Dienstag, 31. Juli 2012

Hegeleien





Linkshegelianer unter sich: MdB Ströbele, RA Mahler und Ex-Minister Otto Schily. Ströbele und Schily verteidigten Mahler im Baader-Meinhof-Banden-Prozeß ca. 1972  




   

“... ein Staat ist eine Vereinigung von Haushalten und Familienverbänden, die gemeinschaftlich das richtige Leben führen, also eine Gemeinschaft zum Zwecke des vollkommenen und autarken Lebens. … Das Ziel des Staates ist also das richtige Leben … damit ist, wie wir behaupten, ein Leben in Glück und vollendeter menschlicher Qualität gemeint. …” Mit hilfreichen Metöken und Sklaven, wie Aristoteles zuvor in seiner “Politik” ausführte. Denn die Hellenen sieht Aristoteles entschieden als Herrenvolk, dem die anderen zu dienen haben. (Zitat: Aristoteles, Politik, Buch III, Kap. 9 (Werke Bd. 9, S. 65)) 

Aristoteles lädt seinen Staatsbegriff aristokratisch auf, der Staat ermöglicht den Weg der Bürger zum “richtigen Leben”, und dies zieht sich durch die Geschichte des Staatsdenkens. In Hegels Rechtsphilosophie wird der Staat verhängnisvoll idealisiert:  „Die sittliche Welt dagegen, der Staat“ (Meiner, R., S. 7) Die Überhöhung des Staatsbegriffs ist alteuropäisches Erbe und führte zu Mißbräuchen aller Art, in Deutschland besonders bei Rechts- und Linkshegelianern im NS und in der DDR. In ihrem Glauben an den hohen Staat treffen sie sich immer wieder, oft auch in derselben Person nacheinander. 
Horst Mahler und Bernd Rabehl sind hier besonders prominent, beide früher Links-, heute Rechtshegelianer. Der begabte Jurist Mahler war seinerzeit Mitglied der linksradikalen Baader-Meinhof-Bande, heute vertritt er rechtsradikale Positionen und sitzt wegen wiederholter Leugnung des nationalsozialistischen Judenmords im Gefängnis. Verurteilt aufgrund einer hegelianischen Rechtsposition: der Staat und seine Organe wissen, welche Meinungen vertreten werden dürfen und welche nicht. Das Staatsvolk ist nämlich zu dumm dafür und muß vor “Volksverhetzern” geschützt werden. Deswegen wollen die Linkshegelianer die Rechtsradikalen verbieten, und umgekehrt.  
Mit der strafbewehrten “volksverhetzerischen Leugnung des Holocaust” haben sich die deutschen Linkshegelianer eine große Dauerkeule geschaffen und einen ständigen Narrationsstoff. Dessen Dauerbearbeitung in Abertausenden Büchern und Tausenden Filmen sichert nicht nur die linkshegelianische Lufthoheit in Deutschland, sie versorgt auch das Ausland mit immer neuen Produktionen, die dankbar in europäischen Sendern besprochen und gezeigt werden. Die Zeichner und Journalisten zwischen Athen und Lissabon bedienen sich der Zuspiele und versehen Merkel und Schäuble mit Hakenkreuzen und Nazi-Uniformen.   
Und da die Linkshegelianer nur den Staat als solchen anhimmeln, den deutschen Nationalstaat aber fies finden, weil dort die Rechtshegelianer früher an der Macht waren, deswegen wollen sie den deutschen Staat in der Eurozone auflösen.  

Montag, 30. Juli 2012

Die Kultur macht's





Kommt ein Frankfurter, dessen Familie aus Schwaben stammt, auf der Gesellenwanderschaft an den Genfer See nach Vevey, bleibt und wandelt seinen Namen von Heinrich Nestle in Henri Nestlé


(Bild: Hauptverwaltung der Firma Nestlé, Wiki. / Nestlé)








2 Wochen gesetzlichen Urlaub mehr? Her damit. Aber wie? Per Referendum. Wir stimmen ab. Nein, nicht in Deutschland, das sich fest im Griff der repräsentativen Parteienapparatschiks befindet. In Deutschland gibt es keine Abstimmungen zur Sache, nur zum 4-Jahres-Parteienblankoscheck. Die da oben wissen es besser. Das hat Tradition in Deutschland. 

