonten «Teilgebieten» sieht es für das Elektroauto vergleichsweise eher schlecht aus: Ingenieur Illien rechnet vor, dass von jener Energie, die zum Laden ihrer Batterien in Elektrizitätswerke einfliesst, die Stromer letztlich gerade mal noch 11 Prozent als Schub über ihre Antriebsräder auf die Strasse bringen. Der viel geschmähte Diesel ist mit über 20 Prozent schon doppelt so effizient. Die Triebwerke der effizientesten Benzinverbrenner bringen es auf 50 Prozent Wirkungsgrad. … Dabei ist der «hundsmiserable» (Illien) Wirkungsgrad der E-Triebwerke noch das kleinere Problem: «Katastrophal» wird die Ökobilanz der Stromer erst recht bei deren Produktion und speziell wegen ihrer zentnerschweren Batterien. 

Die NZZ hat am 17. Juli (S. 57) vorgerechnet, was es schon nur zum Bau der Batterie eines einzigen Tesla braucht: 85 kg Kupfer, 56 kg Nickel, 7 kg Kobalt und 6,6 kg Mangan. Das Blatt rechnet vor: Um die Diesel- und Benzinfahrzeuge schon nur in der Schweiz durch Elektroautos zu ersetzen, «würden 40’000 Tonnen Kobalt benötigt – ein Drittel der jährlichen Weltproduktion». Untertitel des Artikels: «Elektroautos haben eine Schwachstelle: Batterien aus Rohstoffen, die weltweit knapp werden.» …“

https://www.infosperber.ch/umwelt/boden-raum-verkehr/der-weltbeste-motorenbauer-daempft-die-elektroauto-euphorie/

Sonntag, 25. Juli 2021

Samstag, 24. Juli 2021

Hochwasser im engen Tal ist ganz anders als Hochwasser in der Ebene

Weiß eigentlich jeder, Journalisten aber weniger. Deswegen erklärte es Prof. Dr. Jürgen Herget (Uni Bonn) heute morgen im DLF: Im engen Tal steigt das Wasser schnell, weil es nicht in die Ebene ausweichen kann. Alles nahe am Fluß wird mitgerissen, Häuser, Bäume, Autos etc. und kann - bei Widerständen - zu Aufstauungen führen.

Mittwoch, 21. Juli 2021

1944, Stauffenberg und Hayek

Claus von Stauffenberg gebührt Respekt für den Versuch, den charismatischen Hitler aus der Welt zu schaffen.

Stauffenberg muß man den Respekt versagen für seine Kriegskarriere. Er war ein unbedarfter konservativer Katholik, der als Zeitgenosse nicht begriff, was die Nazis an Verbrechen von Anfang an begingen. Er war geblendet wie viele von den Erfolgen Hitlers, wie sie Sebastian Haffner, der Emigrant, in seinen „Anmerkungen zu Hitler“ darstellt. Es fehlte ihm aber jede freiheitliche Einstellung und jedes politische Verständnis. 

Er war staatsgläubig, so wie das heute wieder ganz große Mode ist. 

Daher ist er als Vorbild leider ungeeignet. 


Vorbildlich dagegen der spätere Nobel-Preisträger 

Friedrich A. v. Hayek mit seiner frühen Analyse von 1944 "Der Weg in die Knechtschaft", erschienen als englische Originalausgabe „The road to serfdom“.


Daraus:


"Elftes Kapitel

Die Rolle der Propaganda – Das Volk muß dahin gebracht werden, sich nicht nur 8 die der Planwirtschaft zugrunde liegenden Wertvorstellungen, sondern auch die Interpretation der darauf bezüglichen Tatsachen zu eigen zu machen – Einschmuggelung der neuen Werte unter dem Namen der alten – Totalität der Propaganda – Wahrheit und Denkfreiheit 


Zwölftes Kapitel: Die sozialistische Wurzel des Nationalsozialismus Die Sozialisten vollenden den Sieg des Antiliberalismus in Deutschland – Sombart – Plenge – Lensch – Spengler und Moeller van den Bruck – Der Sozialismus als Waffe gegen den liberalen Westen


Im Netz frei verfügbar: 

http://irwish.de/PDF/Hayek-Weg_zur_Knechtschaft.pdf?fbclid=IwAR3Qqs7Iy7QvWEDoza8_92-P26Cy1vwDS_6h4HnTm1IGJjbDOCgMTYn0NHk

Dienstag, 20. Juli 2021

Montag, 19. Juli 2021

Kansas Joe McCoy and Memphis Minnie When the Levee Breaks - Famous 1927 ...