Wir stimmen ab in der Schweiz. Das Ergebnis wird klar sein. Sagten sich die Sozis vorher. Inzwischen ist “nachher”. Es wurde schon abgestimmt. Im März 2012. Ergebnis erstaunlich. Geradezu irritierend. Die Mehrheit ist doch immer faul. Doch am 12.3.12 wunderte sich ganz Europa: Initiative abgelehnt!
Hatten die Leute nicht begriffen, daß es um ihren Urlaub ging? Nur 18% der Innerrhoderner hatten für mehr Ferien gestimmt. Ist vielleicht dort der Analphabetenanteil hoch und die Bürger haben die Beschriftung der Kästchen einfach verwechselt? Wohl nicht. Denn die Ferieninitiative wurde in der Gesamtschweiz mit einer großen Mehrheit von rund 66% abgelehnt. Sagenhaft. Allerdings stimmten die Welschen, die Jurassier in der Westschweiz, mit 49% für mehr Urlaub. 


Der “Röstigraben”, der die französischsprachige Westschweiz von der Deutschschweiz trennt, ist tot, der “Arbeitsgraben” dagegen existiert. Die Romands denken anders als die “Hinterwäldler” im Kanton Innerrhoden. Sie erwarten von sich selbst weniger und vom Staat mehr. Sie zahlen deswegen auch mehr Steuern in ihren Kantonen als die Deutschschweizer.
Sollen sie doch ihren Stil pflegen. Es muß nicht alles gleich sein. Soll jeder seine kulturellen Marotten pflegen. Wenn er dafür selbst zahlt.

(Vgl. https://sites.google.com/site/rafaellalive/research   /    Ferien und Sozialstaat stehen westlich der Saane hoch im Kurs, NZZ 28.7.12 )

Sonntag, 29. Juli 2012

Exzellente Initiative






Auf vielen Produkten steht heute: Designed in California - assembled in China.
Immer mehr Industriearbeitsplätze wanderten aus den westlichen Industrieländern aus, oft ohne durch andere Arbeitsplätze ersetzt werden zu können.
In der geschönten deutschen Arbeitslosenstatistik waren im Juni 12 immerhin 2,7 Mio. Arbeitslose gemeldet. In den USA sieht es ähnlich aus, in den anderen EURO-Ländern überwiegend viel schlimmer.
Wie kann man die Zahl der Arbeitsplätze konstant halten, wie kann man die gegenüber den Dienstleistungen weniger schwankungsanfällige Industrieproduktion im Lande halten?  
Patentrezepte dafür gibt es nicht, man kann aber sagen, daß die Energieverteuerung in Deutschland Industriearbeitsplätze kostet und daß die französische Subventionierung von Elektroautos mit 7000 € pro Stück vermutlich psychiatrisch zu betrachten ist.   


(Diagramm: Avenir Suisse / NZZ 28.7.12)




Immer mehr Physiker fühlen sich zum Wetterpropheten berufen? Immer mehr Philosophische Fakultäten entwickeln sich zu Zentren des grünen Fanatismus und antiwirtschaftlicher Rationalität? Mathematiker haben das Investmentbanking übernommen und basteln Risikokörbe? In New York gibt es eine leerstehende Insel?

Da könnte man doch … ja, da könnte man an die Einrichtung eines Polytechnikums denken! Gedacht, geplant - die Cornell Universität und das israelische Technion (seit dem Beschneidungsverbot Hadrians hat dieser semitische Stamm in der Diaspora viel gelernt) planen zusammen ein Zentrum für angewandte interdisziplinäre Studien auf Roosevelt Island im East River mit Areal für universitär induzierte Firmengründungen.
Daraus könnte etwas werden. Der Lehrbetrieb soll schon im Herbst beginnen.     

Samstag, 28. Juli 2012

Alle Wetter!






Zwei Dompfaffen im Dunst des vor Nässe tropfenden Waldes - rechts der Jungvogel, links der um Futter angebettelte Altvogel. Sie ernten die reifen Sämereien der Wiese. Dieses Paar brütete hier zum ersten Mal.  
 







Zwei Medienmeldungen von Ende Mai, von Josef Kowatsch aus Schwaben notiert und kommentiert:  


< "Der Frühling war 2,1 Grad zu warm und brach im April viele Temperaturrekorde"
"Die Spargelernte fällt wegen der Aprilkälte diesmal geringer aus".

Die behauptete Klimaerwärmung des letzten Jahrhunderts fand hauptsächlich in den bebauten Flächen, den Wärmeinseln, statt, wo vorwiegend auch die Meßstationen stehen. Asphalt und Beton nehmen die Wärme der Sonnenstrahlen stärker auf, während Pflanzenflächen dies viel weniger tun. Zudem wird in Gras und Wald ständig Verdunstungskälte frei.  
Seit dem Jahre 2000 nehmen die Temperaturen auch in Deutschland etwas ab, die großen, wärmeren Bebauungsflächen wirken der Abkühlung sogar entgegen. Sonst wäre es noch kälter. Wir haben im Ostalbkreis in der freien Fläche, weitab von den Wärmeinseln Aalen und Ellwangen, ein FFH-geschütztes Tal, das noch sehr naturbelassen im ursprünglichen Zustand ist. Leider hat das Tal keine Meßstation, aber am Baumbewuchs und Frühlingsbeginn kann ich auf 50 Jahre Beobachtung vergleichend zurückschauen.
"Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün", eines meiner liebsten Frühlingslieder von Mozart, galt in diesem Tal vor 50 Jahren und gilt heute nach der 12jährigen Abkühlung genauso. Und in diesem Tal auf 450m Höhe macht jedes Jahr der Mai die Bäume grün. Aufgrund der kalten „Eisheiligen“ Mitte Mai 2012 sind vor allem bei den Jungeichen die ersten Blätter vollständig erfroren, so dass am 30. Mai 2012 die Bäume noch recht kahl aussahen. Hier im Frankenbachtal in der freien Fläche, wo der Wärmeinseleffekt der Bebauung kaum zur Wirkung kommt, waren 2012 erst im Juni alle Bäume vollständig grün.  
Bei der behaupteten globalen Klimaerwärmung handelt es sich um einen statistischen Denkfehler. Die Vegetation kennt die Erwärmungskurven des Deutschen Wetterdienstes nicht. Den Ungläubigen lege ich gerne Bildmaterial von der Vegetationsentwicklung in der freien Fläche vor. Nur in den Städten machte bereits der April die Bäume grün. All das hat mit Kohlendioxid nichts zu tun. >

Beide Aussagen sind also nicht falsch:
"Der Frühling war 2,1 Grad zu warm und brach im April viele Temperaturrekorde"
"Die Spargelernte fällt wegen der Aprilkälte diesmal geringer aus".

Natürlich ist die zweite Aussage richtiger, denn der Spargel wird nicht vor dem Rathaus angebaut. Die unbebauten Landflächen sind größer als die Stadtflächen, die aber seit 1850 stark zugenommen haben. Die erste Behauptung bezieht sich auf einen Mittelwert: "zu warm" verglichen mit dem Mittelwert. Der Bezug auf die Abweichung von Mittelwerten verfälscht dagegen konkrete Temperaturen. Denn die sind an jeder Ecke des Grundstücks etwas anders. Auch in der Höhe variieren sie; unten am Boden  im Bereich des Mikroklimas kann es durch stärkere Bewachsung durch mehr Düngung im Trend kühler sein als bei gleichbleibenden Temperaturdaten in 1,60 m Höhe. Der Blauralle wurde es deswegen in Bayern zu kühl. Ähnliches gilt für Eidechsen und Schlangen.  

Zudem schwankt das Wetter seit vielen Millionen Jahren aus natürlichen Gründen, und wir können uns freuen, daß wir derzeit in einer Zwischeneiszeit leben, denn die nächste Eiszeit ist unterwegs (s. Sal. Kroonenberg, Der lange Zyklus). Das Wetter schwankt aber auch im Jahresvergleich, wie aus alten Aufzeichnungen bekannt ist (s. J.P. Hebel, Schatzkästlein, Warme Winter). Die erste Behauptung beinhaltet nur eine statistische Größe für einen bestimmten Zeitraum.