„Wenn der Damm bricht“, hieß das Lied, „When the levee breaks“.

Platon und Nietzsche Un-Zeitgenossen im Gespräch

Sie haben ziemlich viel gedacht und geschrieben, diese beiden, der Adelssproß Platon und der Pastorensohn Nietzsche; insgesamt sind mehr Mißverständnisse herausgekommen als gültige Erkenntnisse. Oder ist das beschönigend? Immerhin hat Platon mit seinen „Politeia“ die Vorlage für Stalin und Hitler geliefert. Und hat nicht Nietzsche solche Gedankenblasen losgelassen wie „Was fällt, das soll man auch noch stoßen!“*

Zuviel haben sie gewollt, zuwenig Kenntnisse besaßen sie, zu unbescheiden waren sie. 

Denn für diese Welt ist der Mensch nicht schlau genug, niemals merkt er eben allen Lug und Trug, den er auch selbst produziert.  


*Nietzsche, Zarathustra, 20: 

„Oh meine Brüder, bin ich denn grausam? Aber
 ich sage: was fällt, das soll man auch noch stossen!

Das Alles von Heute — das fällt, das verfällt: wer
wollte es halten! Aber ich — ich will es noch stossen!“

Donnerstag, 15. Juli 2021

Sie haben es bewältigen müssen ohne Dieseltechnik in Großgerät

 “1446 regnete es von Mitte Juli in einem fort bis in den Herbst.”

Glaser, Rüdiger: Klimageschichte Mitteleuropas - 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen

Teil II: 1000 Jahre Hitze, Fluten, Eis und Sturm

Klima von 1000 bis 1500, S. S. 69 


Mittwoch, 14. Juli 2021

Klimaschau #51: Zweifel an Hypothese "Mehr Kältewellen durch Klimaerwärm...

Hand auf's Herz: Wäre es nicht einfacher und sehr viel, viel billiger, mit richtigen - also grundlastfähigen - Kraftwerken Strom zu erzeugen? Die stehen zur Verfügung, sie heißen Kernkraftwerke und erzeugen Tag und Nacht, bei Flaute und bei Sturm, billig und zuverlässig Strom; und aus ihren Schornsteinen steigt nur weißer, schöner Wasserdampf!   

Was ist der Mensch? Ein Rätsel?

Jedenfalls ein Kontaktpunkt: 

“Wenn wir an die Komplexität chemischer oder organischer Prozesse denken, an die Makromoleküle des menschlichen Körpers, von dessen Funktionieren wir nur eine vage Idee haben, dann müssen wir den Menschen als einen Kontaktpunkt verschiedener Systeme, mentaler, organischer, neurophysiologischer, genetischer Systeme konzipieren, deren Zwischenbeziehungen sehr komplex sind, aber die unter dem Gesichtspunkt einer Reduktion von Komplexität gesehen werden. Eine Beschreibung der Gesellschaft muß sich dieser neuen Dimension anpassen.” 

Luhmann, Archimedes und wir, Interviews, S. 50


Und natürlich begegnen sich im Menschen soziale Rollen und Zugehörigkeiten. 

In den Kontaktprozessen zwischen den Systemen können Irritationen auftreten. Vom neurophysiologischen System können zum Beispiel durch Drogeneinfluß soziale Handlungsimpulse - also Sozialverhalten - ungewöhnlicher Art ausgehen.


Montag, 12. Juli 2021

“Der Aufstieg des Bürgertums”

So kann man es in der Geschichtsschreibung lesen. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht sehr zutreffend. Wie es in der Wissenschaft so geht. Guter Standard, denn das meiste ist völlig falsch. Beim “Aufstieg des Bürgertums” fragt Luhmann versteckt und witzelnd, wo denn die Leiter gestanden habe. Den Aufstieg einer ganzen Schicht konnte “es selbstverständlich nicht geben”. “Wenn aber nicht durch Aufstieg einer neuen Klasse: wie sonst wurde die alte Ordnung der Dinge zerstört? Unsere Antwort lautet: durch die Ausdifferenzierung von Funktionssystemen.” 