Freitag, 27. Juli 2012

“Was sie den Geist der Zeiten nennen, das ist der Herren eig’ner Geist” (Goe.)









Klio, die Muse der Geschichtsschreibung, küßt nur wenige Historiker


(Bild: Wiki./ Virgil Solis, 1562 Nürnberg)















“Die Historie, sofern sie im Dienste des Lebens steht, steht im Dienste einer unhistorischen Macht und wird deshalb nie, in dieser Unterordnung, reine Wissenschaft, etwa wie die Mathematik es ist, werden können und sollen. Die Frage aber, bis zu welchem Grade das Leben den Dienst der Historie überhaupt brauche, ist eine der höchsten Fragen und Sorgen in betreff der Gesundheit eines Menschen, eines Volkes, einer Kultur. Denn bei einem gewissen Übermaß derselben zerbröckelt und entartet das Leben, und zuletzt auch wieder, durch diese Entartung, selbst die Historie.” 

Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen, Vom Nutzen und Nachteil der Historie (Schlechta I, S. 219)   

Josef Kraus, der bekannte Schulleiter und Lehrerverbandspräsident, beklagte jüngst: “Der historische Analphabetismus greift um sich” (FAZ 21.7.12) Wen kann das wundern nach der inoffiziellen Abschaffung des Gymnasiums und der Verflachung der Universität?  
Ganz ähnlich äußerte sich auch Gerhard Wolf als Vorsitzender des Philosophischen Fakultätentages, der sich auf eine Umfrage seines Verbandes bezieht und zudem Schrift- und Textinkompetenz der geisteswissenschaftlichen Studenten beklagt (“Studenten sind unsicher, wann der Zweite Weltkrieg war”, FAZ 7.7.12) 
Ob das manche Studenten nicht mehr wissen, weil sie zu viel davon bekamen? Kohl und Mitterand jedenfalls wußten, wann WK II war, sie waren geradezu fixiert auf diese paar Jahre, und diese Verkrampfung verzerrte ihren Blick auf die Gegenwart. Insbesondere der studierte Historiker Kohl scheint von der europäischen Geschichte seit Homer wenig verstanden zu haben, nichts vom produktiven Wettbewerb der europäischen Länder untereinander, nichts von den unterschiedlichen Kulturen und den Wirkungen verschiedener Sprachen. Mit bester Absicht nahmen sie sich unbewußt den Kolonialismus der Sowjetunion zum Beispiel, der ganz unterschiedliche Kulturen zusammenspannte. Mit Mord und Totschlag unter die russische Knute zwang, muß man dazusetzen. Auch Titos jugoslawische Diktatur war ein belehrendes Beispiel dafür, daß kulturelle Gemeinsamkeiten nicht auf Dauer erzwungen werden können. Es wächst nicht zusammen, was nicht zusammenpaßt. Wahnhaft fixiert auf WK II erwiesen sich Mitterand und Kohl als lernunfähig und steuerten die EU in die Währungsverwirrung, wobei Mitterand schon ein wenig schlauer war als der studierte Historiker Kohl. Der mag als gutes Beispiel dafür gelten, daß die meisten Historiker mit den Zusammenhängen der Geschichte wenig anfangen können, sobald es um Gegenwart und Zukunft geht.  

Donnerstag, 26. Juli 2012

Lebenslänglich - traumhaft



Prächtig, prächtig - Putins Messe zur Amtseinführung als Präsident im Mai 2000

(Bild: www.kremlin.ru / Wiki.)  




Demokratie - aber wofür? Das könnte man sich manchmal fragen. 
Um einen unblutigen Machtwechsel ohne Bürgerkrieg zu ermöglichen, kann nur die Hauptantwort nur sein. Wenn aber ein relativ moderater Diktator durch islamofaschistische Banden ersetzt wird, erscheint der Nutzen nicht allzu groß. 
Nur wenn die Demokratie in einer aufgeklärten Tradition gründet, achtet und bewahrt sie die individuellen Freiheiten und eine freiheitliche Diskussionkultur, die stets von monotheistischen Ideologien bedroht ist. Marx- und Engelszungen sprechen im Verständnis ihrer Abergläubigen nämlich stets die Wahrheit des Universums aus bis ins letzte Schwarze Loch. Dabei basteln sie ständig an ihrer Machtausweitung und -sicherung - man denke nur an die Katholische Kirche in ihrer Geschichte und die Medienbeteiligungen der SPD. Was der Partei die Machtsicherung ist, bedeutet von der anderen Seite aus betrachtet die Erstarrung der Macht, die Machtversäulung. Je länger die Machthaber sich die staatlichen Machtapparate zurechtbiegen können, allein schon durch langjährige Stellenbesetzungspolitik - besonders wichtig das Verfassungsgericht - desto besser gelingt ihnen die Betonierung ihrer Macht. Unabhängig von den nachrangigen Details des Wahlrechts. Daher begrenzen demokratische Verfassungen die Amtszeiten auf höchstens zwei Perioden. Bonzen wie Lukaschenko und Putin beeindruckt das jedoch nicht. Der eine ändert einfach die Verfassung, der andere, viel schlauer, bedient sich eines Strohmanns, mit dem er ein Doppelmachtspiel betreibt. Ganz witzig, wenn die Sache nicht so ernst wäre. Dieses Doppelspiel betreibt Putin auch mit der besonders geistlosen und reaktionären Variante des Katholizismus, der orthodoxen Kirche. Oberpfaffe Kyrill gibt da den Doppelpartner gegen die Zivilgesellschaft. Die beruht auf einer freiheitlichen Kultur, und diese wiederum auf einer repressionfreien Diskussionskultur. 

Da nie sicher ist, welche Politik einen erfolgreichen Weg öffnet und immer unsicher bleibt, wie lange der Erfolg andauern mag, bedarf jede Entscheidung, und besonders jede strategische Entscheidung einer großen Bandbreite der breiten Diskussion. Machthaber Kohl war deshalb bei der Einführung des Euro bemüht, die Diskussion zu gängeln und zu beschränken und insbesondere vom Staatsvolk fernzuhalten. Die Entscheidung für den Spaltpilz EURO war falsch, durch eine breite Diskussion in der Bevölkerung und anschließendes Referendum wäre dieser billionenschwere Irrtum vermieden worden und Kohl hätte sich trollen müssen. 
Nach schweren Abstimmungsniederlagen verlieren sie die geliebte Macht, die Machthaber, und eben das ist ihr Albtraum; lieber engen sie den freien Meinungsaustausch ein - ob sie nun Kohl oder Putin heißen.  

Mittwoch, 25. Juli 2012

Luftschlag in die Magengrube






Castellón-Costa Azahar Airport - sehr schön ruhig, weil ohne Passagiere und Flugzeuge  

(Bild: Wiki.) 







“Ein neuer Schlag in die Magengrube”, sagte die Italien-Korrespondentin im Deutschlandfunk, als eine der Bewertungsagenturen die Bonität der italienischen Staatsanleihen herabstufte.  
Ein Schlag? Wohl eher ein verantwortungsbewußter Hinweis für Geldgeber, vorsichtig zu sein. Das kann man nur loben. Überraschen kann das allerdings niemanden, denn seit Jahrzehnten geben die EU-Staaten zu viel Geld aus. Nicht ihr eigenes Geld, sondern das der Steuerzahler. Unseriöses Finanzgebaren ist seit langem für Schäuble und seine Kollegen zur Normalität geworden. Durch steigende Steuerschläge nehmen sie ihren Bürgern immer mehr Geld ab. Der EZB haben sie unter Vertragsbruch die Selbständigkeit geraubt und lassen sie massenhaft Geld verschießen. Das läuft unter dem Namen BAZOOKA und, seit Draghi, DICKE BERTA.  
In Castellón nördlich von Valencia kam viel Geld an, es regnete Geld. Viele subventionierte Bauruinen gibt es in Spanien, diese in Castellón ragt allerdings heraus: ein Flughafen, der mit viel Aufwand errichtet worden ist und 300 Mio Euro kostete. Doch wird dort nie ein Flugzeug starten oder landen, es fehlt an einer Genehmigung. Politiker machen so etwas möglich. Sozusagen ein “Luftschlag” in die “Magengrube” der Steuerzahler. (Vgl. dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/1820315/) (Der Koloss von Castellón, FAZ 25.7.12)