In einem zeitlichen Prozeß bildete sich heraus, daß “für Politik nur noch Politik, für Kunst nur noch Kunst, für Erziehung nur noch Anlagen und Lernbereitschaft, für die Wirtschaft nur noch Kapital und Ertrag zählen”.*


Die Herkunft tritt zurück, die Schichtungsperspektive wird zum Hobby von Linken; in der Realität kann ein Bodybuilder mit Hauptschulabschluß Gouverneur werden, eine Pastorentochter ohne Beruf Regierungschefin und ein Montagearbeitersohn Medizinprofessor und milliardenschwerer Firmenchef.   


*Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, S. 706ff.


Samstag, 10. Juli 2021

Diese Drei

     Nahrung, Sex und Status - diese drei treiben den Menschen um. Dieses und jenes kommt noch dazu in bunter Vielfalt. Nahrungs- und Sextrieb bleiben durch die Zeiten hindurch ziemlich gleich, doch der Status als soziale Wertschätzung im Verhältnis zu anderen Menschen sah zahlreiche Wandlungen. In den alten Zeiten war er ein Geburtsstatus nach dem Schema Adel, Bauer und Bettelmann, flexibilisierte sich aber Ende des Mittelalters und nahm den Bürger auf, der für weitere Lockerungen im Rahmen der bürgerlichen Arbeitsteilung sorgte. So wurde mancher Besitzbürger zum Stadtkönig und Handwerker zum Reichspräsidenten. Das warf mancherlei Statusgefühle durcheinander, während die Flexibilisierung fortschritt.

Im 20. Jahrhundert konnten angestellte Bürokraten in Großorganisationen bedeutende Ränge einnehmen, selbst Frauen, die noch nie einer bürgerlichen Berufstätigkeit nachgegangen waren, konnten in kurzer Zeit politische Spitzenpositionen einnehmen. Die Möglichkeiten wuchsen, und die persönlichen Belastungen daraus wuchsen mit. Wie konnte man nun einen hohen Status erringen und behalten? Da fiel vielen viel ein von Politik bis Youtube. Jüngste Mode ist der moralische Status. Ob präpotenter Schüler, ob Schauspieler, Erbe oder Siemenschef: alle wollen jetzt einfach gut sein in der großen Moralkarawane. Dann ist der Status auch gut. Gut bleibt gut. Auch wenn sich sonst alles ändert.

Freitag, 9. Juli 2021

Moïse / Haiti

"Haitis von der Zivilgesellschaft und Opposition nicht anerkannter Staatschef Jovenel Moïse, der unter Bruch der Verfassung per Dekret regiert, bat die Organisation amerikanischer Staaten um militärisches Eingreifen, und auf einer Sitzung des Weltsicherheitsrats kündigte Russland an, Haiti helfen zu wollen - was immer das heißen soll. ..."

  • HANS CHRISTOPH BUCH, FAZ, AKTUALISIERT AM 12.04.2021

Berechtigte Frage: “ob Macht wirklich eine Art innere Potenz, eine Art ‘Kraft’ des Machthabers sei, die man an seinen Ressourcen ablesen könne, oder ob Macht nicht vielmehr erst durch eine Gehorsamsbereitschaft der Unterworfenen erzeugt werde.”

(Luhmann, Die Politik der Gesellschaft, S. 27)

Donnerstag, 8. Juli 2021

Macht und Herrschaft

„Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“. (Weber, Max, 1985. Wirtschaft und Gesellschaft – Grundriss der verstehenden Soziologie. S. 28)

Im politischen Bereich - aber nicht nur dort - wird Macht konkret, es wird geherrscht, es wird Herrschaft ausgeübt.

„Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ (Weber, Ebd.).

Der Herr befiehlt, der Knecht gehorcht. Wenn die Herren der Politik befinden, daß für einen Liter Benzin (Super) 0,90 Euro Steuern zu zahlen sind, mehr als die Hälfte des Preises von 1,52 €uro, dann gehorcht der der Herrschaft Unterworfene. 

Wer will solche Herrschaft ausüben, fragt sich, wer will Politiker werden?


Goethe gibt diese kurze Antwort:

“Denn jeder, der sein innres Selbst

Nicht zu regieren weiß, regierte gar zu gern

Des Nachbars Willen”, heißt es im Faust II (Goethe, Faust II, V. 7015ff.)