Allerdings braucht niemand blind zu glauben, was Ratingagenturen veröffentlichen. Man sollte es auch nicht. Überall werden Fehler gemacht. Die Gutachten und Zahlenwerke sind öffentlich zugänglich, die Haushaltszahlen der Länder ebenfalls. Wenn jetzt Moodys den Ausblick für die deutschen Risiken negativ bewertet, dann hat das jeder Zeitungs-Leser schon vorher gewußt. Was Schäuble und Merkel an Haftungsrisiken angehäuft haben, könnte man, metaphernselig, tatsächlich als “Schlag in die Magengrube” des Steuerzahlers bezeichnen. “Unseriös” würde jedoch völlig ausreichen.  

Dienstag, 24. Juli 2012

Mal so drauflosgequatscht








Doppelsignal mit Speer und Kind




Aus: Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Der Mensch - das riskierte Wesen. Zur Naturgeschichte menschlicher Unvernunft, 1988  




“Man könnte fast sagen, daß unsere Gesellschaften nach und nach ihr Gerüst verlieren und dazu tendieren, zu zerstieben und die Individuen, aus denen sie bestehen, auf austauschbare und anonyme Atome zu reduzieren.” 
(Claude Levy-Strauss, “Anthropologie in der modernen Welt”, 2012) 

Atome? Gerüst? Gesellschaften? Wußte Levy-Strauss, er verstarb vor zwei Jahren, daß Atome selten allein auftreten, sondern praktisch immer gebunden in Molekülen? Wie Menschen in Kleingruppen, Gruppen, und Großgruppen? Er, der Pariser Mode-Anthropologe, konnte auch als riesige molekulare Maschine beschrieben werden, wie auch alle anderen Menschen. Fast 100 Jahre hielt L-S gut zusammen, erst jetzt zerfallen seine Proteinketten unter der Erde, aber das Feuilleton hält ihn in Ehren und bespricht bisher unveröffentlichte Vorträge. (Vgl. Helmut Mayer, Der Westen ist erschöpft, FAZ 19.7.12)  
In seinen “traurigen Tropen” wäre er nicht so alt geworden und der Aufguß seiner alten Leier, daß der Westen erschöpft sei, wäre unterblieben.  
Und wie steht es mit dem “Gerüst”? Besitzen Gesellschaften ein Gerüst, eine “Struktur”, nach der Art des Hochbaus? So naiv durfte Aristoteles noch sein am Anfang des politischen Denkens, aber nach rund 2500 Jahren Geschichte, die viele Vergesellungsformen des Menschen und stetigen Wandel zeigt, sollte man belehrter sein.  
Da der Mensch immer neue Energie zuführen muß, kooperiert er stets mit anderen Menschen und kommuniziert mit ihnen. Das führt zu Kooperationsgebilden, die man ‘Gesellschaft’ nennen kann, der Begriff hat sich für große Menschenkooperationen eingebürgert. Luhmann sieht in den Kooperationen vor allem die Kommunikation, die er seinem Gesellschaftsbegriff zugrundelegt. Damit begreift er gut die Bewußtseinsphänomene und die Medien, die das kulturelle Leben ausmachen. Das ist bei den “Traurigen-Tropen-Indianern” des Levy-S. wenig entfaltet, und auch ihr Sozialleben insgesamt ist ‘faschistischer’ Natur, zusammengebunden nämlich wie das Rutenbündel ‘fasces’. Für den Einzelnen gibt es dort keinen Spielraum, keinerlei individuelle Freiheit. Die Sozialkontrolle wacht total über den Menschen. Solche primitiven Vergesellungen geben jedem seinen festen Platz, und je primitiver der Mensch ausfällt, desto mehr schätzt er das. Je elaborierter er jedoch ist, desto mehr möchte er dem entfliehen, desto mehr verlangt es ihn nach individueller Freiheit. Und nur im Westen, in der Entwicklung Europas, gewann dieses Freiheitsbedürfnis Raum und Gewicht. Es handelt sich nicht um einen Zufall, daß hier, getragen von Individuen, Wohlstand und Wissenschaft gediehen. Für manche, wie L-S, bis zum Überdruß. Aber versorgen ließ er sich gerne im “erschöpften Westen”.   

Montag, 23. Juli 2012

Bravo!







Drei Putin-Schergen führen eine junge Frau von PUSSY RIOT in Handschellen zum eisernen Käfig des Untersuchungsgerichts - "untersucht" wird in der Putin-Halbdiktatur seit März 2012 (!) ein öffentlich auf Videofilm dokumentierter kurzer, gewaltfreier Protestauftritt in einem Kirchenbunker Kyrills I. 


(s. http://www.youtube.com/watch?v=WUq4BXsNVxU)




Der russische Geheimdienstler und Nachwuchszar Putin war noch nie ein Freund der Freiheit, und seit er erneut unter Umgehung der Verfassung Präsident wurde, geht er rücksichtslos gegen jede Opposition und gegen ausländische Stiftungen vor. Sein Freund Gerhard Schröder, SPD, schweigt dazu. Putin hat über seine Justiz jetzt wegen eines harmlosen Musikprotests bereits ein Jahr “Untersuchungshaft” gegen drei Pussy Riot-Frauen verhängt - eine unglaubliche Brutalität des Regimes, zwei der Frauen haben kleine Kinder. SPD-Gazprom-Schröder schweigt auch dazu. MdB Memet Kilic (Grüne) hat sich beim Moskauer Gericht für die politischen Gefangenen eingesetzt. Bravo!


Schlimm ist, daß die russisch-orthodoxe Kirche, die Tochter des römischen Katholizismus, sich an der Verfolgung der gewaltlosen jungen Frauen aktiv und hetzerisch beteiligt. Das erinnert an die Jahrhunderte dunkler Kirchengeschichte, als die Bosse in Rom mit Gewalt und Scheiterhaufen gegen Andersmeinende vorgingen. In Osteuropa und Rußland gab es keine Aufklärung und die orthodoxe Kirche blieb im dumpfesten Ikonenaberglauben befangen und außerdem eine servile Dienerin der staatliche Macht.
Auch hier klebt die kulturelle Tradition Rußlands wie Pech an der Gegenwart und behindert Zivilisation und Wohlstand.

Sonntag, 22. Juli 2012

Kam ihm chinesisch vor





“Die Rolle von Prüfungsaufsätzen bei der Rekrutierung hochrangiger Beamter der Tang-Zeit (618-907)” war das Thema des Münsteraner Sinologen Reinhard Emmerich in der Akademie d. Wiss. in Düsseldorf am 18.7.12.   

Es handelte sich dabei um kleine Ausarbeitungen, ungefähr im Umfang einer A4-Seite, zu juristisch-kulturellen Fragen etwa von der Art, wie mit einem Beamten zu verfahren sei, der seine Herkunft gefälscht, aber seinen Dienst ordentlich versehen habe. Neben dem Inhalt erfolgte eine Bewertung nach Benehmen, Sprache und Schrift-Beherrschung.
Bai Juyi (772-846), Lyriker, bereitete sich 803 mit einer Sammlung von Prüfungsaufsätzen auf sein Beamten-Examen vor, das ihm den Weg zum Mandarin öffnete.

Max Weber sprach in diesem Zusammenhang von der Beamtenrekrutierung nach dem Kriterium literarischer Bildung und wies darauf hin, daß eine Kompetenzaufspaltung durch solche “Kulturexamen” behindert wurde und sich kein Fachbeamtentum wie in England entwickeln konnte. Dort nahm mit der Schaffung des Schatzamtes und des Exchequers sowie der Sheriffs im 11. Jahrhundert die Entwicklung eines Fachbeamtentums seinen Anfang, an deren Ende die “rationale Staatsanstalt” der Moderne steht. Eine rechtsförmige Bürokratie verleiht dem Staat mit einer gewissen Unabhängigkeit von den jeweiligen Machthabern jene Stabilität, die vor dem Staatsversagen bewahrt.