Klimaschau #49: Wie gesund ist Schalldruck von Windkraftanlagen?

Rückblick: Der Jahrhundertsturm von Galveston im Jahr 1900 in Südtexas hinterließ ein riesiges Trümmerfeld und tötete 6000 Menschen, 5000 wurden verletzt.
“In der Hurrikan-Allee passiert seit Jahrtausenden immer das Gleiche zwischen Juni und November.
Aber machmal marschiert der Sturm bis weit in den Norden. Wie 1815. Dann kann die Flut ‘bis zur Hutkrempe’ steigen.”
Foto: A.B.C. Whipple, Robert F. Abbey u.a., STÜRME, 1983, S. 21
“Im Oktober 1780 zum Beispiel hatte Westindien unter einem fast einen Monat dauernden furchtbaren Unwetter gelitten, das in die Geschichte als ‘der große Hurrikan’ einging. Das Verwüstungsgebiet war so groß, daß eine britische Flotte bei Barbados vernichtet wurde, während über 3000 km entfernt eine spanische Flotte im Golf von Mexiko den Winden hilflos ausgeliefert war.” A.B.C. Whipple, Robert F. Abbey u.a., STÜRME, 1983, S. 52f. Über 20.000 Menschen sollen zu Tode gekommen sein.
Die Stürme sind zahmer geworden.

Mittwoch, 7. Juli 2021

Gesellschaft? Was ist das?

Kommunikation ist die Hauptsache:

“Wenn immer Kommunikation zustandekommt, bildet sich Gesellschaft, so wie umgekehrt Kommunikation niemals als solitäres Ereignis vorkommen kann, sondern nur durch Rückgriff und Vorgriff auf andere Kommunikationen, also nur in Gesellschaft.

Damit ist Gesellschaft, das sei hier nur nochmals angemerkt, als ‘autopoietisches’, sich selbst aus eigenen Produkten reproduzierendes System definiert.”*

Das ist eine dynamische Sichtweise, so wie Kommunikation dynamisch beschaffen ist. Nicht Lebensformen, nicht Klassen machen die Gesellschaft aus. Sie besteht aus Funktionssystemen, die die alte, ständische Ordnung in Adel/Klerus, Bauern- und Bürgertum abgelöst haben. Kommunikation ist das verbindende Medium in allen Bereichen. 


* Luhmann, Die Politik der Gesellschaft, S. 16 

Sonntag, 4. Juli 2021

Über der Gesellschaft?

“Die Wissenschaft der Gesellschaft - der Titel zeigt an, daß die Wissenschaft nicht als freischwebender Weltbeobachter behandelt wird, sondern als wissenförderndes Unternehmen der Gesellschaft und genauer: als Funktionssystem der Gesellschaft. In diesem Sinne liegen wir also auf einer Ebene mit den Untersuchungen über die Wirtschaft der Gesellschaft, die Politik der Gesellschaft, das Recht der Gesellschaft usw. Im Bereich Wissenschaft stoßen wir jedoch auf eine traditionsbestimmte Vorrangbehauptung - und nicht, wie im Falle der Politik, für eine Position in der Gesellschaft, sondern für eine Position über der Gesellschaft.”*

Dem Wissenschaftssystem kommt daher keine Sonderrolle zu, schon gar nicht manipulativ ausgesuchten einzelnen Wissenschaftlern; die Aufforderung, ‘der Wissenschaft zu folgen’, ist völlig unsinnig und beruht auf Kenntnislosigkeit oder manipulativen Absichten. 


* Luhmann, Die Wissenschaft der Gesellschaft, S. 7


Samstag, 3. Juli 2021

Prawda-Komplex?

“Diese Überlegungen schließen keineswegs aus, daß es eine ‘politische Presse’ geben kann, die ihre Meldungen gezielt auswählt (oder zurechtphrasiert oder unterdrückt), um politische Effekte zu erreichen; und auch eine Presse, die mit der Nutzung dieser Möglichkeiten drohen kann, um etwas anderes als dies zu erreichen. Aber in solchen Fällen agiert die Presse selbst politisch, also im politischen System. Sie muß dann das Problem der strukturellen Kopplung im eigenen Hause lösen und zusehen, wie sie trotzdem noch im Kontext einer Organisation des Systems der Massenkommunikation erfolgreich und glaubwürdig operieren kann.”  Luhmann, Die Politik der Gesellschaft, S. 311f. 