Samstag, 21. Juli 2012

Umhlanga





Mosaische Kennzeichnung  








Die Vergangenheit ist immer und überall

Der erste war ein Gentleman, der zweite, Mbeki, bemühte sich, der dritte, Herr Zuma, gibt bei der Heirat der vierten Frau den halbnackten Neger im Leopardenfell. Da paßt es ins Bild, daß Zuma mit einem neuen Gesetzentwurf das traditionale Dorfrecht stärken will, das in der Hand von Dorfältesten ruht. Südafrikanische Frauenverbände protestieren dagegen, denn sie wissen, was das für Frauen bedeutet.
Er hat sechs Frauen, 27 Kinder und will Verbrecher an Hyänen verfüttern lassen: Der südafrikanische Zulu-König Goodwill Zwelithini, der ein englisches Internat besucht hat, hält am Massenjungfrauenreigen fest und betont die eigene Kultur.
Saif al Islam war der Liebling der London School of Economics und des Leiters Anthony Giddens, angeblich ein Sozialwissenschaftler, jedenfalls ein sehr bekannter. Er wollte den Gaddafi-Sohn für seinen dritten Weg in Libyen instrumentalisieren, den Vater Gaddafi hatte ja auch irgenwie irgenwo antikapitalistische Ambitionen. Nach dem Londoner Studium wirkte Saif nicht besonders engagiert für die individuellen Freiheitsrechte in Tripolis, wie Zuma schwang er zurück in afrikanische Mentalität.
Die Tradition der toten Geschlechter säße wie ein Alb auf der Brust der Lebenden, meinte Marx. Tradition kann sehr langlebig sein und immer wieder einbrechen in die Zivilisation der Gegenwart.
Daher kann man sich auch wenig wundern, daß Orientalen alte orientalische Bräuche, die auf verdrehende Weise in religiösen Kontext gezerrt wurden, in Europa weiterleben. Freuen kann man sich darüber kaum. Erfreulich aber das Engagement zivilisierter Menschen:  
www.mothersagainstcirc.org/    

www.beschneidung-von-jungen.de/home/maennliche-beschneidung.html
http://www.intaction.org/

Freitag, 20. Juli 2012

Was es alles gibt!









Ganz ohne bunte Bilder - das große Papier in die Moderne - die Magna Charta Libertatum von 1215  
(Bild: Wiki.)   



Was haben die Chinesen nicht alles erfunden! 
Schießpulver, Papier, Druck - da sollte doch die moderne “rationale Staatsanstalt” (Max Weber) auch dabeigewesen sein. War sie aber nicht. China hatte große Modernisierungsprobleme, aus denen erst die Gegenwart nach schlimmen Katastrophen herausführt.  
Was mag der Grund, oder einer der Gründe, gewesen sein? Warum gab es keine Magna Charta (1215) in China? Ihr Grundbesitz erlaubte es den englischen Baronen, der Zentralgewalt, dem König, Rechte abzutrotzen. Und zum chinesischen Grundbesitz schreibt Max Weber: 
“Soviel ersichtlich, war das politische Lehenswesen in China nicht primär mit der Grundherrschaft (im okzidentalen Sinn) als solcher verknüpft. Sondern beide sind, wie in Indien, aus dem »Geschlechterstaat« erwachsen, nachdem die Häuptlingssippen den alten Banden des Männerhauses und seiner Derivate sich entzogen hatten.” 
(Weber, Konfuzianismus und Taoismus, Feudaler und präbendaler Staat, Ges. Aufsätze zur Religionssoziologie I, S. 314)   
Der Münsteraner Sinologe Reinhart Emmerich bestätigte aus seiner Sicht, daß die Institution des Grundbesitzes nicht garantiert war, da alles Land grundsätzlich "Kaiserland" gewesen sei. (AdW-Vortrag 18.7.12) 
Der Grundbesitz der kleinen Eigentümer sicherte in England die Rechte gegen die totale Machtanmaßung der Krone und ebnete früh den langen Weg zur Bürgergesellschaft und Zivilgesellschaft. In China und in allen Gesellschaften mit starker Zentralmacht (etwa Persien, Ägypten) aber nicht.