Haben wir bereits eine Parteipresse dieser Tage? Parteimedien? Der Vertrauensverlust seit der Wortschöpfung “Lügenpresse” deutet darauf hin. Funktionäre wie Schäuble, die seit 50 Jahren Strippen ziehen und dies weiterhin tun wollen, Kanzler, die über mehrere Amtsperioden in den Staatsmedien Personalpolitik beeinflussen, lassen vermuten, daß Medien und Politik heute eine noch nie dagewesene Nähe pflegen und man 

vielleicht schon von einem journalistisch-politischen Komplex sprechen kann. 


Freitag, 2. Juli 2021

Alpha-Journalisten


Pressefreiheit sei die Freiheit von 300 reichen Leuten, ihre Meinung zu sagen, sagte seinerzeit Paul Sethe von der FAZ. Da hat er die SPD und ihre Medienbeteiligungen vergessen. Medienmacht sichert politischen Einfluß. Eine große, wenn nicht die größte Rolle spielen jedoch die Alpha-Journalisten in Druck, Funk und Fersehen, die das tägliche Geschäft betreiben. Friede Springer und Liz Mohn sind Emporkömmlinge, die vom Medienmachen nichts verstehen.
Das ist bei dem linksradikalen Augstein ganz anders, der ist selbst Journalist. Allerdings hat sich die Medienszene seit 20 Jahren rasant entwickelt. Jeder, der schreiben oder per Youtube sprechen kann, besitzt jetzt eine Stimme und kann Lesergruppen bilden. Das setzt die dominierenden Medien- und Politikcliquen mächtig unter Druck. Sie haben zahlreiche Zensurmaßnahmen veranlaßt, die selbst einem Präsidenten die freie Äußerung abschnitten. Auch der Zwang, die riesigen Meinungsapparate von ZDF und ARD, DLF und WDR, Bayrischem Rundfunk, Mitteldeutschem Rundfunk, Nordeutschem Rundfunk, Südwestrundfunk etc. zu finanzieren (GEZ), gehört zu den Machtinstrumenten, die eine Friede Springer als kleinen Fisch erscheinen lassen.

Donnerstag, 1. Juli 2021

Da helfen keine Götter

Beten um irgendetwas mache wenig Sinn, meinte der römische Autor Juvenal (ca. 60-120) in seinen Satiren:

Wenn schon, solle man um die Gesundheit besorgt sein, um einen gesunden Geist (mens sana) in einem gesunden Körper (corpore sano). 

Ja, in der Tat, auch der gesundheitlich schlecht bediente Lichtenberg hat sich das gewünscht, er hatte einen Buckel und er starb mit nur 57 Jahren an einer Lungenentzündung nach Alterungsprozessen. Der vielseitige Kopf und scharfe Denker bemerkte eine zunehmende Gedächtnisschwäche an sich und sprach dem Alkohol zu, so Hans Friederici in der Einleitung zu seiner einbändigen Lichtenberg-Ausgabe etwa 1970. Was war da ursächlich? In jedem Fall eine unglückliche Veranlagung, ohne die er sicher noch Bemerkenswertes hinterlassen hätte. 

1.7.1742 Lichtenberg - Gratulation

 „Zu überzeugen ist der Pöbel nicht, oder sehr selten. Durch listige Lenkung seines Aberglaubens kann er doch noch zuweilen zu guten Handlungen gebracht werden. Wir schrecken ja die Kinder, die wir nicht überzeugen können, auch mit dem schwarzen Manne und mit Schornsteinfegern.“Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft K 121

Nach diesem Motto verfuhr unsere Obrigkeit zu Beginn des letzten Jahres, und sie tut es immer noch auf ihren Regierungssendern und Hörigenmedien. 

Dabei hängt das doch inzwischen immer mehr Leuten aus allen Hälsen heraus. 

Merkt sie das nicht? Oder ist sie ihrerseits so verbohrt, daß sie durch nichts in ihrem Aberglauben zu erschüttern ist?


Hier noch einmal die Wortmeldung des Infektiologen Prof. Franz Allerberger: 

https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/corona-pcr-tests-ages-allerberger/